Jesus Christus - Ewiger Hoherpriester

Wohl keine andere Zeit des Kirchenjahres läßt uns so tief in das Geheimnis des Priestertums schauen wie die drei heiligen Tage vor dem Osterfest. Begleiten wir doch in den hl. Zeremonien dieser Tage den ewigen Hohenpriester auf Seinem Opfergang für uns Sünder. Wie sehr muß uns die Liebe des göttlichen Erlöserherzens ergreifen, wenn wir an Seiner Seite den Kreuzweg betrachtend mitgehen und unter dem Kreuz mit der Schmerzensmutter und dem hl. Johannes ausharren bis alles vollbracht ist.

Wie wenig weiß aber der heutige Anhänger der Menschenmachwerkskirche noch vom priesterlichen Geheimnis des Leidens und Sterbens unseres Herrn! Die jahrzehntelange Mitfeier der sog. Neuen Messe hat den katholischen Glauben in den Herzen dieser Leute ruiniert. Die Irrlehre des Modernismus hat ganze Arbeit geleistet, ganze Zerstörungsarbeit, wie schon Papst Pius XI. in seiner Enzyklika über das Priestertum, „Ad catholici sacerdotii“ schreibt: „Die Feinde der Kirche kennen sehr wohl die lebenswichtige Bedeutung des Priestertums. Richten sie doch ihre Angriffe – wie Wir es schon für Unser liebes mexikanisches Volk beklagt haben – vor allem gegen das Priestertum, um es zu beseitigen und sich dadurch den Weg zu bahnen zu der immer ersehnten, aber nie erreichten Vernichtung der Kirche selbst“ (Sacerdotis Imago, Päpstliche Dokumente über das Priestertum, In deutscher Fassung herausgegeben von Anton Rohrbasser, Paulusdruckerei Freiburg-Schweiz 1962. Alle folgenden Zitate aus der Enzyklika nach diesem Text).

Würde Pius XI. heute leben, so wäre er sicherlich äußerst erstaunt, sehen zu müssen, wie weit das Zerstörungswerk der Feinde fortgeschritten ist. Das, was wir heute erleben, hätte er sich sicherlich nicht einmal im Traume vorstellen können, hat man doch das Haus Gottes abermals zur Räuberhöhle gemacht.

Papst Pius XI. über das Priestertum

Es hilft jedoch nichts, wir müssen uns den Tatsachen stellen, und vor den geistigen Ruinen der ehemals katholischen Kathedralen stehend erscheint es umso wichtiger, ja notwendig zu sein, dem Geheimnis des Priestertums des Neuen Bundes immer wieder nachzuspüren, um nicht selber mit in die Irre geführt zu werden. Folgen wir dabei zunächst den Ausführungen Papst Pius‘ XI. in seiner oben erwähnten Enzyklika über das Priestertum, „Ad catholici sacerdotii“.

Wie der Papst darlegt, ist der Gedanke an ein Priestertum uralt, er scheint letztlich auf die Uroffenbarung zurückzugehen. Blickt man nämlich auf die alten Völker, dann zeigt sich selbst im Heidentum eine ganz andere Haltung dem Priester gegenüber als in unserer Zeit: „Schon immer hat die Menschheit das Bedürfnis nach Priestern empfunden, d. h. nach Menschen, die durch ihre amtliche Sendung Mittler zwischen Gott und den Menschen sind und aus der gänzlichen Hingabe an ihre Mittlerschaft ihre Lebensaufgabe machen. Sie sind beauftragt, Gott öffentliche Gebete und Opfer im Namen der Gesellschaft darzubringen; denn diese hat auch als solche die Pflicht, Gott durch einen öffentlichen und sozialen Kult zu verehren, ihn als ihren höchsten Herrn und ersten Ursprung anzuerkennen, zu ihm als dem letzten Ziele hinzustreben, ihm unaufhörlich zu danken und ihn zu versöhnen. Bei allen Völkern, deren Bräuche wir kennen, finden sich, wenn sie nicht durch Gewalt zur Verleugnung der heiligsten Gesetze der menschlichen Natur gezwungen wurden, tatsächlich Priester, wenn auch oft im Dienste falscher Gottheiten. Wo immer es Religion gibt, wo immer man Altäre errichtet, dort gibt es auch ein Priestertum, das mit besonderen Erweisen der Achtung und Verehrung umgeben ist.“

Die Notwendigkeit des öffentlichen Kultes

Auch die heidnischen Völker haben bereits erkannt, daß der Mensch sich vor Gott verantworten muß und Gott nicht nur ein privater, sondern auch ein öffentlicher Kult erwiesen werden muß. Daher verlangten sie nach einem Mittler zwischen Gott und den Menschen, einem Mittler, der „Gott öffentliche Gebete und Opfer im Namen der Gesellschaft darzubringen“ hatte, um die Götter gnädig zu stimmen. Auch wenn die Priester „oft im Dienste falscher Gottheiten“ standen, so zeigt doch das Verhalten des Volkes, wie tief das Wissen um die Notwendigkeit eines Priestertums verwurzelt ist. Ja, dieses Wissen ist so tief verwurzelt, daß man allgemein sagen kann: „Wo immer es Religion gibt, wo immer man Altäre errichtet, dort gibt es auch ein Priestertum, das mit besondern Erweisen der Achtung und Verehrung umgeben ist.“

Hier sei nur ganz kurz angemerkt, daß selbst in der modernen atheistischen Gesellschaft sich zumindest pseudopriesterliche Bräuche und Riten als Ersatz für die verlorene Religion entwickelt haben. Man denke etwa an die pseudoreligiösen Rituale bei Sportveranstaltungen oder den Personenkult in der Verehrung der Idole, die man „Stars“ nennt – was wohl bedeutet, daß sie wie Sterne am Götterhimmel der Heiden verehrt werden sollen.

Der Priesterkönig Melchisedech

Das Wissen um das wahre, gottgewollte Priestertum war natürlich in der Offenbarungsreligion des israelitischen Volkes weit über das des Heidentums erhaben, wie Pius XI. ebenfalls hervorhebt: „Aber im Glanze der göttlichen Offenbarung erscheint das Priestertum mit weit größerer Würde umkleidet, von der eine ferne Andeutung ist die geheimnisvolle, ehrwürdige Gestalt des Melchisedech, des Priesters und Königs, den der heilige Paulus zur Person und zum Priestertum Jesu Christi selbst in Beziehung bringt.“ Was für eine beeindruckende Gestalt war der Priesterkönig Melchisedech, der wie aus einer anderen Welt kommend, plötzlich im heiligen Bericht auftaucht und sein Opfer von Brot und Wein Gott darbringt, um für den Sieg Abrahams und die Befreiung Lots zu danken.

