Schildbürgertheologen

Eine der kuriosesten Erscheinungen unter den konzilskirchlichen Traditionalistengruppen ist sicher die Priesterbruderschaft St. Pius X. Der große und letzte heilige Papst kann einem so richtig leid tun, daß er für die Namensgebung dieser Gemeinschaft herhalten muß, denn der hl. Pius X. mit seinem klaren antimodernistischen Geist paßt zu dieser Gemeinschaft wirklich wie die Faust aufs Auge.

Vor einiger Zeit wurde uns ein Aufsatz eines Priesters dieser Gemeinschaft zugesandt, den er „mit Erlaubnis des Generalhauses der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Menzingen“ veröffentlichen durfte – also ohne Angst haben zu müssen, nach Honolulu, Hawai oder die Dominikanische Republik versetzt zu werden, weil er womöglich nicht dem Meinungsterror des Generaloberen entspricht. Der Schreiber der Zeilen, P. Paul Robinson, „ist Dozent am Priesterseminar der Bruderschaft in Australien“ und geht der Frage auf den Grund, „ob ein Papst den traditionellen Glauben haben muß, damit für die Priesterbruderschaft eine kanonische Anerkennung aus seinen Händen annehmbar ist“.

Ein Katholik findet diese Frage zwar absurd, aber die Hochw. Herren der Piusbruderschaft werden seit Jahren von ihr umgetrieben, weil sie ja eine Wiedervereinigung mit den Modernisten in Rom wollen – oder eben auch nicht. Die Gemeinschaft ist bekanntlich in dieser Frage gespalten, was durchaus verständlich ist, denn wie soll man auf dem Boden des Wahnsinns eine verbindliche Einheitsbasis errichten können?

Das sehen natürlich die Piusbrüder ganz anders, ist doch für sie die Menschenmachwerkskirche immer noch die Kirche Jesu Christi, weshalb sie ja auch die Pseudopäpste der letzten Jahrzehnte als legitime Päpste ihrer Kirche meinen anerkennen zu müssen. Damit haben sie sich jedoch ein ziemlich schwerwiegendes und im Grunde unlösbares Problem um den Hals gehängt. Aber auch das wollen die Piusbrüder nicht einsehen und halten deswegen hartnäckig an ihrer eigentümlichen Sichtweise fest.

Ein echter Theologe würde natürlich allein schon bei der Frage, „ob ein Papst den traditionellen Glauben haben muß“, aufmerken und sich sodann die anderen Unsinnigkeiten ersparen, denn ein Papst, der nicht den traditionellen Glauben hat, kann niemals Papst sein. Wobei ein echter Theologe bei dieser Antwort nochmals stocken würde, denn was genau ist ein „traditioneller“ Glaube? Anders gefragt: Ist ein „traditioneller“ Glaube gleichbedeutend mit katholischer Glaube? Das kommt doch darauf an, was man unter Tradition versteht. Daß die Piusbrüder darunter nicht die katholische Tradition begreifen, versteht sich von selbst, denn ihre Tradition besagt ja, daß ihr Papst gar nicht katholisch sein muß. Was doch jedem Katholiken sehr merkwürdig erscheint, äußerst merkwürdig sogar.

Bei den „theologischen“ Lösungsansätzen der Piusbrüder wird man immer wieder an die Schildbürger erinnert, die bekanntlich ein Haus ohne Fenster bauten und sodann das Licht in Eimern ins Haus tragen mußten, was freilich das Konstruktionsproblem ihres Hauses nicht lösen konnte und zudem kein Licht ins Haus brachte. Auch unser Dozent aus dem australischen Piusseminar scheint solch ein Schildbürgertheologe zu sein, der verzweifelt Licht in eine Sache bringen möchte – mit seinem theologischen Eimer. Demgemäß sehen wir ihn also im Haus umhertasten, einen Eimer suchen, sich zur Haustüre vorarbeiten, es ist mitten im Winter, darum kalt, und es ist 20.00 Uhr, also schon stockdunkel. Das ficht unseren Schildbürger jedoch nicht an, er holt sich eine Taschenlampe, geht mit seinem Eimer vor die Türe, leuchtet in seinen Eimer hinein und geht ganz zufrieden mit sich und seiner Welt wieder ins Haus. Dort schaut er gespannt in den Eimer. Weil er aber nichts sehen kann, schaltet er seine Piustheologentaschenlampe nochmals an und ist ganz begeistert, denn siehe da, es ist plötzlich Licht in dem Eimer!

Lassen wir den Herrn Dozenten von der Robinsoninsel nun einmal erklären, was er im Licht seiner Piustaschenlampe an lichtvollen Erkenntnissen gewonnen hat.

