Die hl. Katharina Labouré

und die Wunderbare Medaille

Die Heilsgeschichte verzeichnet einen ganz anderen Verlauf als die weltliche Geschichte, die man heutzutage sowieso nur noch als atheistische Geschichtsschreibung vermittelt bekommt. Während ab 1789 in der weltlichen Geschichte die Französische Revolution über das Land hinwegfegte und schließlich 1799 Napoleon zum Alleinherrscher Frankreichs ernannt wurde, der durch seine Feldzüge ganz Europa in die Revolution hineinzog, so daß schließlich auf dem Wiener Kongreß Europa neu geordnet wurde, bereitete Gott im Stillen eine ungeahnte Gnadenoffensive vor. 

Unser göttlicher Heiland hat einst frohlockt: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß du dies vor Weisen und Klugen verborgen, den Kleinen aber geoffenbart hast“ (Mt 11, 25). Diese Wahrheit zeigt sich uns sowohl in der Rue de Bac als auch in La Salette und in Lourdes. Gott erwählt das Kleine, in den Augen der Welt Unbedeutende und Verachtete, um Seine großen Pläne der göttlichen Heilsvermittlung zu erfüllen. In der Rue de Bac war es Katharina Labouré, der Unsere Liebe Frau die Wunderbare Medaille zeigte, in La Salette waren es Malanie Calvat und Maximin Giraud, denen die schmerzhafte Mutter die Große Botschaft anvertraute und in Lourdes war es Bernadette Soubirous, welche die Unbefleckte Empfängnis zu Ihrem Herold erwählte. Ja, Gott hat sich den Kleinen offenbart und sich vor den Klugen und Weisen dieser Welt verborgen. 

Daraus kann man wiederum schließen, je größer der Einfluß der Klugen und Weisen dieser Welt wird, desto finsterer wird sie, denn die Klugen und Weisen dieser Welt haben kein Verständnis für die Geheimnisse Gottes und Seiner Erlösung. Wir leben inzwischen in einer apokalyptischen Welt, also einer Welt, in der unser hl. Glaube keinerlei öffentlichen Einfluß mehr hat. In dieser Welt müssen wir Katholiken leben und unseren Glauben verteidigen, was freilich nur mit der Hilfe des Himmels gelingen kann. Darum ist es für uns ein außerordentlicher Trost und zugleich eine Ermunterung, auf die Wunder Gottes zu schauen, die ER im Verborgenen gewirkt hat und immer noch wirkt. In diesem Sinne wollen wir einen Blick auf Katharina Labouré und ihre Sendung werfen, um einzusehen, was Gott alles im Verborgenen wirken kann – und das gilt sicherlich auch noch heute …

Die junge Katharina Labouré

Alles beginnt in einem kleinen Ort im französischen Burgund, Fain-les-Moûtiers. Hier erblickt Katharina Labouré am 2. Mai 1806 als achtes von zehn Kindern das Licht der Welt. Schon am nächsten Tag wird sie getauft und erhält den Namen Katharina (Zoé). Die kleine Zoé wächst in einer echt christlichen Familie auf, in der ein lebendiger Glaubensgeist herrscht. Ihr Vater, Peter Labouré, war überall wegen seiner Gerechtigkeit bekannt, weshalb er bei den meisten sehr beliebt und einige Jahre Bürgermeister seines Dorfes war. Peter Labouré war zudem ein frommer Mann, der sogar einmal Priester werden wollte. Die Familie lebte von den Erträgen eines kleinen Landgutes. Die Mutter, Luise Magdalene, war eine tiefgläubige feine Frau, die einer adeligen Familie entstammte und vor ihrer Verehelichung Lehrerin war. Sie gebar ihrem Gatten 17 Kinder, von denen sie 7 im frühen Alter verlor. Die Mutter war auch die einzige Katechetin ihrer Kinder, denn Fain-les-Moûtiers hatte keinen eigenen Seelsorger. 

Im Jahre 1815 starb die Mutter ganz unerwartet, Zoé war erst 9 Jahre alt. Der Vater stand plötzlich mit zehn unmündigen Kindern allein da, sieben Knaben und drei Mädchen. Darum schickte er die kleine Katharina zusammen mit ihrer jüngsten Schwester zu einer Tante. Nach drei Jahren trat die älteste Tochter bei den „barmherzigen Schwestern“ ein, um sich ganz dem Dienst Gottes und der leidenden Menschen zu weihen. Da wollte der Vater die beiden andern Mädchen zur Besorgung der Hausarbeiten wieder bei sich haben. „Jetzt werden wir zwei das elterliche Hauswesen voranbringen“, rief die zwölfjährige Katharina mutig ihrer um zwei Jahre jüngeren Schwester Tonine zu. Und sie machte sich erstaunlich gut, die junge Hausmutter. Sie kochte dem Vater und den auf dem Felde arbeitenden Brüdern das Essen, verrichtete die Hausarbeiten und auch den kleinsten, immer kränklichen Bruder umsorgte sie mütterlich. Eine besondere Freude und eine Erholung war es ihr, die etwa siebenhundert Tauben zu füttern, die in einem Turm neben dem elterlichen Anwesen untergebracht waren. Die Sorge für diese ihre Lieblinge läßt sie sich nicht nehmen. Tonine erzählt später: ,,Es war ein reizendes Bild: Zoe inmitten der vielen Tauben. Sie kannten ihre junge Herrin und liebten sie; sie flogen auf ihre Schulter und pickten aus ihrer Hand — es war ein reizendes Bild der Unschuld und Gottesfreundschaft.“

Eine kleine Heilige“

Unwillkürlich denkt man bei dieser Beschreibung an den hl. Franziskus – ja, Katharina war innig fromm, ihre Seele sog gleichsam die Gnade auf. Wie damals üblich empfing sie erst mit 12 Jahren ihre hl. Erstkommunion, es war am 25. Januar 1818. Damals hatte ihr der göttliche Gast ihrer Seele das Verlangen ins Herz gelegt, IHM allein und für immer ihre ganze Liebe zu schenken. Wenn es möglich war, ging sie auch werktags zur heiligen Messe in der Kapelle der barmherzigen Schwestern im benachbarten Moutiers St.-Jean. Dort fiel sie durch ihre gesammelte Haltung auf. Ihr Lieblingsplätzchen war, soweit die Arbeit ihr Zeit ließ, die Kapelle der Gottesmutter in der Kirche ihres Heimatdorfes Fain. Dort kniete sie oft und lange auf dem feuchten Boden und zog sich dadurch eine Entzündung des Kniegelenkes zu, die sie ihr ganzes Leben lang begleitete. „Sie war eine kleine Heilige“, erklärte später eine Augenzeugin. Da war es ist nicht zu verwundern, daß die besten jungen Burschen der Umgegend, wenn auch vergeblich, um ihre Hand warben. 

Zuweilen wurde es Katharina doch weh ums Herz, wenn sie an ihre verstorbene Mutter dachte. In ihrer Seelennot ging sie eines Tages in das Zimmer der Eltern, in dem sich eine Statue der allerseligsten Jungfrau befand. Da die Statue etwas erhöht stand, stieg sie auf einen Stuhl, schlang in kindlicher Liebe ihre Arme um das Bildnis der Gottesmutter, um dieser ihre Liebe und Treue zu versichern. Ja, Maria war ihre Mutter, eine wunderbare, himmlische Mutter, das war ihr Trost. 