Auch im israelitischen Priestertum leuchtet das Göttliche in den vielfältigen Bestimmungen der Gesetze, besonders für den Opferdienst im Tempel, hervor. Hier wird die Grundbestimmung dessen, was ein Priester wesentlich vor Gott ist, greifbar: „Der Priester ist nach der großartigen Begriffsbestimmung des heiligen Paulus zwar ein Mensch «aus der Zahl der Menschen genommen», aber einer, der «für die Menschen aufgestellt wird in ihren Angelegenheiten mit Gott». Gegenstand seines Amtes sind nicht menschliche und vergängliche Dinge, so hoch und schätzenswert sie auch scheinen mögen, sondern göttliche und ewige: Dinge, die man zwar aus Unwissenheit verlachen und verachten kann, die aus Bosheit und mit teuflischer Wut bekämpft werden, wie es eine traurige Erfahrung oft gezeigt hat und noch heute zeigt, die aber immer an erster Stelle aller Einzel- und Gemeinschaftsinteressen der menschlichen Gesellschaft stehen; denn diese fühlt unwiderstehlich, daß sie von Gott geschaffen ist und darum nur in ihm zur Ruhe kommen kann.“

Das alttestamentliche Hohenpriestertum

Heute werden diese ewigen, göttlichen Dinge, die dem Priester anvertraut sind, von den meisten Menschen verlacht und verachtet – entweder aus Unwissenheit oder auch aus Bosheit, weshalb man sie auch mit teuflischer Wut bekämpft. Im ehemals christlichen Abendland zeigt sich jedenfalls in den letzten Jahrhunderten eine immer allgemeiner werdende Interesselosigkeit, die den wahren Priester allmählich einsam werden ließ. Es zeigt sich zudem, wie notwendig es ist, das Volk beständig im Glauben zu stärken und vor dem Abfall zu bewahren.

Das war schon im Alten Bund so, weswegen Gott den Priesterstand einführte, damit er die wahre Gottesverehrung des Volkes lenke und leite und bewahre, wie Pius XI. weiter ausführt: „Im mosaischen Gesetz wurden dem Priestertum, dessen positivgöttliche Einsetzung von Moses auf Eingebung Gottes kundgetan wurde, bestimmte Aufgaben, Obliegenheiten und Riten im einzelnen zugewiesen. Es scheint, daß Gott in seiner Sorge dem noch unentwickelten Geiste des jüdischen Volkes einen großen Grundgedanken einprägen wollte, der in der Geschichte des auserwählten Volkes sein Licht über alle Ereignisse, Gesetze, Würden und Ämter ausstrahlen sollte: Opfer und Priestertum, die durch den Glauben an den künftigen Messias ein Quell der Hoffnung, des Ruhmes, der Kraft und geistigen Befreiung werden sollten. Der Tempel Salomons, herrlich in seinem Reichtum und Glanz, aber noch herrlicher in seinen Einrichtungen und Riten, dem einzig wahren Gott als Zelt der göttlichen Majestät auf Erden errichtet, war ein hohes Lied, gesungen auf jenes Opfer und jenes Priestertum, das – Schatten und Gleichnis nur – doch ein so gewaltiges Geheimnis in sich schloß, daß es den Sieger Alexander den Großen in Ehrfurcht vor der geheiligten Erscheinung des Hohenpriesters auf die Knie zwang. Und Gott selbst ließ den ruchlosen König Belsazar seinen Zorn fühlen, weil er mit den geweihten Gefäßen des Tempels Zechgelage gehalten hatte.“

Die Erwartung des künftigen Messias durch Opfer und Priestertum

Über Jahrhunderte mußte das israelitische Volk seinen Glauben gegen die es umgebenden heidnischen Völker verteidigen, was nur sehr mühsam mit Höhen und noch mehr Tiefen gelang. Es war jedoch die dem auserwählten Volk von Gott auferlegte Aufgabe, die Erwartung des künftigen Messias durch Opfer und Priestertum lebendig halten. Dieser Glaube an den künftigen Messias sollte für alle Israeliten ein Quell der Hoffnung, des Ruhmes, der Kraft und geistigen Befreiung werden. Und welch erstaunliche Pracht entfaltete dieser Glaube im Tempel Salomons – „aber noch herrlicher war die Pracht in seinen Einrichtungen und Riten, dem einzig wahren Gott als Zelt der göttlichen Majestät auf Erden errichtet“. Der Tempel Salomons war mit seinem Tempeldienst „ein hohes Lied, gesungen auf jenes Opfer und jenes Priestertum, das – Schatten und Gleichnis nur – doch ein so gewaltiges Geheimnis in sich schloß, daß es den Sieger Alexander den Großen in Ehrfurcht vor der geheiligten Erscheinung des Hohenpriesters auf die Knie zwang“. Es ist schon bewundernswert, selbst der heidnische Herrscher mußte diese von Gott begründete Größe und Würde des israelitischen Priestertums anerkennen, so daß er sogar vor dem Schatten und Gleichnis in die Knie sank. Was wird aber dann erst sein, wenn die Schatten dem Licht weichen und das Gleichnis zur Wirklichkeit wird?! Pius XI. gibt darauf die Antwort: „Und doch besaß jenes alte Priestertum seine erhabene Majestät und Herrlichkeit nur als Vorbild des christlichen Priestertums, des Priestertums des Neuen und Ewigen Bundes, der geschlossen ist in dem Blute des Welterlösers Jesus Christus, der da ist wahrer Gott und wahrer Mensch!“

Die Erfüllung der göttlichen Verheißung übersteigt alles menschliche Sinnen und Vorstellen: Der ewige Hohepriester des Neuen Bundes ist der ewige Sohn des himmlischen Vaters!

Der Hohepriester und Mittler zwischen Gott und den Menschen: JESUS CHRISTUS

Lassen wir dazu ein wenig den hl. Paulus zu Wort kommen, der etwa am Abend seines Lebens nochmals seinem Schüler Timotheus so klar wie nur möglich erklärt, was unseren hl. Glauben ausmacht: „Gott, unser Retter, will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Denn es ist ein Gott und Mittler zwischen Gott und den Menschen: Christus Jesus, der Mensch, der sich selbst zum Lösegeld für alle dahingegeben hat. Davon sollte das Zeugnis zur rechten Zeit ergehen: eben dafür ward ich zum Verkünder und Apostel..., zum Lehrer der Heiden in Glaube und Wahrheit bestellt“ (1 Tim 3 – 7). Es gibt nur einen einzigen Mittler, der zwischen Gott und den Menschen treten kann und den durch die Sünde entstandenen, unüberwindlichen Abgrund zu überbrücken vermag: Jesus Christus! Wer dieser Offenbarung aufrichtig zustimmt, wird mit Gott wiedervereint, er wird von seinen Sünden gereinigt und vom ewigen Verderben gerettet. Der heilige Johannes erklärt noch ein wenig bestimmter: „Das ist das ewige Leben, daß sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus“ (Joh 17, 3).

Nur der göttlich-katholische Glaube enthüllt dem Menschen dieses Geheimnis der Erlösung. Nur wer den einzigen wahren Gott im Glauben erkennt und den vom ewigen Vater in unsere Welt gesandten Sohn, Jesus Christus, wird das ewige Leben erben. Den anderen, den Ungläubigen, bleibt es verborgen.

Die Apostel, die Zeugen der Auferstehung Jesu Christi, versetzte diese göttliche Offenbarung in allerhöchstes Erstaunen und Begeisterung. Sie forschten in den Heiligen Schriften nach den Gründen dieser unerforschlichen Huld. In der Kraft des hl. Glaubens legten sie ihre göttlichen Wirkungen dar und bemaßen ihre ewige Reichweite. Die Erschaffung der Welt, der Lauf der ganzen Geschichte, die völkischen Besonderheiten, die vielfältigen Beziehungen zwischen Gott und den Menschen, die göttliche Gründung der Kirche und das Ziel aller Zeiten erklärten sich für sie allein aus dem göttlichen Plan, alles in und durch Christus zum ewigen Heile zu führen. Er, Jesus Christus, der menschgewordenen Gottessohn bestimmte ihr ganzes Weltverständnis und bildete sozusagen den einzigen Gegenstand ihrer Predigt – „Die Juden fordern Wunderzeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir aber verkünden Christus als Gekreuzigten: Für die Juden ein Ärgernis, für die Heiden eine Torheit; für die Berufenen aber, ob Juden oder Heiden, Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ (1 Kor. 1,22 – 24).