Zunächst faßt er ganz kurz die Meinung seiner Gegner zusammen – also die Meinung jener Priester seiner Gemeinschaft, die gegen eine Wiedervereinigung mit dem modernistischen Rom sind: „Diejenigen, die diese Meinung vertreten, vertreten auch implizit die Position, daß Papst Franziskus nicht denselben Glauben hat wie die Priesterbruderschaft und auch nicht dasselbe Ziel verfolgt. Daher wäre es schon im Prinzip falsch, eine kanonische Anerkennung aus der Hand von Papst Franziskus zu akzeptieren. Und nicht nur das, es wäre auch unlogisch, denn ‚eine kanonische Einheit ohne eine wirkliche Einheit wäre ... ein Widerspruch.‘“

Wie jeder weiß, der mit den Piusbrüdern schon einmal zu tun hatte, haben diese es nicht so sehr mit der Logik und Stringenz der Argumente – immer dann nämlich, wenn es um ihre „Wahrheit“ geht. Wenn man die falsche Voraussetzung annimmt – was der Herr Pater genauso macht wie seine Gegner, nämlich, daß der Papst den traditionellen Glauben (= Piusglauben) nicht hat, aber trotzdem ihr Papst ist, dann ist das Argument seiner Gegner doch durchaus stringent. In einer Glaubensgemeinschaft sollte doch wohl der gemeinsame Glaube die Voraussetzung aller Gemeinsamkeiten sein, woraus sich auch das gemeinsame Ziel ableiten soll und ableiten muß. Also ist eine Wiedervereinigung mit den modernistischen Römern nicht möglich, solange diese nicht den Piusglauben annehmen. Denn die Gemeinsamkeit einer Glaubensgemeinschaft wird doch allein durch das gemeinsame Ziel ermöglicht, also den gemeinsamen Glauben.

Nun wollen aber die Piusoberen diese Wiedervereinigung mit aller Kraft – wobei die Kraft immer dann recht kraftlos sich zeigt, wenn es ernst wird, denn irgendwie scheint ihr „General“ immer dann, wenn es ernst wird, an krankhafter Entscheidungsunfähigkeit zu leiden. Jedenfalls haben es die Piusbrüder recht schwer, zu wissen, was sie wollen sollen, denn seit dem Jahr 2000 arbeitet man fieberhaft an diesem Deal der Wiedervereinigung, aber nie scheint all ihr emsiges und umtriebiges Bemühen von Erfolg gekrönt zu sein. Außer man verbucht die Rauswürfe oder Weggänge einer ganzen Reihe von Priestern als Erfolg, wie der eine oder andere in ihrer Führungsriege.

Doch kommen wir zurück zur Theorie unseres Robinsontheologen auf seiner einsamen Insel. Was entdeckt er mit seiner Piustaschenlampe bewaffnet in seinem Piuseimer? DEN ERZBISCHOF!
Bei den Piusbrüdern gibt es bekanntlich nur einen einzigen Erzbischof, nämlich ihren Gründer Marcel Lefebvre. Will man die Ausführungen eines Piusideologen einigermaßen verstehen, muß man sich an das Grundprinzip der Piusideologie erinnern. Es gibt für diese nur ein Lehramt: Erzbischof Lefebvre ist für die Piusbrüder das MASS ALLER DINGE.

Das gilt, man höre und staune, nach unserem Dozenten nicht nur für die Lehre, sondern sogar auch für die Taten von Marcel Lefebvre! Kein Bischof, kein Kardinal, kein Papst der katholischen Kirche ist in seinen Taten unfehlbar, aber Marcel Lefebvre ist es für seine Anhänger.

Hören Sie selbst, was P. Robinson dazu weiß: „Die erste Tatsache, die festgestellt werden muß, ist, daß die erstgenannte Position im Gegensatz zu dem Geist steht, der die ganze Geschichte der Priesterbruderschaft beseelt. Werfen wir also einen Blick in diese Geschichte, um zu sehen, daß dies tatsächlich der Fall ist. Es scheint nicht allzu schwer zu begründen, daß Papst Paul VI. starke modernistische Tendenzen hatte. Die Priesterbruderschaft wurde aber unter dem Pontifikat von Paul VI. kanonisch errichtet und als eine ‚pia unio‘ von 1970-75 anerkannt. Und daher kann es, zumindest im Denken des Erzbischofs, nicht unter allen Umständen falsch sein, mit einem modernistischen Papst soweit zusammenzuarbeiten, um unter ihm eine kanonische Struktur zu haben.“ Hierauf geht der Piusideologe noch auf die Ereignisse in Zusammenhang mit den Bischofsweihen von 1988 ein, woraus er sodann schließt: „...modernistische Ärgernisse sind aus sich selbst heraus noch kein Hinderungsgrund, eine kanonische Anerkennung aus den Händen derer zu empfangen, die diese Skandale verursacht haben.“