Eintritt ins Kloster

Immer deutlicher erkennt Katharina ihren Beruf zum Ordensleben. Als sie jedoch ihren Vater um die Erlaubnis bittet, wie ihre Schwester bei den Barmherzigen Schwestern eintreten zu dürfen, ist dieser keineswegs erfreut. Er schickt sie kurzerhand zu ihrem Bruder nach Paris, damit sie dort in einer Kneipe als Kellnerin „auf andere Gedanken kommt“. Doch Katharina bleibt fest und wendet sich an ihre Schwester im Kloster mit der Bitte um Hilfe. Ihre Schwester schreibt ihr: „Wenn dich also der liebe Gott ruft, so folge Ihm. Er verdient es in jeder Hinsicht, daß du Ihn der Welt vorziehst. Man muß dem Ruf Gottes folgen, auch wenn die Familie dagegen ist.“ Da ihr Vater einen echten Glauben besaß, wollte er schließlich seiner Tochter nicht mehr im Weg stehen und gab ihr die Einwilligung zum Eintritt ins Kloster. 

Ein ehrwürdiger alter Priester

Während der schweren Zeit davor in Paris hatte Katharina einen Traum: Sie meint, sie sei zuhause und betet nach ihrer Gewohnheit allein in der Kirche der heiligsten Jungfrau. Da kommt plötzlich ein ehrwürdiger alter Priester, bekleidet mit den Meßgewändern, aus der Sakristei in die Kirche. Der Priester strahlt eine wunderbare Güte aus und seine Augen leuchten. Während er zum Hochaltar schreitet, um die heilige Messe zu feiern, kommt er auch an Zoé vorbei. Für einen Augenblick betrachtet er sie so scharf, daß sie richtig erschrickt. Hierauf beginnt der Priester mit der heiligen Messe. Beim „Dominus vobiscum“, als er sich umdreht, blickt er Zoé voller Liebe an.

Am Ende der heiligen Messe winkt ihr der Priester zu, sie möge zu ihm kommen. Zoé ist jedoch so voller Furcht, daß sie rückwärtsgehend, den Blick auf den Priester geheftet, die Kirche verläßt. Auf ihrem Heimweg kehrt sie noch bei einer befreundeten Familie ein, um einen Krankenbesuch zu machen. Kaum daß sie eingetreten ist, erblickt sie erneut den alten Priester und dieser sagt zu ihr: „Meine Tochter, es ist gut, die Kranken zu pflegen! Heute fliehst du vor mir, aber eines Tages wirst du zu mir kommen. Der liebe Gott hat große Dinge mit dir vor. Vergiß es nicht!“

Wie überrascht war Katharina, als sie in Chatillon-sur-Seine um die Aufnahme in den Orden bat. Sobald sie ins Empfangszimmer eintrat, sah sie den greisen Priester auf einem Bild dargestellt, es war der hl. Vinzenz von Paul! Nun erst verstand sie den Traum zu deuten und erkannte die liebende Hand Gottes bei Seiner Führung in diese Gemeinschaft der Barmherzigen Schwestern. Es war der 21. April 1830, Katharina war 24 Jahre alt.

Das Herz des hl. Vinzenz von Paul

Bereits einige Tage nach ihrem Eintritt, am 25. April 1830, wurden unter der Leitung des amtierenden Erzbischofs von Paris, Msgr. Quelen, und unter Teilnahme vieler Priester und Ordensleute die Reliquien des Hl. Vinzenz von Paul feierlich ins Mutterhaus der Lazaristen übertragen. Diese mußten nämlich in der Zeit der Französischen Revolution vor dem wilden Treiben der haßerfüllten Revolutionäre in Sicherheit gebracht werden. Nun darf also Katharina Labouré selbst Zeugin dieses wunderbaren Schauspiels sein. Katharina berichtete: „Ich durfte die große Freude genießen, über dem kleinen Reliquienschrein des heiligen Vinzenz sein Herz zu sehen. Es war dies an drei aufeinander folgenden Tagen. Es war immer die gleiche Erscheinung, nur die Farbe des Herzens war unterschiedlich.

Das erste Mal war es weißlich-rot, wie fleischfarben, zum Zeichen des Friedens und der Ruhe, der Unschuld und Eintracht.

Das zweite Mal sah ich es rot wie Feuer, ein Sinnbild der Liebe, die in den Herzen brennen soll; und es schien mir, als ob sich die Gemeinschaft erneuern und bis an die Grenzen der Welt ausbreiten solle.

Das dritte Mal erblickte ich das Herz dunkelrot, fast schwarz, was mein Herz mit großer Trauer erfüllte, die ich nicht zu bannen vermochte. Zugleich sagte mir eine innere Stimme: Das Herz des heiligen Vinzenz ist tief betrübt wegen der großen Unglücksfälle, die über das Land hereinbrechen werden.“

Wir sagten es zu Anfang: Die Heilsgeschichte ist eine andere Geschichte als die Weltgeschichte und sie ist eine verborgene Geschichte, die man nur mit den Augen des hl. Glaubens wahrnehmen kann. Die Sorge der Heiligen im Himmel entgeht uns Menschen zum großen Teil. Während die Welt immer mehr ins Verderben rennt, bangen die Heiligen um die Rettung unserer Seelen. Wie schaut der große Apostel der tätigen Nächstenliebe, der hl. Vinzenz, auf die Stadt Paris im Jahre 1830? Mit friedliebendem, im Feuer der göttlichen Liebe brennenden und in tiefer Trauer leidenden Herzen: „Das Herz des heiligen Vinzenz ist tief betrübt wegen der großen Unglücksfälle, die über das Land hereinbrechen werden.“

Man kann sich gut vorstellen, wie tief die hl. Katharina dieses geschaute Bild des Herzens des Heiligen empfunden und wie viel sie gebetet und geopfert hat, in diesem himmlischen Anliegen. So durfte sie am Ende dieser Festtage durch eine innere Stimme die Worte hörten: „Das Herz des heiligen Vinzenz ist ein wenig getröstet, denn er hat von Gott durch die Fürbitte Mariens erlangt, daß seine beiden Familien in diesen großen Unglücksfällen nicht zugrunde gehen werden.“ Diesmal sah Katharina das Herz des hl. Vinzenz hellrot, leuchtend rot.

Katharinas Seminarzeit

Jede Sendung hat ihre Geschichte und Vorbereitung. Man könnte auch sagen: Die Gottesmutter konnte Katharina nicht so einfach erscheinen, die Gnade mußte sie erst dazu befähigen, dem himmlischen Auftrag gerecht werden zu können. 

Während ihrer Seminarzeit durfte sie öfter Jesus im Allerheiligsten Altarsakrament sehen, wie sie berichtet: „Es wurde mir die große Gnade zuteil, daß ich unseren Herrn im allerheiligsten Sakrament sah und zwar während meiner ganzen Seminarzeit, außer wenn ich zu zweifeln anfing. Wenn ich nachgrübelte und alles für Täuschung halten wollte, sah ich das nächste Mal nichts mehr.“

Katharina sollte sich sozusagen an die übernatürliche Welt soweit gewöhnen, sie sollte ganz in der Gegenwart Gottes leben, denn nur dann war sie eine glaubwürdige Zeugin des Himmels. So sollte sie lernen, immer mehr auf die göttliche Führung zu achten und sich bereit zu halten, sofort zu gehorchen, sobald der Himmel sie brauchte. 