Dabei verkündeten sie letztlich allein das, was sie innerlich, durch die Gnade des Glaubens erleuchtet, geschaut hatten, wie der hl. Petrus versichert: „Denn nicht ausgeklügelten Märchen folgend haben wir euch die machtvolle Ankunft unseres Herrn Jesus Christus kundgetan, sondern als Augenzeugen seiner Herrlichkeit“ (2 Petr. 1,16). Für den hl. Paulus war diese christliche Zentrallehre von der Heilsordnung das „Mysterium der Frömmigkeit“. Hören wir einmal, was er in seinen Briefen Wunderbares darüber zu sagen weiß: „Dieser Kirche Diener bin ich nach der Zuweisung des Liebeswillens Gottes, die mir im Hinblick auf euch zuteil ward; denn erfüllt soll werden Gottes Wort, das Geheimnis, das durch alle Weltzeiten und Geschlechter verborgen war: jetzt ist es seinen Heiligen kundgemacht; Gott wollte ihnen zeigen, wie reich die Herrlichkeit dieses Geheimnisses inmitten der Heiden ist: Christus in euch, der Grund eurer Hoffnung auf die Herrlichkeit“ (Kol 1, 25—27).

Das Geheimnis des Liebeswillens Gottes

Der Apostel – also der Priester des Neuen Bundes – ist ein Diener der hl. Kirche und seine erste und wichtigste Aufgabe ist es, „das Geheimnis, das durch alle Weltzeiten und Geschlechter verborgen war“, jetzt den Menschen zu verkünden, das Geheimnis des Liebeswillens Gottes, der sich in Jesus Christus offenbart und verwirklicht: „Christus in euch, der Grund eurer Hoffnung auf die Herrlichkeit.“

Und nochmals im Korintherbrief: „Gottes Weisheit im Geheimnis, die einst verborgene, künden wir: Gott hat sie vor aller Zeit zu unserer Verherrlichung vorherbestimmt, aber keiner der Fürsten dieser Welt hat sie erkannt... So geschieht, was geschrieben steht: ,Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und was in keines Menschen Herz gedrungen ist, hat Gott denen bereitet, die ihn lieben.’ Uns hat es Gott geoffenbart durch seinen Geist“ (1 Kor 2, 7—10). Dieses Geheimnis Gottes wurde von den Fürsten dieser Welt nicht erkannt, weil ihnen der übernatürliche Sinn dafür fehlt. Nur dem Liebenden wird sich Gott offenbaren und ihn erkennen lassen, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und was in keines Menschen Herz gedrungen ist. Wer aber nicht an Jesus Christus glaubt und Ihn nicht liebt, der bleibt in der Finsternis gefangen.

Dabei ist, wie der hl. Paulus nicht müde wird zu betonen, die Erlöserliebe Gottes überfließend: „In ihm besitzen wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden dank dem Reichtum seiner Gnade, die er samt aller Weisheit und Einsicht in Fülle auf uns überströmen ließ. Hat er uns doch das Geheimnis seines Willens kundgetan gemäß seinem im voraus gefaßten Ratschluß, den er in der Fülle der Zeiten auszuführen beschlossen hatte: alles im Himmel und auf Erden in Christus zusammenzufassen.“ (Eph 1, 7 – 10).

Was für ein geheimnisvoller Plan des göttlichen Welterlösers – des ewigen Hohenpriesters nach der Ordnung des Melchisedech! In Ihm, dem ewigen Hohenpriester, besitzen wir die Erlösung durch Sein Blut – die Vergebung der Sünden dank dem Reichtum seiner Gnade. Wer kann die Größe diese Gnade erfassen, „die er samt aller Weisheit und Einsicht in Fülle auf uns überströmen ließ“? Da können wir Menschen nur verwundert und voller Dankbarkeit auf die Barmherzigkeit unseres Gottes schauen, der uns „das Geheimnis seines Willens kundgetan“ hat, jetzt, wo die Fülle der Zeit angebrochen ist und das Geheimnis sich verwirklicht, „alles im Himmel und auf Erden in Christus zusammenzufassen“.

In demselben Brief führt der Völkerapostel noch weiter aus: „Mir, dem geringsten von allen Heiligen, wurde die Gnade zuteil, den Heiden den unergründlichen Reichtum Christi als Frohbotschaft zu verkünden und allen zu zeigen, wie die Durchführung des Geheimnisses erfolgt, das von Ewigkeit her in Gott, dem Schöpfer des Alls, verborgen war. Durch die Kirche soll jetzt den Mächten und Gewalten im Himmel die mannigfaltige Weisheit Gottes kundgemacht werden nach dem ewigen Ratschluß, den er in Christus Jesus, unserem Herrn, verwirklicht hat.“ (Eph 3, 8 – 11).

Die Offenbarung des unergründlichen Reichtums Jesu Christi muß in unserer Menschenwelt verwaltet werden. Das Heilsgeheimnis muß in den einzelnen Seelen Wirklichkeit werden, das ist die Aufgabe der hl. Kirche: Durch die Kirche soll jetzt den Mächten und Gewalten im Himmel die mannigfaltige Weisheit Gottes kundgemacht werden nach dem ewigen Ratschluß, den er in Christus Jesus, unserem Herrn, verwirklicht hat. Die Kirche Jesu Christi ist nun aber wesentlich eine Priesterkirche, die das ewige Priestertum Jesu Christi in der Zeit bis zum Ende der Welt weiterführt.

Dazu erklärt Papst Pius XI. in seiner Enzyklika: „Der Völkerapostel faßt das kurz in die prägnanten Worte, soweit Worte die erhabene Würde und Aufgabe des christlichen Priestertums überhaupt auszudrücken vermögen: «So betrachte man uns als Diener Christi und als Ausspender der Geheimnisse Gottes.» (1 Kor. 4,1) Der Priester ist Diener Jesu Christi: er ist also Werkzeug in der Hand des göttlichen Erlösers zur Fortführung seines Erlösungswerkes in seiner ganzen Weltweite und göttlichen Wirksamkeit, zur Fortführung jenes Wunderwerkes, das die Welt umgestaltet hat. Ja, der Priester ist, wie man mit voller Berechtigung zu sagen pflegt, in der Tat «ein zweiter Christus», weil er in gewisser Weise Jesus Christus selbst fortsetzt: «Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.» (Joh. 20,22) Wie Christus fährt auch er fort, nach dem Lobgesang der Engel, «Ehre» zu geben «Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind» (Luk. 2,14).“

Die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers

Blicken wir nochmals zusammenfassend auf den Inhalt des Mysteriums. Dieser von Gott seit jeher entworfene ewige Plan, den der hl. Paulus und die Apostel in den letzten Zeiten ans Licht bringen sollen, ist „die vielfältige Weisheit Gottes“ (Eph 3, 10). Da aber diese Weisheit „zu unserer Verherrlichung bestimmt“ (1 Kor 2, 7) ist, bedeutet sie konkret das ewige Leben, das schon hinieden in der Erkenntnis der Wahrheit beginnt und durch die Liebe zu Gott belohnt wird. Das Geheimnis hat also unser Himmelsglück zum Inhalt und die Gesamtheit der unendlich vielfältigen Mittel, womit Gott in seiner Barmherzigkeit die Gläubigen zu dieser vollkommenen Erlösung zu führen gedenkt. Im Mittelpunkt dieses Planes steht nun ein unvergleichliches und unersetzliches Mittel, das alles zusammenfaßt: Jesus Christus, so daß der hl. Paulus „das Mysterium“ einfachhin mit Christus gleichsetzen und diesen das „Geheimnis Gottes“ (Kol 2, 2; 4, 3) nennen kann! Darunter versteht er die Person unseres Herrn, seine Herabkunft auf die Erde, seine Heilssendung, alle Güter, die er den Menschen vermittelt — der Apostel nennt sie „den unerforschlichen Reichtum Christi“ (Eph 3, 8) — und insbesondere seine Einwohnung in den Christen: „Christus in euch, der Grund eurer Hoffnung auf die Herrlichkeit“ (Kol 1, 27).

