Der heilige Antonius von Padua

Man kann sicher ohne Übertreibung sagen, daß neben der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, dem hl. Joseph, den hll. Aposteln Petrus und Paulus, der hl. Antonius einer der am meisten angerufene Heilige ist. Wobei das einen recht praktischen Grund hat, hat sich doch der hl. Antonius unzählige Male als Helfer bei verlorenen Sachen erwiesen. Und da er nur selten unsere Bitten nicht erhört, wenn wir wegen einer verlorenen Sache in Not geraten sind und uns an ihn wenden, auch wenn man ihm zuweilen schon etwas mehr für seinen Hilfsdienst anbieten muß, der Heilige nimmt es ja nicht für sich, sondern für seine Armen, denken wir recht oft an diesen liebenswürdigen Heiligen.

Durch diese Verehrung als Helfer bei verlorenen Sachen wird jedoch das Leben und Wirken dieses Heiligen eher in den Hintergrund gedrängt. Wir nehmen zwar Zuflucht zum hl. Antonius, sobald wir wieder einmal etwas suchen, aber wissen womöglich recht wenig über ihn selbst, sein heiliges Leben, worin seine wunderbare Liebe zu unseren Herrn Jesus Christus und der Gottesmutter hervorsticht. Der Heilige bekannte einmal: „So selig ist kein Seliger, so glücklich kein Glücklicher, als ein Mensch, der Gott immer in seinem Herzen hat.“

Es wird zudem leicht vergessen, daß der hl. Antonius nicht nur beim Suchen von Verlorenem hilft, sondern darüber hinaus ein überaus mächtiger und wunderbarer Helfer in vielerlei Nöten ist und auch über Jahrhunderte als solcher vertrauensvoll angerufen wurde.

Um diesem Mangel an Wissen abzuhelfen, wollen wir einen kurzen Blick ins Leben dieses hl. Franziskanermönchs werfen, der am 15. August 1195, also am Fest Maria Himmelfahrt, in Lissabon das Licht der Welt erblickte und am Freitag, den 13. Juni 1231, in Padua seine heilige Seele aushauchte, um in die ewige Glückseligkeit einzugehen.

In der Oration des Festtages bitten wir: „Die Festfeier deines seligen Bekenners Antonius, o Herr, erfreue deine Kirche, damit sie beständig mit geistiger Hilfe sich gestärkt fühlt und der ewigen Freude teilhaftig zu werden verdient. Durch Christus, unsern Herrn. Amen.“

Lebensgeschichte

1. Jugend und Eintritt ins Chorherrenstift.

Antonius von Padua erblickte am 15. Aug. 1195, dem Feste Maria Himmelfahrt, als zweiter Sohn der adeligen Eheleute Martin von Bullvens und der Maria Theresa von Tavera in Lissabon das Licht der Welt. Acht Tage nach seiner Geburt empfing er in der dortigen Kathedrale die heilige Taufe und den Namen Ferdinand. Seine gottesfürchtigen Eltern erzogen alle ihre Kinder mit der größten Sorgfalt; vorzüglich aber erfreute sich Ferdinand, der mit vielen schönen Gaben des Geistes und Körpers ausgezeichnet war, der besonderen Aufmerksamkeit seiner treubesorgten Mutter. Schon als Knabe zeigte er eine große Liebe zu Jesus, dem Gekreuzigten, innige Anhänglichkeit an Maria, die er immer nur „liebe Mutter“ nannte und große Aufrichtigkeit, so daß er bei vorkommenden kleineren Fehlern tausendmal lieber Strafe erleiden als das begangene Unrecht verhehlen wollte.

Nachdem er zum Jüngling herangewachsen war, regten sich wohl auch in ihm die Triebe der niederen Natur, da er ebenso gut wie die anderen Adamskinder an den Folgen der Erbsünde litt. Dazu kam noch, daß ihm seine körperlichen Reize manche Versuchung bereiteten. Ferdinand bewahrte aber inmitten einer verführerischen Welt die Unschuld seiner Seele. Der Gedanke an die Allgegenwart und Heiligkeit Gottes und seine Liebe zur himmlischen Gottesmutter hatten in ihm zu tiefe Wurzeln gefaßt, als daß er den Lockungen zum Bösen seine Einwilligung gegeben hätte. Da er aber mit dem fortschreitenden Alter die Nichtigkeit und Vergänglichkeit alles Irdischen erkannte und sich von den eitlen Vergnügungen dieser Welt abgestoßen fühlte, reifte in ihm der Entschluß, sich in einem Kloster ganz dem Herrn zu weihen. Nach langer Überlegung seines Vorhabens und inständigem Gebete bat und erhielt der fünfzehnjährige Jüngling in dem unfern vom Vaterhause gelegenen Stifte der regulierten Chorherren Aufnahme.

Es war im Jahr 1210, als der adelige Ferdinand von Bullvens im Kloster San Vincenzo ins Noviziat trat. Mit der größten Genauigkeit oblag er allen Verpflichtungen seines neuen Standes und legte nach sehr gut bestandenem Probejahr die heiligen Gelübde ab. Da er aber von dieser Zeit an durch die häufigen Besuche seiner Angehörigen und Verwandten oft im Studium und seinen frommen Übungen gestört wurde, ersuchte er seine Oberen um Versetzung in ein entfernteres Kloster. Diese wurde ihm gewährt und so kam Dom Fernando nach Santa Cruz zu Coimbra, der damaligen Hauptstadt Portugals. Hier widmete er sich dem Studium der Philosophie und Theologie, erhielt auch die Diakonatsweihe und setzte durch sein riesiges Gedächtnis alle seine Lehrer in Erstaunen. Er wußte die heilige Schrift und viele Stellen der heiligen Väter sozusagen auswendig. Daneben übte er sich in beständigem Gehorsam, in Abtötung und Verleugnung seines eigenen Willens und wurde hierdurch selbst älteren Mitbrüdern ein leuchtendes Vorbild der Tugend. Dabei war er immer heiter und fröhlich und nie sah man ihn betrübten Sinnes einhergehen.

So war inzwischen das Jahr 1219 herangekommen, in welchem der heilige Franz von Assisi fünf Brüder seines von ihm gestifteten Ordens als Glaubensboten nach Marokko sandte. Diese hatten auf ihrer Reise dahin im Kloster Santa Cruz gastliche Aufnahme gefunden. Dom Fernando, der für die Befriedigung ihrer geringen Bedürfnisse zu sorgen hatte, konnte nicht genug ihre Demut, Einfachheit und ihr glühendes Verlangen nach dem Martyrium bewundern. Von heiliger Sehnsucht erfaßt, in noch strengerer Buße Gott zu dienen und dem Gekreuzigten in gänzlicher Entsagung seiner selbst anzugehören, erwachte in ihm der Entschluß, ebenfalls ein Sohn des heiligen Franziskus zu werden. Als nun gar im folgenden Jahre die heiligen Leiber dieser Glaubenshelden, die inzwischen Blut und Leben aus Liebe zu Christus freudig zum Opfer gebracht hatten, nach Coimbra zurückgebracht und in der Augustinerkirche beigesetzt wurden, stand sein Vorsatz, in den Minoritenorden einzutreten, unerschütterlich fest. Mit großen Schmerze vernahmen die Chorherrn die überaus traurige Kunde von der Absicht Dom Fernandos; aber dem offenbar zu etwas Vollkommeneren Berufenen wagte niemand zu widerstehen.