Die Erscheinung der Gottesmutter

Das war in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli des Jahres 1830. 

Später berichtete Katharina ihrem Beichtvater darüber Folgendes: 

„Dann kam das Fest des heiligen Vinzenz. 

Am Vorabend zum Fest des hl. Vinzenz, es wurde früher am 19. Juli gefeiert, hielt unsere Schwester Martha einen Unterricht über die Verehrung der Heiligen, vor allem der Jungfrau Maria. Ich nahm all ihre Worte wie ein trockener Schwamm auf. In meinem Herzen war klar: Ich habe den hl. Vinzenz gesehen. Ich hatte unseren Herrn gesehen … Die heilige Jungfrau hatte ich noch nicht gesehen. Ich habe mich mit dem Gedanken schlafen gelegt, daß ich in dieser Nacht meine gute Mutter sehen werde. Schon lange hatte ich den Wunsch, sie zu sehen. Mit dem Gedanken, der heilige Vinzenz werde mir diese ersehnte Gnade erlangen, schlief ich ein.

Um halb zwölf Uhr nachts hörte ich endlich meinen Namen rufen. Ich erwachte und erblickte einen weißgekleideten Knaben am Fuß des Bettes. Er bat mich aufzustehen und sagte zu mir: ‚Komm in die Kapelle, die heilige Jungfrau erwartet dich!‘ Ich kleidete mich eiligst an und war bald bereit, dem Knaben zu folgen, der, überall wo er ging, helles Licht ausstrahlte. Auf dem Gang waren Lichter angezündet, die Türen öffneten sich von selbst … die Kapelle war erleuchtet wie zur Mitternachtsmette. Die seligste Jungfrau sah ich noch nicht.

Der Knabe führte mich zum Hochaltar, neben den Stuhl des Direktors; dort kniete ich nieder, während der Knabe die ganze Zeit stand. Da mir die Zeit lang wurde, blickte ich umher, ob nicht die Schwestern von der Nachtwache kommen würden.

Endlich war die Stunde gekommen. Der Knabe sagte: ‚Da ist die heilige Jungfrau. Da ist sie.‘ Gleichzeitig hörte ich ein Geräusch wie das Rauschen eines Seidenkleides, das von der Galerie herkam, neben dem Bild des heiligen Josef. Die heilige Jungfrau ließ sich auf der Evangelienseite nieder, auf dem Stuhl des Direktors, welcher in der Nähe des Bildes der hl. Mutter Anna stand. Ich zweifelte, ob ich wirklich die heilige Jungfrau vor mir hätte, worauf der Knabe gleich wiederholte: ‚Da, die heilige Jungfrau!‘

Es ist unmöglich auszudrücken, was in diesen Augenblicken in mir vorging; es war mir, als sähe ich nicht wirklich die heilige Jungfrau. Da sprach mein kleiner Führer, der meine Gedanken las, nun in eindringlichem Ton zu mir, nicht mehr wie ein Kind, sondern mit der Kraft und Autorität eines Mannes. Da warf ich mich sofort der heiligen Jungfrau zu Füßen und legte meine Hände auf ihren Schoß.“

Maria belehrt Katharina

Ist es nicht ein Zeichen einer gesunden nüchternen Seele, wenn die hl. Katharina Labouré so zurückhaltend ist in ihrem Urteil! Der Knabe muß sie erst mit der Kraft und Autorität eines Mannes davon überzeugen, daß es wirklich die Jungfrau Maria ist. Sobald aber diese Einsicht sie erfüllt, eilt sie zu ihrer himmlischen Mutter – und legt ihre Hände auf ihren Schoß. Ist das nicht wunderschön eine solch spontane und kindliche Vertrautheit?!

Katharina gesteht: „Da verkostete ich die glücklichsten Augenblicke meines Lebens, ich bin nicht imstande zu sagen, was ich alles fühlte. Sie gab mir Weisungen, wie ich mich meinem Seelenführer gegenüber verhalten und in meinen Prüfungen benehmen soll und was ich nicht mitteilen darf.“ 

Auch bei den Seherkindern in La Salette und bei der hl. Bernadette wird es so sein, die Gottesmutter gibt ihren Kindern ganz konkrete Anweisungen zu ihrem späteren Leben. Da diese jeweils nur den einzelnen Seher betreffen, sollen diese auch verborgen bleiben, sie sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Jede Seele hat ihr ganz eigenes Geheimnis, das Gott bewahrt sehen möchte. Und gerade so hochbegnadete Seelen brauchen eine besondere Führung. 

Hierauf erteilt die Gottesmutter Katharina eine sehr tiefe Lehre: „Maria wies dann mit der linken Hand auf die Stufen des Altares und forderte mich auf, hierher zu kommen und mein Herz auszuschütten; hier würde ich allen Trost finden, den ich nötig hätte. Dadurch ermutigt, fragte ich die heilige Jungfrau um die Bedeutung all dessen, was ich gesehen hatte und sie erklärte mir alles.“

Der Opferaltar des Neuen Bundes

An den Stufen des Altares findet man jeglichen Trost, werden uns doch durch das hl. Meßopfer die Früchte der Erlösung zugewendet, wie der hl. Thomas von Aquin zu bedenken gibt: „Die gleiche Frucht, die das Todesleiden Christi in der Welt gewirkt hat, wirkt dieses Sakrament im Menschen.“ (III, 79, 1) Wie unerschöpflich reich ist somit das hl. Meßopfer für alle, die sich mit dem göttlichen Opferlamm vereinen. Je mehr wir uns dem göttlichen Erlöserherzen zuwenden, je inständiger wir um die notwendigen Gnaden bitten, desto reicher werden wir beschenkt. Es ist schon wahr, wir müssen zum Opferaltar des Neuen Bundes gehen, müssen dort unser Herz ausschütten, dann werden wir immer den Trost finden, den wir gerade brauchen. Dazu nochmals der hl. Thomas von Aquin: „Weil durch das Leiden und den Tod Christi die Menschen von der Sünde gereinigt werden, hat der Sohn Gottes, damit das Gedächtnis dieser alles Maß so sehr übersteigenden Guttat stets in uns lebendig bleibe, seinen Getreuen, als das Leiden nahegekommen war, ein immer zu verehrendes Gedächtnismal seines Leidens und Sterbens hinterlassen, indem er seinen Jüngern seinen Leib und sein Blut darbot unter der Gestalt des Brotes und des Weines. Dieses gleiche vollzieht immer wieder bis auf den heutigen Tag die Kirche Christi über die Erde hin zum Gedächtnis jenes verehrungswürdigen Todesleidens“ (Contra errores Graecorum 8).

Maria spricht über die Zukunft Frankreichs

Die Muttergottes erklärt nun der hl. Katharina weiter: „Mein Kind, der liebe Gott will dich mit einer großen Sendung betrauen. Du wirst viel zu leiden haben, aber du wirst alles überwinden in dem Gedanken, daß es zur Ehre Gottes gereiche.