Wenn Gott die Menschen retten und in den Himmel führen will, so ist Jesus Christus der Erretter der Menschheit, Er ist der einzige Mittler, der für alle, denen er durch seine Menschennatur zum Bruder wurde, das ewige Leben erlangt. In ihm konzentriert und enthüllt sich letztlich „das Geheimnis Gottes“; er ist das Meisterwerk des ewigen Heilsplanes des weisen Gottes (vgl. Eph 1,9).

Damit aber die göttliche Heilstat bis zum Ende der Zeiten unter uns gegenwärtig bleibe, hat Gott das Priestertum des Neuen Bundes eingesetzt, wie das Konzil von Trient lehrt: „Zwar hat sich unser Herr und Gott nur einmal durch den Tod auf dem Altare des Kreuzes dem himmlischen Vater darbringen wollen, um dort unsere ewige Erlösung zu wirken. Es sollte aber sein Priestertum durch den Tod nicht ausgelöscht werden. Deshalb hat er beim letzten Abendmahle, in der Nacht, da er verraten wurde, seiner geliebten Braut der Kirche, ein Opfer hinterlassen, ein sichtbares Opfer, wie es die menschliche Natur verlangt. Durch dieses Opfer sollte jenes einmalige blutige Kreuzesopfer vergegenwärtigt werden, sein Gedächtnis sollte fortdauern bis zum Ende der Welt und seine Heilkraft zur Tilgung unserer täglichen Sünden uns zugewendet werden. Er erklärte sich als ewiger Priester nach der Ordnung des Melchisedech. Seinen Leib und sein Blut brachte er unter den Gestalten von Brot und Wein dem göttlichen Vater dar. Unter den gleichen sinnbildlichen Gestalten reichte er sie seinen Aposteln zum Empfange dar, die er damals zu Priestern des Neuen Bundes einsetzte. Ihnen und ihren Nachfolgern im Priestertum befahl er zu opfern, indem er sprach: ‘Tut dies zu meinem Andenken!’“

Der Priester der hl. Kirche, der Säule und Grundfeste der Wahrheit

Wir können somit sagen, das Heilsgeheimnis, das Gott in Seiner unendlichen Weisheit sich ausdachte und in die Wege leitete und in Jesus Christus offenbarte, läuft letztlich auf die Kirche hinaus – hatte doch unser Herr Jesus Christus in der Nacht, „da er verraten wurde, seiner geliebten Braut der Kirche, ein Opfer hinterlassen, ein sichtbares Opfer, wie es die menschliche Natur verlangt“. Der Priester des Neuen Bundes ist immer Priester der hl. Kirche, nur als solcher ist er legitimiert, das Opfer darzubringen und zum Heil der Seelen zu wirken, denn „sein Gedächtnis sollte fortdauern bis zum Ende der Welt und seine Heilkraft zur Tilgung unserer täglichen Sünden uns zugewendet werden“.

Erst in der hl. Kirche, der makellosen Braut des Gotteslammes, tritt Gottes Weisheit am strahlendsten und endgültig ans Licht; in ihr erscheint sie allen sichtbar und dauernd gegenwärtig und wird für alle in der Welt wahrnehmbar. Das in den prophetischen Schriften des Alten Testaments dunkel angekündigte Heilsgeheimnis wird in der Kirche laut verkündet und überall verwirklicht. Durch sie allein werden den Menschen die wirksamen Mittel angeboten und zugewendet, die nach Gottes Ratschluß ihnen das ewige Leben schenken sollen. Dies geschieht vor allem dadurch, daß sie ihnen das „Geheimnis Christi“ verkündet und damit den Seelen das Verständnis für das ewige Heil aufschließt.

Mit diesen Gedanken ist die christliche Religion umschrieben, deren Diener die Priester sind. Das ist das Mysterium der Frömmigkeit, dessen Verkünder sie im Auftrag Gottes und der hl. Kirche sind und dessen unaufhörliche und heilbringende Offenbarung die Kirche ist. Timotheus hatte oft gehört, wie der heilige Paulus dieses Geheimnis Juden und Heiden darlegte. Dennoch ruft ihm der Apostel ein letztes Mal dessen Größe in Erinnerung, um ihn zu ermahnen, seiner Berufung würdig zu leben: „Dies schreibe ich,... damit du... Bescheid weißt, wie man sich im Hause Gottes verhalten soll, in der Kirche des lebendigen Gottes, welche die Säule und Grundfeste der Wahrheit ist. Und fürwahr, groß ist das Geheimnis der Gottesfurcht“ (1 Tim 3, 14 – 16).

Halten wir also fest: Der katholische Priester ist ein Mann der Kirche, welche die Säule und Grundfeste der Wahrheit ist. Sein persönliches Leben und die Pflichten seines Dienstes hängen letztlich ganz von der Idee ab, die er sich vom Hause Gottes macht, dem er angehört, und vom Mysterium der Frömmigkeit, das er übermitteln soll und das nichts anderes ist als Christus Jesus, der Heiland aller Menschen. Mit dem Propheten Isaias kann man darum den Priestern den Neuen Bundes zurufen: „Blickt auf den Felsen, aus dem ihr gehauen!“ (Is. 51,1).

Die Priesterweihe der Apostel im Abendmahlsaal

Wenden wir uns nochmals den Gedanken Pius‘ XI. zu. Die Apostel wurden im Abendmahlsaal vom ewigen Hohenpriester selbst zu Priester des Neuen Bundes geweiht. Nach der Auferstehung „begannen die Apostel und ihre Nachfolger im Priesteramt jene «reine Opfergabe» zum Himmel zu erheben, durch die nach der Weissagung des Malachias der Name Gottes groß ist unter den Völkern und die, nunmehr dargebracht in allen Teilen der Erde und zu jeder Stunde des Tages und der Nacht, unaufhörlich bis zum Ende der Welt geopfert wird. Es ist dies eine wahre und nicht bloß symbolische Opferhandlung. Durch die Versöhnung des Sünders mit der göttlichen Majestät übt sie eine reale Wirksamkeit aus, «da Gott, durch diese Opfergabe versöhnt, die Gnade und die Gabe der Buße verleiht und dadurch Verbrechen und Sünden – auch die schwersten – nachläßt». Den Grund hierfür gibt dasselbe Konzil von Trient mit den Worten an: «Es ist ein und dieselbe Opfergabe. Derselbe, der sich damals selbst am Kreuze geopfert hat, bringt jetzt durch den Dienst der Priester das Opfer dar. Nur die Opferweise ist verschieden.» Daraus erhellt die unaussprechliche Größe des menschlichen Priesters, der Gewalt selbst über den Leib Jesu Christi hat. Er macht ihn auf unsern Altären gegenwärtig und bringt ihn, im Namen Christi selbst, als unendlich wohlgefällige Opfergabe der göttlichen Majestät dar. «Wunderbar ist das, wunderbar und staunenswert», ruft mit voller Berechtigung der heilige Johannes Chrysostomus aus.“