2. Der Sohn des heiligen Franziskus.

In derselben Stadt Coimbra, nicht unweit vom Augustinerstift, im Kloster Olivarez, erhielt Dom Fernando das Kleid des hl. Franziskus und nahm mit Erlaubnis seiner Oberen zu Ehren des großen Einsiedlers Antonius, zu welchem er eine besondere Verehrung hegte, den Namen „Bruder“ Antonius an. Auch hier oblag er mit der größten Genauigkeit allen Strengheiten des Ordens und seine schöne Seele gewann täglich an Vollkommenheit. Obwohl er sich eifrigst bestrebte, seinen heiligen Lebenswandel und die reichen Geistesgaben zu verbergen, erkannten die Minoriten doch bald, welch große Erwerbung sie in Bruder Antonius gemacht hatten.

Unablässig an der Ausbildung seines Herzens arbeitend, bemühte sich dieser, die hohen Tugenden seines seraphischen Vaters nachzuahmen, verlor aber den eigentlichen Zweck seines Übertritts, als Glaubensbote zu wirken und für die Wahrheit der heiligen Religion sein Blut zu vergießen, nie aus den Augen. Noch vor Ablauf seines Noviziates erhielt Bruder Antonius die notwendige Erlaubnis, den sehnlichsten Wunsch seines Herzens zu erfüllen. Seine Vorgesetzten schickten ihn nämlich nach Afrika, damit er da die verblendeten Mohammedaner in der wahren Religion unterrichte. Mit der größten Freude zog Antonius dahin, nachdem er zuvor noch die Gelübde auf den neuen Orden abgelegt hatte.

Allein kaum hatte er den afrikanischen Boden betreten, als ihn ein heftiges Fieber aufs Krankenlager niederwarf und ihn mehrere Monate an dasselbe fesselte. Bruder Antonius erkannte hierin einen Wink der göttlichen Vorsehung, die ihn nicht zur Märtyrerkrone berief, und entschloß sich daher, nachdem sich seine Gesundheit wieder etwas gebessert, nach Portugal zurückzukehren. Doch kaum hatte das Fahrzeug den offenen Ozean gewonnen, als sich der Himmel mit schwarzen Wetterwolken bedeckte und ein furchtbarer Sturmwind die entfesselte See in den tiefsten Tiefen aufwühlte. Ohnmächtig ihren Kurs beizubehalten, überließen die Schiffer das Fahrzeug den wütenden Wogen, die es als Spielball bald auf Wasserberge erhoben, bald aber in gähnende Abgründe warfen. Die Insassen flehten in heißem Gebete um Rettung und Gott, der seinen treuen Diener in ein anderes Land führen wollte, erhörte ihr Flehen. Nach mehrtägiger stürmischer Fahrt konnten sie endlich Land gewinnen, aber anstatt in Portugal zu sein, fanden sie sich an der sizilianischen Küste. Gott innig für die Rettung dankend, stieg Antonius mit seinem Begleiter Bruder Philipp ans Land und fand bei seinen Mitbrüdern in Taormina für einige Tage liebreiche Aufnahme und Verpflegung. Hier erfuhr er, daß in Assisi das erste Generalkapitel abgehalten werden sollte. Von glühendem Verlangen erfüllt, den heiligen Ordensvater Franziskus persönlich kennenzulernen, entschloß sich Antonius, obwohl immer noch leidend, auch daran teilzunehmen.

Die Versammlung war bereits eröffnet, als Antonius in Assisi ankam. Mit heiliger Ehrfurcht lauschte er den Worten seines seraphischen Vaters und wünschte nichts sehnlicher, als beständig seinen Aufenthalt in Italien zu nehmen. Zu bescheiden, seine Bitte vorzutragen, wartete er den Schluß der Verhandlungen ab und stellte seine Verwendung ganz dem Herrn anheim. Indessen hatte das Kapitel geendet, alle Brüder hatten ihre Weisungen erhalten, nur um Bruder Antonius hatte man sich nicht bekümmert. Sein leidendes Aussehen mochte die Provinziale bestimmt haben, ihn zu umgehen. Da wandte sich endlich Pater Gratian, Provinzial der Romagna, an den stillen Bruder, dessen Demut und Einfachheit ihm so wohl gefielen, und fragte ihn, ob er bereit wäre, mit einigen Mitbrüdern in das etwa drei Stunden von Forli entfernte Kloster Monte Paolo zu gehen. Antonius, der in der Einladung seines Oberen die Stimme Gottes erkannte, erklärte sogleich seine Bereitwilligkeit.

Neun Monate verbrachte Antonius in dieser einsamen Stätte in strengster Abtötung und Zurückgezogenheit. Kein Dienst war ihm zu gering, kein Befehl zu hart. Sein Lager bildete öfters ein hartes Brett und als Kopfkissen diente ihm ein Stein. Allein auch das genügte seinem Eifer noch nicht. Deshalb erbat er sich die Erlaubnis, sich nach getaner Arbeit in eine Höhle zurückziehen zu dürfen, was ihm auch gestattet wurde. So verbrachte er denn täglich mehrere Stunden in dieser tiefen Einsamkeit, wo sich seine Seele mit leichtem Fluge zu Gott emporschwang und im Verkehr mit ihm beständig an Tugend und Heiligkeit wuchs. Zwar kamen auch hier Stunden harter Prüfung über ihn und der Feind alles Guten suchte seiner Seele zu schaden, allein Antonius besiegte heldenmütig alle Versuchungen. So ging sein Geist neugestärkt aus diesem Kampfe hervor. Seine tiefe Weisheit blieb auch hier dem größten Teil der Mitbrüder verborgen. Endlich aber kam die Zeit, in der Gott seinen treuen Diener auf den Scheffel stellen und der Welt als erhabenes Vorbild zeigen wollte.

Im Jahr 1222 empfing Antonius die Priesterweihe, welche Würde für ihn ein neuer Sporn war, unablässig nach Heiligkeit zu trachten. Als nach der Weihe einer eine Ansprache halten sollte und die gegenwärtigen Dominikaner ablehnten, weil keiner vorbereitet war, hielt Antonius im Auftrag seines Oberen die erste Predigt. Schüchtern betrat er die Kanzel; allein seinen Lippen entströmten die Worte voll himmlischer Weisheit mit solch großer Beredsamkeit, daß alle Anwesenden über die wunderbare Begabung des Bruders Antonius höchst erstaunten. Der Obere berichtete über diesen Vorfall dem seraphischen Vater und Franziskus freute sich innig über dieses kostbare Geschenk der göttlichen Gnade und ernannte Bruder Antonius zum Prediger aller Ordensprovinzen. Mit dieser Ernennung fand das verborgene Leben des Heiligen seinen Abschluß; seine Liebe zum Gebet, zur stillen Abgeschiedenheit und zum Bußeifer nahmen aber nicht ab, sondern wuchsen noch mehr im Laufe der folgenden Jahre.