Du wirst erkennen, was von Gott kommt, und du wirst in Unruhe sein, bis du es deinem Seelenführer mitgeteilt hast. Man wird dir widersprechen, aber die Gnade wird mit dir sein, fürchte nichts.

Offenbare es mit Vertrauen und Einfalt; habe Vertrauen, fürchte dich nicht. Du wirst gewisse Dinge sehen, über die du Rechenschaft geben sollst. Du wirst in deinen Gebeten Einsprechungen haben.

Die Zeiten sind sehr böse. Es werden viele Drangsale über Frankreich hereinbrechen, der Thron wird gestürzt, die ganze Welt von Unglück jeder Art heimgesucht werden. (Die seligste Jungfrau schien sehr bekümmert, als sie dies sagte).

Aber kommt zu den Stufen des Altares; da werden Gnaden über alle ausgegossen werden, die mit Vertrauen und Eifer darum bitten; sie werden Groß und Klein gespendet werden.

Besonders werden Gnaden über die Menschen fließen, die ihn (Jesus) darum bitten.“

Botin Mariens

Noch einmal betont die Gottesmutter, daß wir zum göttlichen Erlöserherzen Zuflucht nehmen, d.h. an den Stufen des Altares um alle Gnaden bitten müssen. Unser Herr wartet nur darauf, daß ER unsere Gebete erhören kann. Und wie notwendig ist uns Sein himmlischer Beistand!

Schon damals prophezeite die Gottesmutter: „Aber es wird schwere Unglücksfälle geben. Die Gefahr wird groß sein; doch fürchte nichts! Der liebe Gott und der heilige Vinzenz werden die Gemeinschaft beschützen. (Die seligste Jungfrau war noch immer traurig); ich selbst werde dann mit euch sein. Ich habe immer über euch gewacht; ich werde euch viele Gnaden gewähren… Es wird ein Augenblick kommen, wo die Gefahr groß sein wird; man wird alles für verloren halten. Aber ich werde dann mit euch sein, habt Vertrauen. Ihr werdet meine Nähe, den Schutz Gottes und des heiligen Vinzenz erfahren. … Mein Kind, das Kreuz wird verachtet werden; in den Straßen wird Blut fließen… (Hier konnte die heilige Jungfrau vor innerer Bewegung nicht weiter sprechen; ihr Antlitz drückte ihre große Trauer aus.) Mein Kind, die ganze Welt wird in Leid versenkt sein.“

Wenn wir heute zurückblicken, müssen wir feststellen, diese schweren Zeiten haben seitdem nicht mehr wirklich geendet. Katastrophe ist auf Katastrophe gefolgt, Revolutionen und Kriege haben das ehemals christliche Europa vollends verändert. Wie sieht Europa heute aus! Das Kreuz wird verachtet und die Kirche ist in einer Weise erniedrigt, wie man es in der ganzen Kirchengeschichte noch nicht erlebt hat. 

Die hl. Katharina Labouré war durch diese Botschaft zutiefst ergriffen und betrübt. Sie schreibt: „Wie lange ich so bei ihr blieb, weiß ich nicht. Aber auf einmal sah ich sie nicht mehr … Ich erhob mich, ganz erfüllt von dem, was ich gesehen und gehört hatte, und als ich mich umwandte, erblickte ich den Knaben …

Ich glaube, es war mein Schutzengel, der mir sichtbar erschienen war, um mir die seligste Jungfrau zu zeigen. Ich hatte ihn tatsächlich wiederholt inständig um diese Gnade gebeten. Zu meinem Bett zurückgekehrt, hörte ich bald zwei Uhr schlagen, konnte aber nicht mehr einschlafen.“

Das ist nur allzu gut verständlich! Was hatte sie in dieser Nacht alles erlebt und gehört?! Ihr Wunsch, auch Maria zu sehen, hatte sich nicht nur wunderbar erfüllt, er war zu einem großen geistigen Abenteuer geworden. Denn fortan mußte Katharina als Botin Mariens tätig werden, wollte doch Maria den armen Menschen zu Hilfe eilen und ihnen ein besonderes Gnadenmittel für diese gefährlichen Zeiten schenken.

Katharina berichtet ihrem Beichtvater

Katharina mußte noch ihrem Beichtvater von allem Mitteilung machen. Das geschah so:

Sehr zurückhaltend — etwas befangen — geht sie zu Herrn Pater Aladel. Sie zögert zu reden.

„Nun? — Bitte!“

„Die heiligste Jungfrau ist dagewesen.“

Mit einem Ruck dreht der Pater sich um und schaut in die ernsten, ruhigen, kühlblickenden Augen von Schwester Labouré. Da erstirbt ihm der Tadel, der schnell in seiner Seele aufsteigen wollte, auf der Lippe.

„So! — Wo war sie denn?“

„In der Kapelle — am Altare.“

„So! — Wann denn?“

„In der Nacht zum Vinzenzfest.“

„Da sind Sie nachts in der Kapelle gewesen?“

„Der Schutzengel hat mich geholt und hingeleitet.“ —

Das klingt wie die selbstverständlichste Sache von der Welt; Herr Aladel überlegt, was er antworten soll. Schwester Labouré berichtet weiter: „Die heiligste Jungfrau hat gesagt, sie werde wiederkommen und einen Auftrag geben.“

„Sagte sie sonst noch etwas?“ … Das ist hl. Nüchternheit, hl. Einfalt!

Mittlerin aller Gnaden

Es war am 27. November 1830 um halb sechs Uhr am Abend während der Betrachtung aller Schwestern in der Kapelle. Wiederum erscheint die Muttergottes der hl. Katharina. Maria stand aufrecht, ihr Kleid war von rosenfarbenem Weiß wie der strahlende Morgen. Es hatte weite Ärmel. Ein weißer Schleier bedeckte das Haupt und fiel bis zu ihren Füßen nieder. Ihre Füße ruhten auf einer weißen Halbkugel, um die sich eine grünlich-weiße Schlange wand. In den Händen hielt Maria eine goldene Kugel, die von einem goldenen Kreuz überragt wird, um sie Gott darzubringen. Immer wieder schaute sie die Erdkugel an und erhob dann ihre Augen zum Himmel. Maria ist als die makellose reine Jungfrau und Gottesmutter die Schlangenzertreterin, die Siegerin in allen Schlachten Gottes. 

Im Augenblick dieser Schau vernimmt Katharina in ihrem Inneren eine Stimme: „Diese Kugel, die du siehst, stellt die ganze Welt dar, insbesondere Frankreich und jede einzelne Person, die die Muttergottes Gott darbringt.“ 

Die Finger Mariens beginnen sich bald mit Ringen, die mit wunderschönen Edelsteinen besetzt sind, zu bedecken. Von diesen Edelsteinen gehen Strahlen aus und ergießen sich nach allen Seiten, sodaß die ganze Gestalt der heiligen Jungfrau wie von Licht umflutet ist. Ein Bild unendlich liebenswürdigen Anerbietens, allen Liebe und Erbarmen zu schenken.

Die Gottesmutter ist die Mittlerin aller Gnaden! O, wie wahr ist es, unsere himmlische Mutter möchte ein ganzes Meer von Gnaden auf die Erde niederfließen lassen. Wie sehr leidet ihr gütiges Mutterherz mit den armen Menschen mit, die immer mehr vom Unglauben bedroht werden und in allergrößter Gefahr sind, ewig verloren zu gehen.