Ganz selbstverständlich haben „die Apostel und ihre Nachfolger im Priesteramt jene «reine Opfergabe» zum Himmel“ erhoben, sie haben also begonnen das hl. Meßopfer zu feiern. Das Konzil von Trient faßt nun das Wesen des hl. Meßopfers in einem jener Sätze zusammen, die durch ihre Kürze und Klarheit offenbaren, daß sie vom Heiligen Geist geformt worden sind, denn wie wäre es sonst möglich, mit so wenigen Worten, so viel über diese Geheimnis unseres Glaubens aussagen: „Es ist ein und dieselbe Opfergabe. Derselbe, der sich damals selbst am Kreuze geopfert hat, bringt jetzt durch den Dienst der Priester das Opfer dar. Nur die Opferweise ist verschieden.“

Nach diesen Worten des Konzils von Trient ist das Kreuz nicht einfach eine geschichtliche Tatsache, es ist unendlich mehr. Das Opfer, das der ewige Hohepriester stellvertretend für die ganze Menschheit Gott dargebracht hat, ist nicht mehr wie im Alten Bund irgendein Tieropfer, sondern der eigene Leib wird zu makellosen Opfergabe, der im Leiden gleichsam zermalmt und im Tod zur Sühne für alle Sünden dem himmlischen Vater hingegeben wird. Es ist nun ein und dieselbe Opfergabe, die am Kreuz und in der hl. Messe aufgeopfert wird. Und es ist auch derselbe ewige Hohepriester Jesus Christus – „der sich damals selbst am Kreuze geopfert hat, bringt jetzt durch den Dienst der Priester das Opfer dar“. Aber wie geheimnisvoll ist diese Hingabe in der hl. Messe, wie unbegreiflich dieses Opfer auf dem Altar – denn dieses Opfer geschieht ohne Leiden und Blutvergießen und doch ist es ein und dasselbe Opfer wie am Kreuz, nur die Opferweise ist verschieden.

Das erste heilige Meßopfer

Vielleicht hilft uns das erste hl. Meßopfer im Abendmahlsaal, dieses Geheimnis wenigstens einigermaßen ins Blickfeld zu rücken. Als unser Herr am Gründonnerstag das hl. Messopfer einsetzte, also dieses zum ersten Mal zusammen mit Seinen Aposteln feierte, war Sein hl. Leiden und Sein Kreuzestod noch gar nicht geschehen. Und dennoch war es dieses Opfer am Kreuz, das Er feierte und vorwegnehmend darbrachte. Es ist somit ein doppeltes Geheimnis, dem wir hier gegenüberstehen. Das zusätzliche Wunder bestand darin, daß unser Herr während dieses hl. Meßopfers nicht starb. Denn immerhin lebte Er damals am Gründonnerstag noch in Seinem sterblichen Leibe – und nicht wie jetzt verklärt im Himmel, so daß Er nicht mehr leiden und sterben kann. Im Abendmahlsaal konnte Er noch leiden und sterben, während Er das hl. Meßopfer darbrachte – und nochmals: aber Er starb nicht, denn die Art der Darbringung war anders, sie war sakramental wirklich – hier in der Vorwegnahme des Opfers am Kreuz.

Nach der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu war es, wie schon angedeutet, anders. Unser göttlicher Erlöser kann, verklärt und verherrlicht im Himmel weilend, nicht mehr leiden sterben. Und dennoch erneuert Er das Kreuzesopfer in jeder hl. Messe, da Er Opferpriester und Opfergabe zugleich ist – Nur die Opferweise ist verschieden. Gleichgeblieben sind auch noch alle Akte der Hingabe, der Demut, des Sanft- und Starkmutes, der Güte und Barmherzigkeit – kurz gesagt sind alle Akte der Liebe des göttlichen Erlöserherzens während Seines hl. Leidens und Sterbens am Kreuz auf dem Meßopferaltar ebenfalls sakramentale Wirklichkeit. So gesehen hängt unser göttlicher Erlöser während des hl. Meßopfers wirklich wieder am Kreuz, wie es viele Mystiker gesehen haben, auch wenn er aktuell nicht leidet und das Opfer unblutig erneuert.

Der Priester des Neuen Bundes als Gnadenvermittler

Es ist somit ganz und gar wahr: Im Priester des Neuen Bundes steht der ewige Hohepriester Jesus Christus am Altar. „Daraus erhellt die unaussprechliche Größe des menschlichen Priesters, der Gewalt selbst über den Leib Jesu Christi hat. Er macht ihn auf unsern Altären gegenwärtig und bringt ihn, im Namen Christi selbst, als unendlich wohlgefällige Opfergabe der göttlichen Majestät dar.“

Als Opferpriester und Verwalter der göttlichen Sakramente ist er zugleich auch Gnadenspender, wie Papst Pius XI. weiter ausführt: „Der Priester ist nun eingesetzt als «Ausspender der Geheimnisse Gottes» zum Segen dieser Glieder des geheimnisvollen Leibes Jesu Christi. Er ist der ordentliche Ausspender fast aller Sakramente; diese sind die Kanäle, durch welche die Gnade des Erlösers zum Heile der Menschheit uns zufließt. Fast bei jedem entscheidungsvollen Schritt seines Erdenweges findet der Christ an seiner Seite den Priester, bereit, ihm kraft der von Gott verliehenen Vollmacht jene Gnade mitzuteilen oder zu vermehren, die das übernatürliche Leben der Seele ist.“

Wie glücklich war das katholische Volk, als es fast überall auf der Welt noch tatsächlich so war. Der Priester war der treue Begleiter und Helfer des Katholiken auf seinem Weg zum Himmel. Nie wich er, wie der gute Hirte, von der Seite der ihm anvertrauten Schafe, wie der Papst so eindrucksvoll darlegt: „Kaum ist der Mensch zum Erdenleben geboren, da vermittelt ihm der Priester durch die Taufe die Wiedergeburt zu einem edleren und kostbareren Leben, zum übernatürlichen Leben, und macht ihn zum Kinde Gottes und der Kirche Christi. Um ihn stark zu machen für einen großmütigen geistlichen Kampf, macht ihn ein Priester, der mit besonderer Würde bekleidet ist, in der Firmung zum Streiter Christi. Sobald er das Brot der Engel zu unterscheiden und zu würdigen vermag, reicht ihm der Priester diese lebendige und lebenspendende Speise, die vom Himmel herabgestiegen ist. Ist er gefallen, dann richtet ihn der Priester im Namen Gottes wieder auf und versöhnt ihn mit Gott im Bußsakrament. Beruft ihn Gott dazu, eine Familie zu gründen und so mit ihm an der Weitergabe des menschlichen Lebens in der Welt mitzuwirken, um die Zahl der Auserwählten im Himmel zu vermehren, dann ist der Priester zur Stelle, um seine Ehe und seine keusche Liebe zu segnen. Und wenn der Christ an der Schwelle der Ewigkeit angekommen ist und Stärkung und Ermutigung benötigt, bevor er vor dem Richterstuhle Gottes erscheint, dann neigt sich der Priester über den schmerzenden Leib des Kranken und reinigt und stärkt ihn mit dem heiligen Öl. Hat endlich der Priester den Christen so auf der Erdenpilgerschaft bis zur Pforte des Himmels begleitet, dann geleitet er den Leib zum Grabe mit den heiligen Zeremonien und Gebeten, die voll unsterblicher Hoffnung sind, und folgt der Seele über die Schweller der Ewigkeit, um ihr mit christlicher Fürsprache zu helfen, falls sie noch der Reinigung und Tröstung bedarf. So ist der Priester von der Wiege bis zum Grabe, ja bis zum Himmel an der Seite der Gläubigen: als Führer und Tröster, Diener des Heiles, Spender von Gnaden und Segnungen.“