3. Erste öffentliche Wirksamkeit

Um das ihm übertragene Amt würdig zu verwalten, widmete sich Antonius mit Erlaubnis seiner Vorgesetzten vorerst noch einige Monate dem Studium. Hernach lehrte er zu Vercelli und Bologna Theologie und versah zugleich das Amt eines Predigers. Aber nur kurze Zeit war es ihm vergönnt, an diesen beiden Orten zu wirken, da ihn Gott für ein größeres Wirkungsfeld ausersehen hatte. Schon im Jahre 1224 sandten ihn seine Oberen ins südliche Frankreich, um das dortige Volk, das von der Irrlehre der Albigenser angesteckt war, zum heiligen Glauben zurückzuführen.

Diese Irrlehrer, welche die sieben heiligen Sakramente und die Auferstehung von den Toten leugneten, viele andere Ketzereien verbreiteten und durch ihren ausschweifenden Lebenswandel ungeheuren Schaden in der Kirche Gottes anrichteten, hatten im Laufe der Zeit nicht bloß beim gewöhnlichen Volke, sondern auch in vornehmen Kreisen großen Anhang gefunden. Schon vor Ankunft des heiligen Antonius hatten verschiedene Ordensleute, wie Zisterzienser und Dominikaner, im Auftrag der Päpste dort das Evangelium verkündet. Aber trotz ihrer vielfältigen Bemühungen wucherte die böse Aussaat immer weiter. Gleich nach seiner Ankunft begann Antonius mit unermüdlichem Eifer seine apostolische Missionstätigkeit. Einzig von seiner hohen Aufgabe erfüllt, redete er zu Hohen wie Niedrigen mit demselben Feuereifer, der nämlichen glühenden Gottes- und Nächstenliebe, die nur danach strebt, unsterbliche Seelen für den Himmel zu gewinnen. Einfach in seiner Rede und doch voll Kraft und Überzeugung wußte er die Tugend so lieblich und anmutig, das Laster aber so furchtbar und schrecklich darzustellen, daß sich alle Zuhörer im innersten Herzen von jener angezogen und von diesem abgestoßen fühlten. Die Wahrheit der katholischen Kirche bewies er mit so unwiderlegbaren Gründen, daß sich seine Gegner nicht getrauten, ihm zu widersprechen, sondern sich voll Furcht über die Kraft seiner Worte in ihre Schlupfwinkel zurückzogen. Vielleicht mehr noch als durch sein Wort, das die Bösen schreckte, die Furchtsamen stärkte, die Guten ermunterte, allen aber den rechten Weg klar und deutlich zeigte, trug sein heiliges Beispiel zum außerordentlichen Erfolg seiner Predigten bei. Seine große Demut, sein ununterbrochener Bußeifer, seine strenge Lebensweise, sein unbegrenztes Gottvertrauen, sein glühendes Verlangen nach Rettung der unsterblichen Seelen, seine engelgleiche Geduld: das alles wirkte zusammen, um auch die verstocktesten Sünder zu rühren. So sah man in jenen Tagen das erhabene Schauspiel, daß sich die rachsüchtigsten Feinde versöhnten, Verleumdungen widerrufen, ungerecht erworbenes Eigentum zurückerstattet und gegebenes Ärgernis nach Kräften wieder gut gemacht wurde. Arles, Montpelliers, Toulouse, Bourges und Limoge nebst anderen Städten waren die bevorzugten Orte seiner Tätigkeit. Überall ging ihm der Ruf eines berühmten Heiligen und großen Wundertäters voraus und man stritt sich förmlich um die Ehre, ihn in die Stadt aufzunehmen. In großen Massen strömte das Volk zu seinen Predigten und kein Gotteshaus konnte mehr die Zahl der heilsbegierigen Zuhörer fassen, die der Verkündigung des göttlichen Wortes durch Bruder Antonius beiwohnen wollte, so daß er sich im Freien zu predigen genötigt sah.

In Bourges, wo der Heilige schon längere Zeit gewirkt hatte, ereignete sich auf seine Fürbitte das berühmteste Wunder aus dieser seiner Lebensperiode. Guiald, ein Haupt der dortigen Albigenser, weigerte sich nämlich trotz aller Bemühungen und Beweise des Heiligen an die Gegenwart Christi im heiligsten Sakramente des Altars zu glauben, wenn er deren Wahrheit nicht durch Wunder bestätigt sehe. Zu diesem Zwecke machte er den Vorschlag, er wolle seinem Maultier drei Tage lang keine Nahrung mehr geben. Nach dieser Frist aber werde er sich mit demselben auf dem Marktplatz einfinden und Futter für das Tier mitbringen. Antonius dagegen solle dann mit dem Allerheiligsten ebenfalls dort erscheinen und würde sich dann das Tier weigern, vom vorgeworfenen Hafer zu zehren, sondern vielmehr das göttliche Sakrament anbeten, so gebe er sich besiegt und werde mit vielen seiner Gesinnungsgenossen zur katholischen Kirche zurückkehren. Antonius ging im felsenfesten Vertrauen auf Gottes Güte und Barmherzigkeit auf den Vorschlag ein. Die beiden folgenden Tage verbrachte er mit eifrigem Gebet und strengem Fasten. Nachdem er aber am dritten Morgen das heilige Opfer mit ganz besonderer Andacht gefeiert, trug er, von einer großen Anzahl Dominikaner und Minoriten begleitet, das Allerheiligste in der Monstranz auf den bezeichneten Marktplatz, wo sich bereits eine ungeheure Menschenmenge in der Erwartung des Gottesurteils eingefunden hatte. Guiald war mit seinem hungrigen Maulesel schon zuvor dort angekommen. Als Antonius mit dem Allerheiligsten den Platz erreichte, bot der Ketzer seinem Tiere frischen Hafer dar, der Heilige aber befahl ihm, seinen in der heiligen Hostie verborgenen Herrn und Schöpfer anzubeten. Und siehe, ohne sich um die dargereichte Nahrung zu kümmern, warf sich das unvernünftige Wesen vor dem Allerheiligsten auf die Knie nieder. Die anwesenden Katholiken priesen ob dieses Wunders laut den Herrn; der hartnäckige Ketzer aber entsagte sofort mit vielen anderen reuigen Herzens seinem Irrtum und wurde wieder in den Schoß der heiligen Kirche aufgenommen.

Noch ein volles Jahr wirkte Antonius als Guardian von Puy und einige Zeit als Provinzial. In beiden Stellungen gab er seinen Untergebenen ein herrliches Beispiel der Tugend und Heiligkeit und trug nicht wenig zum raschen Aufblühen und Gedeihen des Ordens bei. Diese Ämter aber hinderten ihn keineswegs, seine apostolische Wirksamkeit fortzusetzen. Auch jetzt bekräftigte er seine Lehre durch zahlreiche Wunder, die er stets der göttlichen Güte und Allmacht, sowie dem Vertrauen der Hilfesuchenden zuschrieb. Einer längeren Wirksamkeit in Frankreich machte der 4. Oktober 1226 erfolgte Tod des seraphischen heiligen Franziskus für Bruder Antonius ein Ende, da er sich als Vorsteher einer Ordensprovinz auf das Generalkapitel nach Assisi begeben mußte, von wo er nicht mehr nach Frankreich zurückkehren sollte.