Katharina sieht nun, wie die die kleine Kugel den Händen Mariens entschwindet. Die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter läßt sodann langsam ihre Hände sinken und öffnet diese in Richtung Halbkugel zu ihren Füßen. Dabei blickt sie liebevoll auf ihre Botin und diese wird innerlich belehrt: „Die Kugel zu ihren Füßen bedeutet die Welt, und die Strahlen, die aus ihren Händen fließen, sind ein Sinnbild der Gnaden, die sie ihr (der Welt) zuwendet.“

Vorderseite der Medaille

Nun verändert sich das geschaute Bild von neuen. Die Erscheinung nimmt die Form eines ovalen Bildes an: In der Mitte des Bildes erblickt Katharina die lichtvolle Gestalt der heiligen Jungfrau mit den gesenkten, strahlenspendenden Händen; am Rande desselben erscheint von der rechten Hand über das Haupt zur linken Hand führend in Goldbuchstaben das Gebet: „O Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen!“

Wiederum ließ eine innere Stimme sie die Worte vernehmen: „Laß nach diesem Bild eine Medaille prägen. Wer sie trägt und mit Andacht dieses kurze Gebet verrichtet, wird sich eines besonderen Schutzes der Gottesmutter erfreuen.“ Katharina nimmt wahr, daß von einigen Edelsteinen an der Hand Mariens keine Strahlen ausgehen. Zur Erklärung hört Katharina die Worte: „Diese Edelsteine, welche keine Strahlen aussenden, versinnbildlichen jene Gnaden, welche man von Maria zu erbitten versäumt.“

In der Vorsehung Gottes ist es so gewollt: Wir müssen Gott inständig und beharrlich um die allzeit notwendigen Gnaden bitten. Gott könnte uns diese auch einfach ohne unser Gebet schenken, aber das entspricht nicht Seiner Liebe. Denn die göttliche Liebe will wieder geliebt werden. Darum stellt Gott den Menschen auf die Probe und Gott wartet auf unsere Bitten, um uns sodann umso reichlicher Seine Gnaden ausspenden zu können, weil sich in der Prüfung die Liebe bewährt und gefestigt wird. 

Rückseite der Medaille

Das Bild, das Katharina geschaut hat, ändert sich nochmals. Sie sieht nunmehr die Rückseite der Medaille: In der Mitte befindet sich der Buchstaben M von einem kleinen Kreuz überragt, das auf einem Querbalken ruht; darunter sieht sie die beiden heiligsten Herzen Jesu und Mariens, wobei das erste von einer Dornenkrone umwunden ist, wohingegen das zweite von einem Schwert durchbohrt wird. Bei diesem Bild vernimmt sie die Worte: „Das M und die beiden Herzen sagen genug.“ Die zwölf Sterne wurden zwar in dieser Aufzeichnung ihrer Schau nicht erwähnt, Katharina dürfte jedoch diese mündlich erwähnt haben, denn sie wurden von Anfang an auf der Medaille mit dargestellt.

Wiederum vernahm die hl. Katharina eine Stimme, die sagte: „Laß eine Medaille nach diesem Vorbild prägen. Jene, die sie tragen, wenn sie gesegnet ist, werden große Gnaden erhalten, besonders wenn man die Medaille um den Hals trägt. Diejenigen, die sie mit Glauben tragen, werden reiche Gnaden erhalten.“ 

Das war nun also das himmlische Gnadenmittel, mit dem die Gottesmutter ihren Kindern in dieser schweren Zeit helfen wollte: Eine Medaille! 

Letzte Erscheinung

Noch ein letztes Mal erschien die Unbefleckte der Heiligen, das war im Dezember 1830. Schwester Katharina sah diesmal die allerseligste Jungfrau nicht auf der rechten oder linken Seite des Altares, sondern in der Mitte und zwar ein wenig rückwärts über dem Tabernakel. Ansonsten war die Erscheinung dieselbe wie am 27. November. Die allerseligste Jungfrau hatte die gleiche Haltung und wieder waren die Worte zu lesen: „O Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen!“ Schließlich sagte Maria zu ihr: „Meine Tochter, von jetzt an wirst du mich nicht mehr sehen, aber während des Gebetes wirst du meine Stimme hören!“

Katharina wird abgewiesen

Wie es ihr die Gottesmutter aufgetragen hat, teilt Schwester Katharina ihrem Beichtvater, Herrn Aladel, diese Bitten mit. 

Dieser reagiert ziemlich abweisend. Er glaubt ihr nicht und verbietet ihr sogar, daran auch nur zu denken. Das ist ein schwerer Schlag für die Heilige, denn wie sollte sie fortan ihren Auftrag, die Medaille zu verbreiten, erfüllen? Am 30. Januar 1831 beendet Schwester Katharina ihr Seminar und wird eingekleidet. Schon am nächsten Tag wird sie in das Hospiz von Enghien gesendet, welches von der Familie Orléans in Reuilly, in der Rue de Picpus 12, im Osten von Paris, in einem Elendsviertel gegründet worden war. Hier dient sie während 46 Jahren vollkommen unbekannt den alten Leuten und den vielen Armen. Eine innere Stimme ermahnt sie jedoch eindringlich: Man muß die Medaille prägen! Deswegen wendet sich Schwester Katharina erneut an ihrem Beichtvater, dem Missionspriester Aladel.

Besuch beim Kardinal von Paris

Aber Herr Aladel war weiterhin im Zweifel, ob er das Ganze ernst nehmen sollte oder nicht. Später gesteht er: „Anfangs glaubte ich ihr nicht. Monatelang habe ich sie abgewiesen. Aber die Mutter Gottes mahnte mehrmals und ich fürchtete doch, sie zu betrüben. Da entschloß ich mich endlich, die hochgeehrte Mutter in das Geheimnis der Erscheinungen einzuweihen. Auch den Herrn Kardinal von Paris benachrichtigte ich.“ 

Beim Einlaß von Herrn Aladel ins Besucherzimmer war der Kardinal so geistesabwesend, daß er zunächst gar nicht auf dessen Anliegen einging. Der Erzbischof hatte nämlich kurz zuvor einen kranken erzbischöflichen Mitbruder besucht, den er in einem äußerst bedauernswerten Zustand vorgefunden hatte. Weil er von diesem Besuch noch ganz aufgewühlt war, erzählte er Herrn Aladel sein Erlebnis.

Sein Mitbruder und Freund, der Bischof von Mecheln, Msgr. de Pradt, war vom katholischen Glauben abgefallen und sowohl moralisch als auch menschlich ganz tief gesunken. Nach vielem Suchen hatte er ihn endlich unglaublich verwahrlost in einer Dachkammer gefunden. Er konnte ihm jedoch in keiner Weise helfen, weil er sich nicht helfen lassen wollte. Gleich beim Eintritt in das Elendsquartier begann der Kranke zu toben, weshalb der Erzbischof schnell wieder umkehren und unverrichteter Dinge nach Hause zurückkehren mußte. Es kam noch hinzu, daß seine gottlosen „Freunde“ ihn so gut bewachten, daß kein Priester Zutritt erhielt, um ihn zu bekehren.