Die heilige Kirche und ihr «Dienst am Worte»

Erwägt man diese allseitige Gnadenbegleitung des Katholiken, so kann man nur klagen, wie arm die Menschen sind, die meinen, keinen Priester zu brauchen. Wie gefahrvoll ist unser Weg zum Himmel, wie vielfältig sind die Versuchungen und Prüfungen des Lebens! Da wird man ohne die Hilfe eines Priesters sicherlich schnell in die Irre gehen oder schließlich auf dem Weg ermüden. Genauso wie man ohne die Hilfe des ewigen Hohenpriesters nicht gerettet werden kann, so kann man auch normalerweise ohne Priesterhilfe das ewige Heil nicht gewinnen, fließen uns doch die Gnaden hauptsächlich durch Vermittlung der hl. Sakramente zu, deren Ausspender wiederum der Priester ist.

Hinzu kommt heutzutage noch die geistige Verwirrung durch die vielfältigen modernen Irrtümer, die ebenfalls die Hilfe durch den Priester der hl. Kirche besonders notwendig machen, wie nochmals Pius XI. extra hervorhebt: „Inmitten der Verirrungen des menschlichen Denkens, das gleichsam aufgebläht ist durch eine falsche Freiheit von jedem Gesetz und jeder Bindung, inmitten der erschreckenden Verderbnis menschlicher Schlechtigkeit, erhebt sich als heller Leuchtturm die Kirche. Sie verurteilt jede Abweichung von der Wahrheit nach rechts und nach links und weist allen und jedem den rechten Weg. Kraft der unfehlbaren Verheißungen, auf denen er steht, kann dieser Leuchtturm nie verlöschen. Aber wehe, wenn er daran gehindert wird, sein segenbringendes Licht in Fülle auszusenden! Wir sehen es ja mit eigenen Augen, wohin die Welt dadurch gekommen ist, daß sie in ihrem Stolz die göttliche Offenbarung verworfen hat und – wenn auch unter dem trügerischen Anschein der Wissenschaft – falschen Theorien der Philosophie und Sittenlehre gefolgt ist. Wenn die Welt auf der abschüssigen Bahn des Irrtums und des Lasters nicht noch tiefer abgeglitten ist, dann schuldet sie das dem Licht der christlichen Wahrheit, das immer noch in die Welt hineinstrahlt. Nun wohl, diesen ihren «Dienst am Worte» übt die Kirche durch die Priester aus. In weiser Ordnung sind diese von ihr auf die verschiedenen Stufen der heiligen Hierarchie verteilt und werden von ihr in alle Länder ausgesandt als unermüdliche Bannerträger der Frohbotschaft, die allein wahre Kultur erhalten, bringen oder neu erstehen lassen kann.“

Das Versagen einer Mehrheit der Priester

Diese Wahrheit wird uns heute durch ihr Gegenteil bewiesen: Wenn die Mehrheit der Priester versagt, dann muß die ganze Gesellschaft „auf der abschüssigen Bahn des Irrtums und des Lasters“ immer noch tiefer abgleiten und schließlich in den Abgrund stürzen, wie wir es die letzten Jahrzehnte erlebt haben. Durch die feindliche Übernahme der kirchlichen Institutionen wurden diese, die ein heller Leuchtturm der göttlichen Wahrheit sein sollten, eine Wohnstatt der geistigen Pest und Cholera. Von dieser Menschenmachwerkskirche aus verbreiteten sich alle Irrtümer in der ganzen katholischen Welt und verführten die überwiegende Mehrheit der Katholiken zum Glaubensabfall. Diejenigen, die den göttlichen Segen ausspenden sollten, verbreiteten einen unheimlichen Fluch. Hierin zeigt sich am eindringlichsten, was der Lateiner in dem Spruch zu Ausdruck bringt: „Corruptio optimi pessima“ – die Korrumpierung der Besten ist das Schlimmste. Durch den Modernismus wurden schon lange vor dem sog. Konzil immer mehr Priester vom Geist der antichristlichen Welt angesteckt, die „in ihrem Stolz die göttliche Offenbarung verworfen hat und – wenn auch unter dem trügerischen Anschein der Wissenschaft – falschen Theorien der Philosophie und Sittenlehre gefolgt ist“. Man kann es kaum fassen, wenn man sehen muß, daß die Söhne der hl. Kirche sich scharenweise solchen Irrtümern angeschlossen haben, sodaß sie schließlich zum Verderben unzähliger Seelen bedenkenlos einer neuen „Kirche“ das Wort redeten.

Schon Pius XI. hat die Priester gemahnt und gewarnt, konnte aber damals immerhin noch feststellen: „Sind auch die Schwächen einiger Unwürdiger noch so beklagenswert und schmerzlich, so vermögen sie doch den Glanz einer so hohen Würde nicht zu verdunkeln; zumal da man ihretwegen die Verdienste so vieler Priester nicht vergessen darf, die sich durch Tugend und Wissen, durch Werke des Seeleneifers, ja selbst durch das Martyrium ausgezeichnet haben. Dazu kommt, daß die Unwürdigkeit des Trägers keineswegs die Ausübung des Amtes ungültig macht. Die Unwürdigkeit des Spenders berührt nicht die Gültigkeit der Sakramente. Diese empfangen ja ihre Wirksamkeit vom Blute Christi, unabhängig von der Heiligkeit des Werkzeuges: sie üben ihre Wirksamkeit nach dem Sprachgebrauch der Scholastik ex opere operato (kraft des vollzogenen Werkes) aus. Trotzdem verlangt gerade die Würde des Priesters in ihrem Träger eine hohe Gesinnung, eine Reinheit des Herzens und eine Heiligkeit des Lebens, wie sie der Erhabenheit und Heiligkeit des priesterlichen Amtes entspricht. Dieses macht ja, wie Wir schon gesagt haben, den Priester zum Mittler zwischen Gott und den Menschen, in Vertretung und im Auftrage dessen, welcher ist «der eine Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Jesus Christus».“

Das Mysterium unserer Frömmigkeit

Der katholische Priester ist ein „zweiter Christus“, der noch viel mehr als jeder andere Gläubige mit dem hl. Paulus sagen können sollte: „Ich lebe – aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Sofern ich noch im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.“

Es handelt sich bei unserem Glauben – wie man nie genug betonen kann – nicht um eine abstrakte Wahrheit und noch weniger um irgendeine Philosophie oder Soziallehre; das Mysterium unserer Frömmigkeit ist Jesus Christus in Person, als lebendige Wahrheit, welche alle Menschen in sich hineinziehen möchte, um sie mit Gott zu verbinden. Der apostolischen und lehrenden Kirche ist diese geoffenbarte Wahrheit anvertraut. Sie hat von Gott die Sendung erhalten, sie ohne Wanken und Abstriche zu bewahren wie eine starke Säule und eine Stützmauer (vgl. 1 Tim 3, 15). Wie unverbrüchlich muß dieses Bewahren, wie fest muß dieses Standhalten gegenüber dem Druck von Gegenkräften nach diesen Bildern sein! Während Petrus dazu bestimmt war, der unerschütterliche Fels zu sein, auf dem die Kirche Jesu Christi aufruht, bilden die Bischöfe und die Priester gleichsam die Mauern dieses Gebäudes. Wie der Tempel des Alten Bundes, das Haus Gottes, die Bundeslade enthielt, so setzt sich in der Kirche die Menschwerdung des göttlichen Mittlers fort. Im Allerheiligsten des Neuen Bundes thront Jesus Christus verborgen in der hl. Hostie, Er, der die Opferfrucht des hl. Meßopfers ist.