Nach einer stürmischen Meerfahrt stieg Antonius in Sizilien, wohin ihn schon vor sechs Jahren ein Orkan verschlagen hatte, ans Land. Von dort nahm er seinen Weg über Rom, wo Papst Gregor IX. den „neuen Franziskus“, von dessen gesegnetem Wirken und berühmten Wundertaten er schon viel gehört hatte, den Auftrag erteilte, in seiner und der Kardinäle Gegenwart dem zahlreich auf das Osterfest zusammenströmenden Volk die ewigen Heilswahrheiten zu verkünden. Voll Demut und Gehorsam unterzog sich der Heilige dem gegebenen Befehl. Ehrfurcht und Staunen ergriff alle, die den einfachen Mönch mit so großer Beredsamkeit und einer solchen Fülle der Gedanken über die unergründlichen Geheimnisse unserer Erlösung sprechen hörten. Obwohl sich Antonius dabei der lateinischen Sprache bediente, so verstanden ihn doch alle Zuhörer, Italiener, Franzosen, Spanier, Portugiesen, Deutsche usw. in ihrer eigenen Muttersprache, so daß sich das Wunder des ersten Pfingstfestes zu Jerusalem zu wiederholen schien. Gelehrte wie Ungelehrte, alt und jung, reich und arm, alle waren voll des Lobes über den heiligen Mann und der greise Papst selber brach begeistert in die anerkennenden Worte aus: „Dieser Mann ist wahrhaftig die Arche der beiden Testamente und die Schatzkammer der heiligen Schrift.“

Nach kurzem Aufenthalt in der heiligen Stadt reiste Antonius weiter und kam glücklich in Assisi an, wo er sich am Grabe seines seraphischen Vaters niederwarf und mit heißer Inbrunst um dessen mächtige Fürbitte bei Gott flehte. Mit Freude und Bewunderung begrüßten die Brüder den stillen Portugiesen, den Pater Gratian einst aus Barmherzigkeit angenommen hatte, der aber inzwischen durch seine Gelehrsamkeit und sein öffentliches Auftreten so berühmt geworden und die Welt mit dem Rufe seiner Heiligkeit erfüllt hatte. Trotzdem er durch seine aufreibende Tätigkeit geschwächt noch kränklicher aussah als damals, wurde ihm dennoch das Amt eines Provinzials von Oberitalien übertragen. Antonius, der nie nach einer Würde getrachtet, unterwarf sich in aller Bescheidenheit und übernahm, einzig die Ehre des Allerhöchsten im Auge behaltend, die schwere Bürde. Es oblag ihm nun, alle Klöster seines Ordens in der ihm zugewiesenen Provinz zu besuchen und allfällige Mängel zu beseitigen. Seine Wanderungen boten ihm reichlich Gelegenheit zur Verkündigung des göttlichen Wortes und den in den Gemeinden vielfach erkalteten Glauben neu zu beleben.

4. Tätigkeit in Italien

Von Assisi ging Antonius zunächst nach der Romagna. In diesem Teile Italiens herrschte damals die den Albigensern in Frankreich verwandte Sekte der Waldenser, deren Häupter zum großen Nachteil der Kirche einen mächtigen Einfluß auf die ungebildeten Klassen ausübten. Da sie mit ihren Neuerungen den menschlichen Leidenschaften Tür und Tor öffneten, ist es leicht begreiflich, daß sie viele Anhänger fanden. Antonius verlangte inständig, die Seelen dieses verführten Volkes auf den rechten Weg zurückzuführen. Da der Ruf seiner hinreißenden Beredsamkeit bereits auch nach Rimini gedrungen war und die vornehmsten Ketzer nicht mit Unrecht befürchteten, es könnte, wenn das Volk Antonius höre, der schon in Frankreich so viele zum wahren Glauben zurückgeführt und sich den Namen „Hammer der Ketzer“ verdient hatte, um ihren Einfluß geschehen sein, überredeten sie die Menge, ihm einfach aus dem Weg zu gehen und so jede Gelegenheit zur Verkündigung des göttlichen Wortes zu entziehen. Mit großem Schmerze sah der Heilige, daß es auf diese Weise ganz unmöglich sei, die verstockten Sünder zu retten. Er legte sich daher drei Tage lang strenge Bußübungen auf und rang gleichsam um die Seelen dieser Verhärteten. Dann begab er sich, vom Geiste Gottes getrieben, ans Gestade des Meeres und redete also zu den Fischen: „Höret das Wort des Herrn, Fische des Meeres und der Ströme, weil die treulosen Ketzer sich weigern, es anzuhören!“ Und siehe! Kaum hatte Antonius diese Worte gesprochen, als sich eine überaus zahlreiche Menge Fische, große und kleine, die alle den Kopf über das Wasser hielten, in dichten Reihen aneinander schlossen und mit großer Aufmerksamkeit dem Heiligen lauschten, der ihnen folgende Anrede hielt:

„Ihr Fische, meine Brüder, ihr habt recht, Gott dem Herrn zu danken. Zur Wohnung gibt Er euch das edle Element des Wassers; ihr findet darin eure Zuflucht vor Sturm und Menschenlist. Durchsichtig und hell hat Er es geschaffen, damit ihr leichter euren Weg zu ziehen und eure Nahrung zu finden vermöget; Vorrat in Überfluß gewährt euch seine Vatergüte. Bei der Schöpfung habt ihr von Gott den Segen erhalten, euch zu vermehren. Bei der Sündflut seid ihr, während alle anderen Tiere außerhalb der Arche umkamen, allein verschont geblieben. Euch wurde das Vorrecht verliehen, Jonas, den Propheten des Herrn, zu erhalten und ihn unverletzt ans Ufer zu setzen. Ihr habt dem Herrn den Zinsgroschen geliefert, um die Steuer zu entrichten, welche Er aus Armut nicht zu zahlen vermochte. Von euch hat sich der Heiland vor und nach seiner Auferstehung zu essen gewürdigt. O ihr alle im großen Meere, das seine Arme ausbreitet, ihr zahllosen Fische, klein und groß, die ihr euch in den Wassern regt, preist den Herrn und erhebt Ihn über alles in Ewigkeit!“

Hierauf antworteten einige Fische durch verwirrtes Geschrei, andere öffneten den Mund, andere verneigten ihren Kopf und bewiesen dem Herrn nach besten Kräften ihre Ehrfurcht. Antonius aber brach in heiligem Eifer in die begeisterten Worte aus: „Gepriesen sei der ewige Gott; denn die Fische im Wasser ehren ihren Herrn mehr als die Ketzer und die unvernünftigen Wesen sind gelehriger als die Menschen, welche ihren Glauben verleugnet haben.“ – Da ihm aber einige Einwohner aus Neugierde heimlich gefolgt waren, verbreitete sich die Kunde vom großen Wunder mit Blitzeseile durch die Stadt und gewaltige Scharen Volkes kamen jetzt ans Ufer, um selbst Zeuge des außerordentlichen Vorfalls zu sein. Nachdem nun Antonius seine Predigt an die Fische vollendet hatte, wandte er sich an das zahlreiche Volk und warf ihm offen seinen Undank gegen Gott vor. Seine Worte aber fielen jetzt auf ein fruchtbares Erdreich, da die meisten ihren Irrtum bereuten und sich sogleich bekehrten.