Als der Erzbischof sich alles von der Seele geredet hatte, fragte er Herrn Aladel nochmals nach seinem Anliegen.

Dieser erklärte ihm nun, einer einfachen Ordensfrau in der Rue du Bac sei die Mutter Gottes erschienen und diese hätte ihr den Auftrag gegeben habe, eine Medaille prägen zu lassen. Die Gottesmutter habe versprochen, allen, die diese Medaille mit Andacht und Glauben tragen, besondere Gnaden von Gott zu erbitten. „Exzellenz, kann man so etwas glauben? Was soll ich tun?“ – so schloß Herr Aladel seinen kurzen Bericht. Die verblüffende Antwort des Erzbischofs war:

Die Forderung eines Beweises

„Die Gottesmutter muß es uns beweisen! Wenn der abgefallene Erzbischof sich bekehrt, will ich an die Übernatürlichkeit der Offenbarung glauben und die Medaille prägen lassen. Aber sie muß gleich vier Wunder auf einmal bewirken: 1. Der Kranke muß noch leben! 2. Ich muß ihn wieder finden, denn sie werden ihn besser verstecken! 3. Ich muß zu ihm hereingelassen werden! 4. Er muß seine Haltung von Grund auf ändern, d.h. er muß bereuen, beichten und sich völlig bekehren, bevor er stirbt!

Wenn die Madonna das alles fertig bringt, verbreite ich die gewünschte Medaille in meiner Erzdiözese.“

Unverzüglich ließ der Erzbischof von einem Goldschmied ein Muster der Medaille anfertigen, das er bereits einige Tage später erhielt. Zur gleichen Zeit wurde ihm mitgeteilt, daß sein Sorgenkind noch lebe und wo es sich befand.

Sofort machte er sich mit der Medaille auf den Weg, wurde aber höhnisch und energisch von dem Kranken abgewiesen. Schweren Herzens kehrt er zurück ins erzbischöfliche Palais. In seiner Kapelle flehte er zu Gott um die Bekehrung des abgefallenen Freundes. Während des Gebetes kam ein Bote des Kranken, der nunmehr um seinen Besuch bat.

Der Erzbischof eilte zu seinem Mitbruder, wortlos legte er ihm die Medaille auf die Brust. Da begann der arme Mann bitter zu weinen. Immer wieder küßte er ergriffen die Medaille. Der Schwerkranke bekannte alle Sünden seines schrecklichen Lebens in einer demütigen Beichte und bat öffentlich um Verzeihung wegen des großen Ärgernisses, das er gegeben hatte. Als der Kardinal ihm die Lossprechung erteilte, wurde er von tiefem Frieden erfüllt. Andächtig empfing er die Letzte Ölung und die heilige Kommunion und starb noch in der gleichen Nacht.

Die Medaille wird geprägt

Nun war der Erzbischof überzeugt, daß es sich um einen göttlichen Auftrag handelte und sagte: „Ich will nicht bei der Erfüllung der Botschaften der Jungfrau Maria im Wege stehen, ich finde hierin nichts, was dem Glauben widersprechen könnte. Ich empfehle, die Medaille unverzüglich prägen zu lassen, und ich möchte der Erste sein, der sie verehrt.“ 

Herr Aladel bekam die ersten geprägten Medaillen am 30. Juni 1832 und übergab eine davon Schwester Katharina. Ganz glücklich rief sie: „Jetzt muß man sie verbreiten, damit der Fluß der versprochenen Gnaden der Mutter Gottes voll strömen kann.“ 

Im Februar 1832 bricht in Paris eine fürchterliche Cholera-Epidemie aus, mehr als 20 000 Menschen sterben! Die Töchter der christlichen Liebe beginnen ab Juli mit dem Verteilen der ersten 2000 Medaillen, die auf Bitten von Herrn Aladel geprägt worden waren. Viele werden geheilt, erfahren himmlischen Schutz oder bekehren sich. Das verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Das Volk von Paris nennt die Medaille „wundertätig“.

Im Herbst 1834 sind schon mehr als 500 000 Medaillen verteilt worden. 1835 sind es weltweit mehr als eine Million. 1839 beläuft sich die Verbreitung der Medaille auf über zehn Millionen Stück. Beim Tod von Schwester Katharina 1876 zählt man bereits mehr als seine Milliarde Medaillen!

Die Botschaft der Wunderbaren Medaille

Machen wir uns noch einige Gedanken über die Botschaft der Wunderbaren Medaille. Denn der Himmel wird sich doch sicherlich etwas gedacht haben, als er diese Medaille entwarf, um sie der hl. Katharina zu zeigen. 

Wir wissen, das Wesen Mariens war seit den Anfängen der Kirche ein Gegenstand von Streitigkeiten. Der Teufel versuchte sozusagen immer wieder, Maria in den Augen ihrer Kinder ihrer Krone zu berauben, er wollte Unkraut unter den Weizen sähen. Das Konzil von Ephesus verkündete im Jahr 431 das erste Mariendogma: Maria ist nicht nur Christusgebärerin, wie es die gottlosen Arius und Nestorius lehrten, sondern sie ist wahrhaft Gottesgebärerin. Der ewige Sohn des himmlischen Vaters ist zugleich durch Seine Menschwerdung wahrer Sohn Mariens. Was für ein Wunder und was für eine unbegreifliche Würde!

Eine mit dieser Wahrheit unlösbar verbundene war: Maria ist ohne Sünde empfangen. Denn nur als Unbefleckte war sie würdig, Mutter Gottes zu sein. Schon der hl. Ambrosius gibt in seinem Lukaskommentar zu bedenken: „Welche Menschliche Geburt wäre Gottes würdiger gewesen als jene, wonach der makellose Gottessohn auch bei seiner Menschwerdung die Reinheit makellosen Ursprunges wahrte? Und tatsächlich war auch in die Geburt der Jungfrau das Zeichen für Gottes Ankunft festgesetzt.“ (Lukaskommentar II, 78)

Aber es dauerte viel länger, bis diese Wahrheit als Dogma verkündet wurde. Erst als die geistige Eiseskälte der sog. Aufklärung die Menschenherzen zu erfrieren begann, wurde es notwendig, diese Wahrheit endgültig als katholisch, d.h. als göttliches Offenbarungsgut zu verkünden und somit abzusichern. Die Gottesmutter selber half dabei, diese Wahrheit unter den einfachen Gläubigen aufleuchten zu lassen. Man kann es sich leicht vorstellen, wie nach 1830 die auf der Medaille zu lesende Anrufung 

O Maria, ohne Sünde empfangen,bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen!“

tausendfach wiederholt aus den Herzen der Katholiken in aller Welt zum Himmel stieg und infolgedessen ihre wunderbaren Früchte brachte! Bei unzähligen Katholiken erstarkte der übernatürliche Glaube an die einzigartige Reinheit und Würde Mariens. Der aufklärerische Unglaube wurde erfolgreich abgewehrt. 