Der Ort der göttlichen Heilstätigkeit

Nach dem Zeugnis des Epheserbriefes hat sich die göttliche Weisheit in Christus durch das hl. Evangelium und durch hl. die Kirche geoffenbart (3, 6, 10). Diese beiden Ausdrücke bedeuten nahezu das gleiche und heben zwei Aspekte des Heilsgeheimnisses hervor (3, 9): Christus ist einerseits die Offenbarung Gottes, der alle Menschen zum Heil bringen will; anderseits setzt die hl. Kirche diese Offenbarung, diese Vermittlung zwischen Gott und der Menschheit fort; sie ist der Ort, wo diese Heilstätigkeit sich ständig weitervollzieht, der Ort, an dem die einzelne Seele zum ewigen Heil der Himmelsherrlichkeit geführt wird. Deshalb gibt es außerhalb dieser Kirche kein Heil.

Der Priester nun, der wahrhaft die Geheimnisse Gottes verwalten möchte, kann dies nur tun, wenn er diese genügend kennt und sie sich zudem vollkommen zu eigen gemacht hat. Ein Priester, der das „Geheimnis des Glaubens“ nicht mehr kennt, ist sicherlich ein schlechter Priester. Denn wie will er ohne Kenntnis der Glaubensgeheimisse noch diesem Geheimnis entsprechend leben können und es täglich auf dem Altar feiern? Etwas konkreter auf unsere Zeit bezogen gesprochen: Wie kann ein katholischer Priester, der das „Geheimnis des Glaubens“ kennt und sich zu eigen gemacht hat, anfangen, die sog. Neue Messe zu lesen, ohne in Gewissenskonflikt zu kommen? Wie kann er diese Ehrfurchtslosigkeiten am heiligen Ort dulden oder gar das Sakrileg der Handkommunion? Wir müssen leider rückblickend feststellen, es war nur noch eine kleine Minderheit, die nach Einführung all dieser „Neuerungen“ Gewissenskonflikte bekam und sich weigerte, diesen freimaurerischen Afterritus zu zelebrieren und den Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte überhaupt noch wahrzunehmen.

Schaut man auf die letzten eineinhalb Jahrhunderte zurück, so beginnt man zu zweifeln, ob der übernatürliche, göttliche Glaube von den Priestern noch genügend ernst genommen worden ist. Pius XI. forderte noch von seinen Priestern: „Der Priester muß die katholische Glaubens- und Sittenlehre vollkommen beherrschen. Er muß sie vortragen können und fähig sein, Rede und Antwort zu stehen über die Dogmen, Gesetze und den Kult der Kirche, deren Diener er ist. Die Unwissenheit in religiösen Fragen, die trotz des Fortschrittes der weltlichen Wissenschaft tatsächlich den Geist so vieler Zeitgenossen verdunkelt, muß er bekämpfen. Nie war die Mahnung Tertullians so zeitgemäß wie heute: «Das eine verlangt indessen die Wahrheit: nicht ungehört verurteilt zu werden.» Es ist Pflicht des Priesters, seine Zuhörer von Vorurteilen und Irrtümern zu befreien, die der Haß der Gegner aufgehäuft hat. Dem modernen Menschen, der so sehnsüchtig die Wahrheit sucht, muß er sie mit unbefangenem Freimut zeigen können. Den Seelen, die noch suchen und von Zweifeln gequält sind, muß er Mut und Vertrauen einflößen und sie mit ruhiger Sicherheit zum sicheren Hort des bewußt und fest angenommenen Glaubens führen. Den Angriffen des anmaßenden und hartnäckigen Irrtums muß er einen mutigen und starken, aber doch ruhig besonnenen und gut begründeten Widerstand entgegensetzen können.“

Das Eindringen des Modernismus in die Priesterseminare

Wenn es doch nur so gewesen wäre! Aber der Modernismus drang immer mehr in die Seminare ein, verseuchte den Geist der jungen Priester und man tat weitgehend so, als würde es gar keinen Modernismus in der Kirche geben. Dabei hätte man gerade diesem hartnäckigen Irrtum einen mutigen und starken, aber doch ruhig besonnenen und gut begründeten Widerstand entgegensetzen müssen. Was war der Grund für diese so bedauernswerte und gefährliche Verblendung? War es nicht schon ein vom Weltgeist angestecktes Studium?

Der Papst bestand jedenfalls darauf: "Deshalb, ehrwürdige Brüder, ist es für den Priester eine Notwendigkeit, das ernste und gründliche Studium der Theologie mit Rücksicht auf seine Aufgaben auch mitten im Drang der Geschäfte seines heiligen Amtes fortzusetzen. So wird er zu der hinreichenden wissenschaftlichen Ausbildung, die er aus dem Seminar mitgebracht hat, immer reichere theologische Kenntnisse hinzuerwerben und sich somit für Predigt und Seelenleitung immer fähiger machen. Um ferner seinem Amte Ansehen zu verschaffen und sich, wie es sich gehört, beim Volke Vertrauen und Achtung zu erwerben, was mächtig dazu beiträgt, seine Seelsorgertätigkeit erfolgreicher zu gestalten, muß der Priester jene Bildung, auch soweit sie nicht streng theologischer Natur ist, besitzen, die Gemeingut der Gebildeten unserer Zeit ist. Das heißt: Er soll in gesunder Weise modern sein, wie es die Kirche ist, die alle Zeiten und Länder umspannt und sich allen anpaßt, sowie alle gesunden Bestrebungen segnet und fördert und sich auch nicht fürchtet vor den kühnsten Fortschritten der Wissenschaft, wenn sie nur wahre Wissenschaft ist. Immer zeichnete sich der katholische Klerus auf allen Gebieten des menschlichen Wissens aus. Ja, es gab Zeiten, wo er dermaßen in der Vorhut der Wissenschaft stand, daß «Kleriker» gleichbedeutend wurde mit «Gelehrter». Und die Kirche hat nicht nur die Schätze der antiken Kultur behütet und bewahrt, die ohne sie und ihre Klöster fast ganz verlorengegangen wären, sondern auch in ihren größten Gelehrten bewiesen, wie jede menschliche Erkenntnis zur Erläuterung und Verteidigung des katholischen Glaubens dienen kann. Dafür haben Wir selbst der Welt noch jüngst ein leuchtendes Beispiel vor Augen geführt, als Wir jenen großen Lehrer des noch größeren Aquinaten mit dem Glorienschein des Heiligen und der Aureole der Kirchenlehrer schmückten, jenen Albert den Deutschen, den schon seine Zeitgenossen mit den Beinamen «der Große» und Doctor Universalis ehrten.“