Manche Irrlehrer aber, durch den wunderbaren Erfolg des heiligen Mönches noch mehr aufgebracht, beschlossen ihn durch Gift aus dem Wege zu räumen und so ihre erschütterte Macht wieder zu befestigen. Zu diesem Zweck luden sie den Heiligen zu einem Gastmahl ein. Antonius nahm die Einladung an. Als nun das Essen aufgetragen wurde, erkannte er durch göttliche Eingebung die List seiner Feinde und verwies ihnen in freundlichen, aber eindringlichen Worten ihren Frevel. Diese aber, weit entfernt, von ihrem gottlosen Vorhaben abzustehen, beriefen sich auf die Worte der heiligen Schrift, wo Christus den Seinigen versprochen habe, daß sie ohne Schaden für ihre Gesundheit Gift nehmen könnten. (Mark. 16, 18.) Selbst der Hinweis des Heiligen, daß man Gott nicht versuchen dürfe, nützte nichts, da die Ketzer sagten, sie werden seiner Lehre nur dann glauben, wenn er ohne Schaden die vergiftete Speise genieße. Da segnete und aß sie Antonius. Der Herr aber belohnte das feste Vertrauen seines treuen Knechtes und ließ ihn keinen Schaden nehmen. Durch dieses neue Wunder ergriffen, bekehrten sich endlich die hartnäckigen Ketzer.

Von Rimini ging Antonius über Ravenna nach dem Norden bis nach Görz und kehrte von hier nach dem Süden zurück. Überall setzte er seine apostolische Missionstätigkeit fort und bestärkte dadurch Unzählige im heiligen Glauben. Gegen Ende des Jahres 1227 kam er in jene Stadt, von der er seinen Beinamen erhalten und die er so berühmt machen sollte, nach Padua. Hier herrschten damals überaus traurige Zustände, da Irrlehren, Streitigkeiten der Bürger und Ausschreitungen aller Art an der Tagesordnung waren. Allerdings besaßen die Paduaner schon vor Ankunft des Heiligen außerhalb der Stadtmauern ein Kloster der minderen Brüder. Aber der beredte und ernste Mahnruf der Söhne des seraphischen Vaters verhallte ungehört inmitten des weltlichen Treibens der Stadt. Fast möchte es scheinen, daß Gott das Werk der Bekehrung derselben seinem begünstigten Diener Antonius vorbehalten hätte. Zwar wurde auch er von den Paduanern keineswegs mit der ihm gebührenden Ehre oder nur mit Freude und Jubel empfangen, obwohl man von seiner tiefen Gelehrsamkeit, seiner großen Beredsamkeit und seinen vielen Wundertaten schon viel vernommen hatte. Antonius aber, der nie irdische Ehre suchte, ließ sich durch diese Kälte und Gleichgültigkeit keineswegs abhalten, der ganz ins Zeitliche versunkenen Stadt die Wahrheiten des Evangeliums mit der größten Offenheit zu verkünden. Durch seinen Eifer und seine überzeugungsvolle Begründung der vorgetragenen Wahrheiten belebte er wiederum den schon halb erstorbenen Glauben der Einwohner; er ermahnte sie mit seinem von Liebe entflammten Herzen zur Buße, zur reuigen Umkehr zu Gott, zu Friede und Eintracht und erinnerte sie an das unsterbliche Leben in der Ewigkeit. Keine Mühe war ihm zu groß, kein Opfer zu beschwerlich, wenn es galt, unsterbliche Seelen zu retten. Mit seinen Predigten verband er wie gewöhnlich eine strenge Lebensweise und die größte Armut. Die Macht seines Beispiels und die Kraft seiner Worte blieben denn auch nicht ohne Wirkung. In hellen Scharen strömten die Paduaner zu den Predigten und kehrten tiefbewegten und bußfertigen Sinnes nach Hause zurück. Eine große Anzahl säumte nicht länger, dem Rufe der Gnade zu folgen und söhnte sich durch eine gute Beichte mit ihrem Herrn und Gott wieder aus. Schon nach anderthalb Monaten war Padua wie umgewandelt. Der Heilige aber blieb noch einige Zeit in der Stadt, um das angefangene Werk der Bekehrung zu vollenden. Auch als er wieder fortzog, blieb Padua bis zu seinem seligen Hinscheiden seine Lieblingsstadt, in die er immer gerne wieder nach seinen segensreichen Wanderungen zurückkehrte.

Seinen Mut und seine Entschlossenheit bewies der Heilige bei folgender Begebenheit. Im Gebiet von Treviso lebte um jene Zeit ein fürchterlicher Tyrann, Ezzelin mit Namen. Jeden menschlichen Gefühles bar, freute er sich noch an den schrecklichen Qualen, womit er seine Opfer peinigte und wohnte in eigener Person mit höchster Ruhe und unverändertem, furchtbarem Antlitz allen Martern und Hinrichtungen bei, während doch das Geschrei der Unglücklichen die dicksten Mauern durchdrang und in fernen Straßen Entsetzen verursachte. Dieser Wüterich soll nach damaligen Geschichtsschreibern während seiner 34jährigen Regierung etwa 55.000 Menschen hingeschlachtet haben. Eben hatte er Vicenza widerrechtlich eingenommen; darauf überfiel er gegen Ende des Jahres 1227 Verona und verwüstete im folgenden Frühjahr die ganze Gegend um Padua. Er eroberte das feste Schloß Fonte und führte den unmündigen Sohn des Grafen Jakob vom Sampierno in die Gefangenschaft ab.

Alle Mahnungen des Papstes, sich zu bessern, waren erfolglos; ja selbst der Bannfluch vermochte den Elenden nicht zur Umkehr zu bewegen. Mit großem Schmerz sah Antonius nicht nur das Leben und Eigentum der Bewohner, sondern auch die Religion und alle Früchte seiner bisherigen Wirksamkeit in Oberitalien auf Höchste bedroht. Sein Herz blutete bei dem Gedanken an das furchtbare Leid des hartbedrückten Volkes und er hielt Ezzelin trotz aller seiner Ausschweifungen und Gewalttätigkeiten noch immer einer menschlichen Regung fähig. Darum entschloß er sich, vor den schrecklichen Mann hinzutreten und ihm seine Verbrechen vorzuhalten. Am 27. März 1228 führte Antonius dieses Wagnis wirklich aus und sprach unter anderem zum Wüterich: „Rasender Despot, höre das Wort des Herrn! Du triefst von unschuldigem Blut; in Unmenschlichkeit verbringst du deine Jugend; in bangem Schauer vergehen dir die Nächte. Umsonst zwingst du dein sündenbeladenes Gewissen durch deine Ausschweifungen zur Ruhe. Auch die Sünden deiner Gesellen mußt du tragen; die Hölle wird dein Lohn sein; die Erde aber wird frohlocken, wenn du nicht mehr bist. Aber kehre um von deiner Bosheit und du sollst leben. Noch ist es nicht zu spät.“