Nach langen Vorbereitungen verkündete Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854 das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis: „Zu Ehren der Heiligen und Ungeteilten Dreifaltigkeit, zum Schmuck und zur Zierde der jungfräulichen Gottesmutter, zur Erhöhung des katholischen Glaubens und zur Mehrung der christlichen Religion, in der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und der Unseren erklären, verkünden und definieren Wir: ‘Die Lehre, dass die seligsten Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch ein einzigartiges Gnadenprivileg des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi, des Erretters des Menschengeschlechtes, von jedem Schaden der Erbsünde unversehrt bewahrt wurde, ist von Gott geoffenbart und darum von allen Gläubigen fest und beständig zu glauben.’“ (Pius IX., Apostolisches Schreiben „Ineffabilis Deus“, vom 8. 12. 1854)

Die Erscheinungen Mariens in Lourdes 1858 sind sozusagen das himmlische Echo auf das Dogma von 1854. Maria wird der hl. Bernadette Soubirous nach ihrer dreimaligen Bitte, ihr den Namen zu sagen, die klare und zugleich geheimnisvolle Antwort geben: „Ich bin die Unbefleckte Empfängnis.“

Die apokalyptische Frau

Man kann es nicht übersehen, die „Unbefleckte Empfängnis“ zeigt sich mit den Zügen der apokalyptischen Frau, wie sie in der Geheimen Offenbarung des hl. Apostels Johannes beschrieben wird: „Und am Himmel erschien ein großes Zeichen: eine Frau, bekleidet mit der Sonne und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen“ (Offb 12, 1).

Daran muß man unwillkürlich beim ersten Blick auf die Wunderbare Medaille denken. Auch der nachfolgend beschriebene Kampf der Frau mit dem höllischen Drachen findet sich auf der Medaille wieder: Satan windet sich unter dem Fuß der Unbefleckten, an der er keinerlei Anteil hatte. In Maria wurde er durch Jesus Christus vollständig besiegt, wie es das Dogma zu Ausdruck bringt. 

Maria steht auf einer Halbkugel und zertritt den Kopf einer Schlange. Maria ruft ihre Kinder unter das Banner Christi und leitet sie an, den Kampf gegen die widergöttlichen Mächte in dieser Endzeit zu führen. Sie zeigt sich zudem als Mittlerin aller Gnaden, denn Sie breitet ihre Hände aus, von denen Strahlen ausgehen, die die Erde erleuchten: „Die Kugel zu ihren Füßen bedeutet die Welt, und die Strahlen, die aus ihren Händen fließen, sind ein Sinnbild der Gnaden, die sie ihr (der Welt) zuwendet.“

Das Leuchten der Strahlen, sowie die Schönheit und die Helligkeit der Erscheinung, die uns Katherina beschreibt, wecken, berechtigen und nähren unser Vertrauen in die Treue Mariens (versinnbildet durch die Ringe), aber auch unser Vertrauen in die Wirksamkeit ihrer Fürbitte (die Gnadenstrahlen, die zur Erde fallen) und in den endgültigen Sieg (das Licht), denn sie selber ist als die Immakulata die Ersterlöste.

Maria Miterlöserin

Wenden wir uns noch der Rückseite der Medaille zu. Dort sehen wir den Buchstaben „M“, der von einem Kreuz überragt wird. „M“ steht für Maria, das Kreuz ist das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus. Beide Zeichen sind so miteinander verbunden, daß sie auf die unauflösbare Einheit unseres Herrn Jesus Christus mit seiner heiligsten Mutter im ganzen Erlösungswerk hinweisen. Maria ist die Miterlöserin, die sich in vollkommenster Weise mit dem Erlösungsleiden ihres Sohnes vereint hat. Dies wird nochmals zum Ausdruck gebracht durch die beiden Herzen. Das Herz Jesu wird mit der Dornenkrone dargestellt, das Herz Mariens mit dem durchbohrenden Schwert. Beide Herzen sind ganz besonders im Leiden vereint – das Leiden aber ist das Sühneleiden für die Sünden der Menschen! 

Der hl. Papst Pius X. schreibt in seinem Sendschreiben anläßlich des fünfzigjährigen Jubiläums der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis ,Ad diem illum‘ vom 2. Februar 1904: „Zum Lobe der heiligsten Gottesmutter muß man nicht nur dies anführen, daß sie dem eingeborenen Gott, der aus menschlichen Organen geboren werden sollte, ihr Fleisch darbot, wodurch eben die Opfergabe für das Heil der Menschen bereitet wurde, sondern auch das Amt, diese Opfergabe zu hüten, zu nähren und sogar zur festgesetzten Stunde zum Opferaltar zu bringen. Daher ist die Lebens- und Aufgabengemeinschaft zwischen Mutter und Sohn niemals gelöst worden, und auf beide passen in gleicher Weise die Worte des Propheten: Unter Jammer welkt mein Leben dahin und meine Jahre unter Seufzen. Als vollends die letzte Stunde des Sohnes gekommen war, stand neben dem Kreuz Jesu seine Mutter. Sie war nicht nur mit der Furchtbarkeit des Schauspiels beschäftigt, sondern ganz und gar mit Freude erfüllt, weil ihr Eingeborener für das Heil des Menschengeschlechtes sich opferte, und so sehr hat sie sogar mitgelitten, daß sie alle Leiden, die ihr Sohn gelitten hat, viel lieber selbst erlitten hätte, wenn es möglich gewesen wäre. Aufgrund dieser Leidens- und Willens-gemeinschaft zwischen Maria und Christus verdiente sie, daß sie ganz geziemend die Wiederherstellerin der verlorenen Welt wurde und daher die Ausspenderin aller Gnaden insgesamt, die uns Jesus durch seinen Opfertod und sein Blut erworben hat.“

Zwölf Sterne

Schließlich sind noch die zwölf Sterne abgebildet. Sie stellen die zwölf Stämme Israels, aber auch die zwölf Apostel oder die zwölf Tore Jerusalems aus der „Geheimen Offenbarung“ dar – sie verweisen also auf die Kirche des Alten und des Neuen Bundes und das neue Jerusalem. Jeder ist eingeladen, durch eines der zwölf Tore ins himmlische Jerusalem einzutreten, also Glied der katholischen Kirche zu werden, um sodann am Erlösungswerk Jesu teilzunehmen. Es wird schließlich niemand allein gerettet, jede Gnade hat eine Auswirkung auf den ganzen geheimnisvollen Leib Jesu Christi, die hl. Kirche. Darum muß der Katholik vor allem sein Herz mit den Herzen Jesu und Mariä vereinen.

Die Medaille erinnert somit ihren Träger an die wichtigsten Wahrheiten unseres hl. Glaubens. Sie fordert ihn zudem auf, das eigene Kreuz auf sich zu nehmen, um so dem göttlichen Erlöser nachzufolgen, d.h. wie Maria den Weg der übernatürlichen Gottesliebe bis zur vollkommenen Hingabe seiner selbst zu wählen.

Zu den zwölf Sternen gibt der Benediktiner Otto Bitschnau in seinem Buch: „Maria, unsere Mutter“, noch folgende ergreifend tiefe Erklärung: „Unter allen Frauen seit der Erschaffung der Welt, und namentlich aus dem Volk Israel, hat er diese Zwölf auserwählt und reich begnadet, auf daß sie durch ihre Schönheit ihrer leiblichen Vorzüge, durch den Glanz ihrer vielfachen Tugenden, sowie durch die Auszeichnung in ihrer beruflichen Stellung, die Jungfrau lieblich vorbilden sollten, welche durch ihren Sohn Jesus alle Völker der Erde reich erfreuen werde.