Glaube und Wissenschaft

Damit ist das Ideal umschrieben. Der Papst wünscht sich einen Priester, der begeistert ist von der hl. Glaubenswissenschaft und zudem „jene Bildung, auch soweit sie nicht streng theologischer Natur ist“, besitzt, „die Gemeingut der Gebildeten unserer Zeit ist. Das heißt: Er soll in gesunder Weise modern sein, wie es die Kirche ist, die alle Zeiten und Länder umspannt und sich allen anpaßt, sowie alle gesunden Bestrebungen segnet und fördert und sich auch nicht fürchtet vor den kühnsten Fortschritten der Wissenschaft, wenn sie nur wahre Wissenschaft ist.“

Im letzten Satz aber lag wohl damals schon die nicht geringe Schwierigkeit und Gefahr, denn was ist noch wahre Wissenschaft und was wahrer Fortschritt? Hat doch gerade der Modernismus gefordert, der Katholik müsse seinen Glauben dem Fortschritt der Wissenschaft angleichen. Es ist eine Tatsache, mit dem Fortschreiten der atheistischen Wissenschaften wurde eine allgemeine katholische Bildung immer schwieriger. Das hatte auch Auswirkungen auf die Priesterausbildung. Es gab keine Heiligen vom Format einen hl. Albert mehr, Heilige, die fähig gewesen waren, die wahre universale Wissenschaft, die gestützt ist auf den hl. Glauben, weiterzuführen. Die Welt des Wissens brach auseinander und die dilettantischen Klebeversuche der vom Modernismus angekränkelten Theologen schlugen alle fehl. Darum erlitt der Glaube der allermeisten Priester Schiffbruch. Die Menschenmachwerkskirche ist letztlich das Produkt dieses Glaubensschiffbruchs.

Schon Pius XI. hatte damals eingesehen müssen: „Sicher kann man heute eine solche Vorrangstellung auf allen Wissensgebieten vom Klerus nicht mehr verlangen.“ Das ist zweifelsohne wahr. Die Kirche konnte nicht milliardenteure Forschungsanlagen bauen und im Wettbewerb des Wahnsinns mitmachen. Aber sie hätte wenigstens die göttliche Wissenschaft auf höchstem Niveau halten können, wenn die vielen Söhne der Kirche, die Priester, noch begriffen hätten, um was es eigentlich inzwischen ging – nämlich um alles oder nichts!

Eine Mahnung Pius‘ XII.

Machen wir hierzu noch einen kleinen zeitlichen Sprung nach vorne, von Pius XI. zu Pius XII. Dieser schreibt in seiner Apostolischen Ermahnung „Menti Nostrae“:

„Wir halten es endlich für unsere Aufgabe, ehrwürdige Brüder, euch auf die ganz besonderen Schwierigkeiten unserer Zeit hinzuweisen. Wir dürfen gewiß als bekannt voraussetzen, daß unter den Priestern, besonders unter denen, die sich vor ihren Mitbrüdern weder durch Bildung und Wissen noch durch strenge Lebensführung auszeichnen, eine ständig weiter um sich greifende und bedenkliche Neuerungssucht schwelt. An sich ist Neuheit kein Zeichen für Wahrheit; sie ist sogar einzig unter der Bedingung zu loben, daß sie zugleich die Wahrheit bekräftigt und zu Rechtschaffenheit und Tugend führt.
Unsere Zeit krankt fürwahr an schweren Verirrungen. Da ist zu beklagen, daß verschiedene Arten von philosophischen Systemen auftauchen und wieder verschwinden, ohne das sittliche Verhalten der Menschen irgendwie gebessert zu haben. Da kann man durch Formlosigkeit auffallende Kunstwerke sehen, die sich nichtsdestoweniger fälschlich christlich nennen. Der Verwaltungsapparat dient vielerorts mehr dem Wohlergehen einzelner Bürger als dem Gemeinwohl. Die Wirtschafts- und Sozialordnung birgt mehr Gefahren für die anständigen als für die durchtriebenen Menschen. Es ist verständlich, daß es in unseren Tagen Priester gibt, die sich irgendwie von diesen Dingen anstecken lassen. Sie nehmen bisweilen auch in Kleidung und Körperpflege Anschauungen und eine Lebensart an, die in gleicher Weise ihrer Würde wie ihrem Amt widersprechen. Sie lassen sich sowohl in den Predigten an das Volk als auch in der Widerlegung der Gegner von der Sucht nach Neuheit leiten. Sie schwächen dadurch nicht nur ihren Glauben, sondern schaden auch ihrem Ruf und beeinträchtigen den Erfolg des priesterlichen Wirkens.“
(Sacerdotis Imago, Päpstliche Dokumente über das Priestertum, In deutscher Fassung herausgegeben von Anton Rohrbasser, Paulusdruckerei Freiburg-Schweiz 1962, S. 183)

...und die Erfüllung der Prophetie von La Salette

In diesen Mahnworten zeichnet sich schon die moderne „Kirche“ ab, die trotz der schon recht einsamen Bemühungen des Papstes immer schneller die Oberhand gewinnen wird, um auf dem 2. Vatikanum den Sieg davonzutragen. Heute wissen wir, der Geist der Moderne wird die Seminare erobern und die Neuerungssucht wird Formen annehmen, die sich Pius XII. sicher nicht hat vorstellen können. Der priesterliche Geist wird durch die Irrlehre des Modernismus erstickt werden – alle Priester werden schließlich mit einer Mahlfeier zufrieden sein, abgehalten an einem Tisch, der Gemeindevorsteher umgeben von unterhaltungshungrigen Irrgläubigen, denen nichts mehr zu banal und ehrfurchtslos ist. So ist es geschehen: Eine Eventreligion hat die göttliche Offenbarungsreligion abgelöst – und fast kein Katholik hat es wahrgenommen, bis heute nicht wahrgenommen. Was für eine Tragödie!

Erst jetzt – denken wir an die Skandale der vergangenen Jahre, darunter vor allem die sich häufenden Mißbrauchsfälle – enthüllen die Worte der weinenden Jungfrau von La Salette ihre ganze harte Wahrheit, erscheinen sie uns doch nicht mehr als Prophetie, sondern wie ein Tatsachenbericht: „Die Priester, Diener meines Sohnes, sind durch ihr schlechtes Leben, ihre Ehrfurchtslosigkeiten, ihre Pietätlosigkeit bei der Feier der heiligen Geheimnisse, durch ihre Liebe zum Gelde, zu Ehren und Vergnügungen Kloaken der Unreinigkeit geworden. Ja, die Priester fordern die Rache heraus, und die Rache schwebt über ihren Häuptern. Wehe den Priestern und den gottgeweihten Personen, die durch ihre Treulosigkeiten und ihr schlechtes Leben meinen Sohn von neuem kreuzigen! Die Sünden der gottgeweihten Personen schreien zum Himmel und rufen nach Rache, und siehe, die Rache ist vor ihren Türen; denn es gibt niemand mehr, der die Barmherzigkeit und die Verzeihung für das Volk erfleht; es gibt keine großherzigen Seelen mehr; es gibt niemand mehr, der würdig wäre, das makellose Opferlamm dem Ewigen zugunsten der Welt aufzuopfern.“

Wenn das nicht Endzeit ist! Das wahre Priestertum unseres Herrn Jesus Christus ist überall auf der Welt am Erlöschen. Es ist nur noch eine kleine Herde übriggeblieben, die zerstreut sich bemüht, den wahren Glauben zu bewahren und vereint mit dem ewigen Hohenpriester, der im Priester am Altar vor ihnen seht, „das makellose Opferlamm dem Ewigen zugunsten der Welt aufzuopfern“. Möge uns Gott in allen Gefahren beistehen! Möge uns der ewige Hohepriester durch alle Prüfungen hindurch in Seine ewige Herrlichkeit führen.