Wohl nie zuvor hatte man im Palast solch kühne Worte vernommen und die Leibwache des Tyrannen dachte nicht anders, als daß sie sofort den Befehl erhalte, den verwegenen Sprecher in Stücke zu hauen. Doch wie erstaunte sie, als Ezzelin von seinem Throne stieg und sich zu Füßen des Heiligen niederwarf, indem er ihn inständig bat, Fürsprache für ihn bei Gott einzulegen. Antonius hob ihn auf, segnete ihn und verließ das Schloß. Ezzelin aber erklärte seinen Untergebenen, die sich von ihrem Erstaunen nicht zu erholen vermochten: „Was wundert ihr euch? An meiner Stelle hättet ihr gehandelt wie Ezzelin; denn als der heilige Mann zu mir sprach, strahlte aus seinem Gesicht ein himmlisches Licht, welches mir Mark und Bein durchdrang und mich mit Schrecken erfüllte.“ Aber diese Anwandlung war von kurzer Dauer. Gar bald erholte sich der Bösewicht von seiner Bestürzung und sandte noch am selben Abend einige Diener in die Stadt, um Antonius aufzusuchen und ihn zu bitten, als Zeichen der Huld und Gewogenheit ihres Fürsten die mitgebrachten Geschenke anzunehmen. Antonius weilte wirklich noch in der Stadt; allein er war durchaus nicht zu bewegen, ein Geschenk anzunehmen. Jetzt gestanden ihm die Diener offen, daß sie für den Fall der Annahme der Geschenke den geheimen Auftrag hatten, ihn sogleich zu ermorden und baten ihn herzlich um Verzeihung, die ihnen der Heilige gern gewährte. Wenn auch Ezzelin durch Antonius nicht gebessert wurde, so gab er doch das Schloß Fonte seinem rechtmäßigen Eigentümer zurück, entließ den Sohn des Grafen aus seiner Haft und schloß auch mit der Stadt Padua einen Frieden, den er bis zum Tode des heiligen Antonius nicht mehr störte.

5. Letzte Lebensjahre und Tod

Im April 1228 nahm Antonius Abschied von seiner Stadt Padua, begab sich zur Fortsetzung seiner Visitationsreise nach dem Süden und kam wieder nach Forli, wo er die Priesterweihe empfangen und seine erste Predigt gehalten, sowie nach Monte Paolo, wo er in tiefer Verborgenheit gelebt hatte. Unablässig verkündigte er auf seinen apostolischen Reisen die frohe Botschaft des Heiles und führte unzählige Sünder zur Buße zurück. Um sich aber auch wieder einmal ganz ungestört der eigenen Seele widmen zu können, strebte der Heilige den Toskanabergen zu, wo er auf dem Monte Alvernia mehrere Monate frei von allem Weltgetriebe im vertrautesten Verkehr mit seinem Herrn und Schöpfer zubrachte. Es war dies eine Zeit geistiger Erfrischung und reicher Ernte für den Heiligen, der so sehr nach der Abgeschiedenheit von der Welt verlangte. Nur zu schnell verflossen ihm diese schönen Wochen. Hierauf nahm er seine Missionstätigkeit wieder auf. Über Florenz, Lucca und Genua ging er nach der Lombardei und kam, nachdem er in verschiedenen Orten bis nach Trient unermüdlich gewirkt hatte, nach Padua, wo ihm der freundliche Bischof eine Kirche und ein neues Kloster in der Stadt für die Minderbrüder anbot. Antonius nahm als Ordensprovinzial die Schenkung mit Dank an und jetzt übersiedelten die meisten Mönche des vor der Stadtmauer gelegenen Doppelklosters Arcella nach Santa Maria in der Stadt.

Lange schon hatte der fromme Graf Tiso von Campo-Sampierno den heiligen Antonius zu einem Besuch auf seinem Landschloß eingeladen. Dieser, dem Drängen nachgebend, verbrachte jetzt einige Tage als Gast bei seinem Freund. Hier wurde ihm die größte Gunst des Himmels erwiesen. Als er einst die Nacht wie gewöhnlich im Gebete zubrachte, durchfluteten plötzlich glänzende Lichtstrahlen das ganze Zimmer. Tiso, der seinen Gast nicht selten zu belauschen pflegte, stand an dessen Türe und blickte durch das Schlüsselloch ins Innere. Da sah er, wie Antonius in seligem Entzücken immerfort ein Kind von wunderbarer Schönheit umarmte und auch von ihm liebkost wurde. Der Graf konnte seine Augen von einem so lieblichen Schauspiel nicht abwenden und verharrte in höchster Bewunderung in seiner beobachtenden Stellung. Das himmlische Licht, die große Wonne, in der das Antlitz des Heiligen erstrahlte, die wunderbare Süßigkeit, welche auch Tisos Seele mit himmlischer Freude und ungeahnter Seligkeit entzückte, ließen in ihm keinen Zweifel mehr übrig, daß das göttliche Kind selber sich gewürdigt habe, sichtbar seinem treuen Diener Antonius zu erscheinen und ihn dadurch schon hienieden für seine vielen Mühen und Opfer zu belohnen. Unbeweglich blieb der Graf vor der Türe stehen, bis die himmlische Erscheinung verschwand und das ganze Zimmer wieder in tiefstem Dunkel lag. Antonius aber, der den unberufenen Lauscher erspäht hatte, trat aus seiner Kammer, schloß den Grafen in seine Arme und nahm ihm das feierliche Versprechen ab, von der wunderbaren Begebenheit zu seinen Lebzeiten keinem Menschen etwas zu verraten. Der edle Graf hielt treu sein gegebenes Wort und offenbarte erst nach dem Tode des Heiligen, was er in jener Nacht geschaut hatte.

Beim Generalkapitel des Jahres 1230 enthob der Ordensgeneral den Bruder Antonius seines Amtes als Provinzial, damit er sich ganz der Predigt widmen konnte. Nachdem dieser in Rom verschiedene Ordensangelegenheiten geordnet und auf Wunsch des Papstes etwa vier Monate dort zugebracht hatte, kehrte er nach seinem teuren Padua heim. Hier begann er alsbald wieder seine Missionstätigkeit. Zugleich verrichtete er zahllose Werke der Barmherzigkeit, versöhnte die erbittertsten Feinde, schlichtete Familienzwiste, legte für arme Schuldner Fürsprache ein, oder kam sonst Bedrängten zu Hilfe. Dabei übte er sich stets in der Abtötung und Selbstverleugnung, so daß seine ohnehin schon schwache Gesundheit noch mehr angegriffen wurde. Nicht gewohnt, auf den schwachen Leib Rücksicht zu nehmen, setzte er seine ermüdenden Arbeiten fort und so konnte es nicht ausbleiben, daß die Herzwassersucht, an der er schon längere Zeit litt, rasche Fortschritte machte. Trotz seiner angestrengten Tätigkeit vom frühen Morgen bis zum späten Abend genoß er in der Fastenzeit 1231 wie in früheren Jahren nur abends etwas. Dafür aber predigte und belehrte er das Volk mit einem solchen Erfolg, wie ihn Padua nie zuvor erlebt hatte. Keine Kirche war mehr groß genug, die mehr als 30.000 Menschen zählende Menge seiner Zuhörer zu fassen. Viele erhoben sich schon vor Mitternacht von ihrem Lager, um für den anbrechenden Tag einen günstigen Platz bei der Predigt zu erhaschen. Alle Belustigungen wurden eingestellt, die Wirtshäuser und Vergnügungsorte blieben leer, da sich eben alles zu den Predigten des heiligen Mönches drängte. Nicht selten sah man sogar, daß sich ganze Scharen Bußfertiger nach seinen Predigten öffentlich in den Straßen geißelten.