Diese zwölf Frauen sind somit jene zwölf Sterne, welche Gott glanzvoll ausgestattet hat, um damit die Krone Mariens zu schmücken.“

Diese zwölf Frauen sind: Eva, Sara, Rebekka, Rachel, Debora, Ruth, Hanna, Judit, Abigajil, Ester, die Mutter der sieben makkabäischen Brüder und die Base Mariens, Elisabeth.

Also zweifelsohne zwölf beeindruckende Gestalten des Alten Testaments, bzw. Elisabeth dann an der Schwelle zum Neuen Testament. Jede hat durch ihre Schönheit, Anmut, Hingabe und ihr Handeln die weitere Geschichte des auserwählten Volkes wesentlich beeinflußt. Durch sie wurde vielen wieder eine neue Hoffnung geschenkt, denn der Segen Gottes begleitete ihr Tun und führte sie zum Wohl der Glaubensgenossen. Ihre Treue zu Gott erwies sich als siegreich, wodurch sie zeigten, daß Gott immer treu zu Seinem Wort und zu Seiner Verheißung steht. Dabei steht über allen göttlichen Verheißungen die eine Verheißung, das Protevangelium von Genesis 3,15: „Feindschaft will ich stiften zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachwuchs und ihren Nachwuchs. Er wird dir nach dem Haupte trachten und du wirst nach seiner Ferse schnappen.“

Gott hat somit den Stammeltern nach ihrem Sündenfall dieses Zeichen der Hoffnung auf den kommenden Erlöser, Jesus Christus, und die Unbefleckte Empfängnis mitgegeben, ehe Er sie aus dem Paradies vertrieb. Seitdem gibt es nur eine Hoffnung für alle Menschen, wie es nur einen Erlöser gibt. Maria vergegenwärtigt diese Hoffnung vollkommen, denn in ihr hat sie sich verwirklicht. So verweisen auch alle zwölf oben angeführten Frauen auf die Gottesmutter, die sie vorbilden. All ihre Vorzüge, ihre Tugenden, ihr Mut, ihr Glaube, ihre Gottesliebe finden sich vollendet in Maria. Darum steht Maria wie etwa Judith und Ester gegen den Feind auf und ringt ihn nieder. Pius X. erinnert an die Frau der Geheimen Offenbarung: „Das Leid der Gebärenden (Frau der Apokalypse) aber zeigt den Eifer und die Liebe an, mit der die Jungfrau auf dem himmlischen Throne wacht und in unablässigem Gebet ringt, daß die Zahl der Auserwählten voll werde. Aus Erfahrung wissen wir ja, daß ein Gebet niemals ohne Erfolg gewesen ist, wenn es aus der Liebe hervorquillt und durch die Fürbitte der heiligen Jungfrau unterstützt wird.

Gerade die Jungfrau wird niemals aufhören, uns beizustehen, selbst in den schlimmsten Lagen. Unaufhörlich wird sie den Kampf verfolgen, den sie schon von ihrer Empfängnis an gekämpft hat, so, daß man täglich wiederum sagen kann: ‚Heute ist von ihr der Kopf der alten Schlange zertreten worden.‘“

Das letzte Lebensjahr Katharinas

Ihr ganzes Leben erfüllte Katharina Labouré einfache Aufgaben, gar nichts unterscheidet sie von den anderen Schwestern der Gemeinschaft. Sie arbeitet wie die anderen Schwestern, sie betet mit ihnen, vor allem aber wahrt sie die Stille über ihr großes Geheimnis. Wie erstaunt war Schwester Dufes, die Oberin des kleinen Altersheimes von Enghien, als sie den vertraulichen Mitteilungen ihrer Mitschwester zuhörte. Zunächst kann sie es gar nicht fassen, diese einfache alte Schwester, die da vor ihr sitzt, die man oftmals nur die „Schwester vom Hühnerhof“ nannte, war die Seherin der Gottesmutter. Die Heilige hatte es fertiggebracht, durch sechsundvierzig Jahre verborgen zu bleiben. Später jedoch haben sich viele Schwestern lebhaft daran erinnert, daß sie immer in der Kapelle wie in tiefster Andacht versunken schien. Sie sah und hörte ihre Umgebung nicht. Ihre Fingerspitzen berührten eben die Bank. Unverwandt schauten ihre Augen in liebender Sehnsucht zum Altar.

Seit Beginn des Jahres 1876 sprach Schwester Katharina immer wieder davon, daß sie das Jahr 1877 nicht mehr erleben werde. Sie hat jedoch noch einen Wunsch, den sie als Wunsch der Mutter Gottes empfindet: Die Anfertigung einer Statue der Unbefleckten Empfängnis mit der Weltkugel, so wie sie sie bei der zweiten Erscheinung sah. Maria als die Fürbitterin am Throne Gottes, als die Mittlerin der Gnaden und die mächtige Jungfrau.

Schwester Dufes erfüllt nun, da sie wußte, wer Schwester Katharina war, mit besonderer Freude diesen Wunsch. Der Bildhauer bemühte sich zwar sehr, den Zügen Mariens die Erhabenheit und Liebenswürdigkeit einzuprägen, von der Schwester Katharina spricht, aber genauso wie die hl. Bernadette ist sie enttäuscht: „Maria war viel, viel schöner!“ Nun ist Schwester Katharinas Lebenswerk erfüllt. 

Im November 1876 machte Schwester Katharina ihre letzten Exerzitien im Mutterhaus. Als sie danach wieder ins Altersheim zurückkehrte, nahmen ihre Kräfte von Tag zu Tag ab. Sie litt an starkem Asthma und an einem schon sehr fortgeschrittenen Herzleiden, das ihr qualvolle Beklemmungen verursachte. Am 31. Dezember 1876 gegen sieben Uhr schläft Schwester Katharina sanft in die ewige Heimat hinüber, ohne Todesangst und ohne Todeskampf. Ihre letzten Worte waren: „Warum sollte ich denn Angst haben? Ich werde unseren Herrn, die heilige Jungfrau, den Heiligen Vinzenz sehen.“

Das Begräbnis in Paris wird zu einem Großereignis für ganz Frankreich. Plötzlich war die Seherin der Rue de Bac bekannt! Drei Tage lang ziehen die Menschen in einer nie enden wollenden Schar vor dem Leib jener so einfachen Ordensfrau vorbei, die die Gottesmutter gesehen hat. Und bis heute ist der Strom von Pilgern in die Rue du Bac nicht abgerissen. Gott legte auch ein besonderes Zeugnis für seine Botin der Wunderbaren Medaille ab, ihr Leib blieb bis zum heutigen Tag unversehrt. Am 28. Mai 1933 wurde Katharina Labouré selig gesprochen und am 27. Juli 1947 nahm sie Papst Pius XII. in die Schar der Heiligen auf.

Einigen Kindern Mariens hat die hl. Katharina folgendes Gebet empfohlen: „O unbefleckte Jungfrau Maria, bedecke mich mit deinem jungfräulichen Mantel, damit ich ganz rein werde, und stelle mich dann Jesus, deinem geliebten Sohn vor. O unbefleckte Jungfrau Maria, du reinste und heiligste, du vollkommenste unter allen Geschöpfen, führe alle deine Kinder in den Himmel!“