Als aber Antonius um Ostern herum seine Kräfte immer mehr abnehmen fühlte, stellte er das Predigen ein und zog sich mit Erlaubnis seiner Obern nach Campo-Sampierno zurück, wo Graf Tiso inzwischen den Minderbrüdern eine Einsiedelei erbaut hatte. Mit der größten Freude nahm ihn der Graf auf und gab ihm das Geleit zu den Mitbrüdern. Da aber Antonius fürchtete, er könnte auch hier noch in seinen Betrachtungen gestört werden, so bat er seinen wohltätigen Freund, ihm eine einsame Stelle des Waldes anzugeben, wo er sich ganz dem Verkehr mit Gott hingeben könne. Graf Tiso zeigte ihm einen solchen Ort und jetzt schlug der Heilige auf einem weitverzweigten und dichtbelaubten Nußbaum seine Wohnung auf. Hier hatte der Graf ihm und seinen beiden Gefährten drei Zellen bauen lassen. In dieser Behausung, die er nur zur Darbringung des heiligen Opfers und einem kleinen Imbiß verließ, verbrachte Antonius die letzten Lebenswochen in süßem Zwiegespräch mit seinem Herrn und Schöpfer. Als ihn aber das Volk auch hier aufsuchte, verkündete er vom Nußbaum herab das Wort Gottes.

Indessen verschlimmerte sich sein Zustand immer mehr. Als Antonius eines Tages bei seinen Mitbrüdern in der Einsiedelei zu Tisch saß, wurde er plötzlich ohnmächtig. Wieder zu sich gekommen, bat er seinen Begleiter, Bruder Roggiero, ihn nach Padua ins dortige Kloster Santa Maria zu bringen. Nur mit großem Schmerz und auf das wiederholte Verlagen des Heiligen gewährten die Mitbrüder der Einsiedelei diese Bitte. Sie betteten Antonius auf einen kleinen Wagen und führten ihn tiefbetrübt gegen Padua. Da man aber nicht mit Unrecht befürchtete, der Heilige werde in der Stadt wegen häufigen Besuchen keineswegs die notwendige Ruhe finden, so brachte man ihn in das Kloster Arcella vor den Stadtmauern. Kaum hatte sich der Schwerkranke hier etwas erholt, als er die heiligen Sterbesakramente zu empfangen wünschte. Mit heißer Inbrunst nahm er zum letztenmal seinen Herrn und Schöpfer in sein unschuldiges Herz auf. Nachdem er noch die Bußpsalmen und seinen Lieblingshymnus: „O heilige Jungfrau hoch und hehr“ etc. gebetet, ging seine heilige Seele Freitag, den 13. Juni 1231 in die ewige Glückseligkeit ein. Antonius erreichte ein Alter von 35 Jahren und zehn Monaten.

6. Die Verehrung des Heiligen

Da man ernste Unruhen befürchtete, verheimlichte man den Tod des Heiligen und beabsichtigte, den Leichnam während der Nacht ins Kloster Santa Maria in der Stadt zu überführen. Allein plötzlich erhoben die Kinder ihre Stimmen und riefen durch alle Straßen: „Der heilige Vater Antonius ist gestorben.“ Große Trauer bemächtigte sich der Bürgerschaft, als sie sich von der Wahrheit dieser Aussage überzeugte. Alles wollte jetzt den Heiligen nochmals sehen, alles begehrte nochmals in jenes milde Antlitz zu blicken, in das man so oft geschaut; viele verlangten noch vom toten Antonius eine Gnade zu erflehen; andere wünschten wenigstens den Saum seines rauhen Kleides zu berühren. Aber mochte die Trauer über den Hingang des Seligen groß und wahr sein, so wurde man sich doch bald bewußt, daß ein Heiliger gestorben, auf dessen mächtigen Beistand am Throne Gottes man sicher rechnen dürfe. Dieser Gedanke goß himmlischen Balsam in die tiefe Wunde.

Inzwischen drohte über den Besitz des Leichnams ein blutiger Streit auszubrechen. Da Antonius außerhalb der Stadt gestorben war, erhoben die Töchter der hl. Klara, von den Vornehmsten der Vorstädte unterstützt, Anspruch auf die sterblichen Überreste. Die Stadt Padua aber mit den Behörden an der Spitze verlangten die heiligen Reliquien für das Kloster Santa Maria, indem sie erklärten, der Heilige dürfe als Ordensmann nur in seinem Kloster in Padua begraben werden. Die Erregung stieg immer höher. Schon wurde der Leib des Heiligen von den Vorstädtern mit bewaffneter Hand bewacht, als auch die Bürger der Stadt die Waffen ergriffen, um den Leichnam mit Gewalt zu nehmen. Da gab der Bischof der Stadt den Rat, die Ankunft des Paters Provinzial abzuwarten und sich dann seiner Entscheidung zu fügen. Dieser Plan fand allgemeine Billigung. Als nun der Provinzial in Padua anlangte, begaben sich der Bischof, der Magistrat, die Minoriten mit ihren Oberen und eine große Menschenmenge nach Arcella hinaus. Lange suchte man eine Einigung zu erzielen; aber alles war umsonst. Endlich erbat sich der Provinzial das Wort und sagte unter anderem: „Das Recht ist ein heilig Ding; nie soll man es auf die Waage der Leidenschaft legen. Lobenswerte Tugenden sind Liebe und Anhänglichkeit; dem Rechte aber müssen sie weichen. Wer will nun bezweifeln, daß Bruder Antonius zu unserer Familie gehört? Immer wieder kehrte er von seinen Reisen zu uns zurück. Vor einem Monat verließ er uns, aber nur um, wie er sagte, bald wieder zu kommen und immer bei uns zu bleiben. Darum erkläre ich mit aller Freimütigkeit: Bruder Antonius gehört uns und die Gerechtigkeit fordert seine Bestattung bei uns, wie er selber es gewünscht hat.“ Diese wohlüberlegten Worte wirkten besänftigend auf die erregten Leute und man gab sich endlich, wenn auch mit Widerstreben, doch zufrieden. So konnte alles für die feierliche Übertragung der Leiche angeordnet werden. Am darauffolgenden Dienstag fand diese wirklich statt und darum ist dem hl. Antonius der Dienstag in ganz vorzüglichem Sinne geweiht. Die Übertragung selber schien eher ein Triumphzug als eine Leichenfeier zu sein. Die angesehensten Mitglieder des Rates und der Bürgerschaft lösten sich im Tagen des heiligen Leichnams ab. In der Kirche Santa Maria angelangt, wurde der heilige Leib in einem kostbaren Marmorschrein beigesetzt.

Am Grabe des Heiligen, der schon bei Lebzeiten so viele Wunder gewirkt, geschahen auch jetzt zahlreiche Wundertaten. Kranke, die den Sarg berührten, wurden plötzlich gesund; Blinde erhielten das Augenlicht; Stumme die Sprache; Taube das Gehör und Lahme gingen aufrecht von dannen. Infolge dieser zahlreichen Wunder wuchs die Verehrung des Heiligen mit jedem Tage. Kein Monat war vergangen, als bereits eine Gefolgschaft an den Papst abgeschickt wurde, um ihn um die Heiligsprechung des Dieners Gottes Antonius zu bitten. Papst Gregor IX. nahm die Abgesandten huldvoll auf und tat bald die notwendigen Schritte zur Einleitung des Prozesses. Nach genauer und strenger Prüfung der stattgehabten Wunder wurde Antonius schon am 30. Mai 1232 unter die Zahl der Heiligen versetzt. So konnte schon der erste Jahrestag seines Todes als Fest- und Freudentag begangen werden. Später begann man mit dem Bau einer Basilika. Im Jahre 1263 fand die feierliche Übertragung der Reliquien in das neue große Gotteshaus statt. Als bei dieser Gelegenheit der damalige Ordensgeneral des Minoritenordens, der hl. Bonaventura, den Marmorschrein öffnen ließ, fand man, daß der Leib des Heiligen mit Ausnahme des Hauptes in Asche zerfallen war; die Zunge aber war noch ganz unversehrt. Bonaventura nahm sie ehrerbietig in seine Hände, zeigte sie dem erstaunten Volke und sprach die denkwürdigen Worte: „O gebenedeite Zunge, die du stets den Herrn gepriesen und Ihn andere preisen lehrtest, jetzt wird es allen offenbar, wie groß dein Verdienst bei Gott gewesen.“ Er gab dann Befehl, daß sie in einem besonderen kostbaren Gefäße aufbewahrt werde. Auch heute noch wird diese heilige Reliquie in der Antoniuskirche in Padua gezeigt.

Bald sind 700 Jahre verflossen, seit der hl. Antonius in die ewigen Freuden eingegangen ist; aber dessenungeachtet hat er nie aufgehört, ein Wohltäter der Menschheit zu sein. In zahlreichen Anliegen des Leibes und der Seele hat er schon wirksame Hilfe gebracht und aus allen Ländern strömen alljährlich die Pilger zu seinem Grab. Er ist, wie Papst Leo XIII. bemerkt, „der Heilige der ganzen Welt“. In allen Gesellschaftsklassen des ganzen katholischen Erdkreises zählt er fromme Verehrer und die vielen Wunder, die durch seine Fürbitte heute noch geschehen, sind erneute Beweise für seine Hilfeleistung. Auch du, lieber Christ, darfst mit vollem Vertrauen zu ihm deine Zuflucht nehmen und sicher sein, der hl. Antonius von Padua werde auch dir in allen Nöten helfen.

St. Antonius, Wiederbringer verlorener Sachen und Patron der Armen

Eine besondere Art der Verehrung dieses lieben Heiligen hat im März 1890 in Toulon (Südfrankreich) ihren Anfang genommen. An einem Tage dieses Monats wollte eine fromme Jungfrau, Luise Bouffier mit Namen, wie gewöhnlich in ihren Geschäftsladen. Wer aber beschreibt ihren Schrecken, als sie bemerkte, daß sie den Schlüssel dazu verloren hatte! Es blieb nichts anderes übrig, als die Türe durch den Schlosser öffnen zu lassen. Dieser versuchte lange die verschiedensten Schlüssel, aber ohne Erfolg. Als er bereits daran gehen wollte, die Türe mit Gewalt aufzubrechen, bat ihn Luise inständig, noch etwas zu warten. Wie durch höhere Erleuchtung kam ihr der Gedanke, dem hl. Antonius Brot für seine Armen zu versprechen, wenn es gelinge, die Türe ohne Gewalt zu öffnen. Kaum war dies geschehen, als der Schlosser nochmal einen Versuch machte, und siehe! Ohne Schwierigkeit wurde die Türe schon mit dem ersten Schlüssel geöffnet. Voll Dank gegen den lieben Heiligen teilte die fromme Jungfrau diesen Vorfall ihren Freundinnen mit. Auch diese nahmen von nun an selbst in den kleinsten Anliegen zu Antonius von Padua mit dem Versprechen ihre Zuflucht, im Falle der Erhörung seinen Armen Brot zu geben. Eine derselben versprach zu Ehren des Heiligen ihr Leben lang jeden Tag ein Kilogramm Brot für die Armen zu spenden, wenn ein Mitglied ihrer Familie einen groben Fehler, dem es schon lange Zeit huldigte, ablege. Schon in kurzer Zeit fand sie Erhörung, da sich die betreffende Person vollständig besserte. Voll Dankbarkeit kaufte sie jetzt überdies eine Statue des hl. Antonius und übergab sie Luise mit der Bitte, dieselbe im Hinterstübchen ihres Verkaufsladens aufzustellen. Dort fanden sich bald Soldaten, Offiziere, Schiffskapitäne, Eltern, Dienstboten usw. mit ihren zahlreichen Anliegen ein, versprachen Brot für die Armen und fanden Erhörung.

Begreiflicherweise verbreitete sich diese Art der Verehrung des hl. Antonius von Padua mit großer Geschwindigkeit über ganz Frankreich, alle Länder Europas, ja die ganze Welt. Viele Waisenhäuser und Wohltätigkeitsanstalten erhalten ihre notwendigen Mittel zum Unterhalt ihrer Insassen aus dem Gelde für das Antoniusbrot. Aber auch die Spender desselben gehen fürwahr nicht leer aus, da sie eben nur nach Erlangung der erbetenen Gnade das Versprochene verabreichen. Auch ist an vielen Orten zu Füßen eines Bildes oder einer Statue des hl. Antonius ein Opferkasten aufgestellt. Reich und arm, jung und alt legen da nach Vermögen ihre Gaben hinein, um sich des Schutzes des hl. Antonius von Padua zu versichern oder ihm für eine erwiesene Wohltat zu danken. Folge auch du, lieber Christ, in allen Nöten und Bedrängnissen diesem schönen Beispiel!

(Genommen aus: St. Antonius-Büchlein von P. Cornelius Knüsel. S. O. Cist. Mit Druckbewilligung des Hochw. Bischofs von Chur und Erlaubnis der Ordensobern. Dritte Auflage. Kathol. Verlagsanstalt Eberle, Kälin & Cie. Einsiedeln (Schweiz) 1908)