Ist das wirklich so eindeutig, wie es der Piusideologe uns weismachen möchte? Immerhin hatte DER ERZBISCHOF in einem atemberaubendem Zick-Zack-Kurs für seine Gemeinschaft, nachdem er die erbetenen Zeichen zu einer Bischofsweihe bekommen hatte, zwar zunächst dennoch eine Übereinkunft mit Rom angestrebt, die er aber dann, obwohl er die gemeinsame Vorgehensweise schon mit seiner Unterschrift gebilligt hatte, wiederum verwarf, weil er anscheinend über Nacht das Vertrauen in seine Verhandlungspartner verloren hatte. Es zeigte sich wieder einmal, daß ihn die modernistischen Ärgernisse solange nicht störten, als sie seiner Bruderschaft nicht im Wege standen, denn gut ist für die Piusbrüder letztlich immer das, was ihrer Gemeinschaft nützt. Schließlich hatte er aber doch wieder die Ärgernisse hervorkehren müssen, um seine Bischofsweihen ohne Erlaubnis Roms rechtfertigen zu können! Dabei ging es damals – 1988! – schon um die Garantie, so bleiben zu dürfen, wie man ist.

Unser Dozent unterschlägt also zumindest die Hälfte der geschichtlichen Tatsachen, welche jedoch von den Widerständlern eifrig ins Feld geführt werden und faßt seine Gedanken schließlich so zusammen: „Demnach war also für ihn die Einschätzung des Glaubens des Papstes die Grundlage für die Beurteilung der Annahme einer kanonischen Anerkennung – nicht in der Hinsicht, ob es möglich ist, sondern vielmehr ob es klug ist. Wenn man dem Papst vertrauen kann, daß er die Priesterbruderschaft so bestehen lässt, ‚wie sie ist‘ und sie ihr Apostolat ausüben kann – das ‚Experiment der Tradition‘ machen kann – mit genügender Selbstständigkeit, dann ist die kanonische Anerkennung ein Gut für die Kirche und sollte angenommen werden.“

Also: Der Glaube des Papstes ist den Piusbrüdern vollkommen gleichgültig, solange dieser ihnen die Gewähr gibt, so bleiben zu dürfen, wie sie sind, und solange er ihnen zugesteht, ihr „Experiment der Tradition“ munter und ungestört machen zu können. Und das nennen sie sodann klug!

Man müßte eigentlich denken, für jeden Katholiken sei der Irrsinn dieser Ansicht evident, also leicht einsehbar. Denn, wenn es so wäre, wie die Piusbrüder es sagen und, man faßt es kaum, auch so meinen, dann wäre die Kirche Jesu Christi nicht mehr als ein Verein für religiöse Bekenntnisse aller Art, in dem der konkrete Glaube des einzelnen überhaupt keine Rolle spielt. Deswegen hat natürlich auch der Glaube des Vereinsvorsitzenden keinerlei Bedeutung für die Ziele des Vereins. Und während die Mehrheit der Mitglieder dieses Vereins den Irrlehren des Modernismus folgen und ihre bunten liturgischen Events feiern, darf daneben natürlich auch eine kleine Minderheit ihre Traditionsspiele abhalten und ihr „Experiment der Tradition“ machen. Solange man sie dabei in Ruhe läßt, sind diese auch ganz zufrieden, denn „dann ist die kanonische Anerkennung ein Gut für die Kirche und sollte angenommen werden“. Das ist wohl die der Armut des Franziskus gemäße Bescheidenheit der Piusbrüder.

Man muß leider feststellen, daß die Piusbrüder offensichtlich nicht mehr in der Lage sind einzusehen, daß derartige Verhandlungsspiele nur mit dem modernistischen Rom möglich sind und mit Modernisten-“Päpsten“, die keine wahren Päpste mehr sind. Wenn die Piusbrüder etwa zu ihrem Patron, den hl. Pius X. gekommen wären – zweifellos einem echten katholischen Papst – und ihm gesagt hätten, sie wollen wieder in den Schoß der römischen Kirche zurückkehren, aber er müsse sie so, wie sie sind, und mit der Garantie einer weitgehenden Autonomie akzeptieren, dann hätte dieser sicherlich geantwortet: Dann bleiben Sie bitte, wo Sie sind. Denn entweder Sie unterwerfen sich dem Stellvertreter Jesu Christi und leisten ihm den geschuldeten Gehorsam oder nicht. Wenn Sie nicht dazu bereit sind, dann können sie niemals katholisch werden. Und warum wollen Sie das eigentlich, wenn Sie sowieso so bleiben wollen, wie sie sind? Letztlich sind Sie dann eine bloße Sekte mit ihrem eigenen Lehramt, ihrem eigenen Papst und ihrem eigenen Glauben.

Unser Piusideologe würde darauf ein wenig verlegen werden – und weiter nachdenken, d.h., er würde wieder seinen Eimer nehmen, zur Türe gehen, nochmals ins Haus gehen und die Taschenlampe holen, denn es ist 21.00 Uhr und stockdunkel draußen, würde sodann draußen eine Zeit lang auf das Licht warten, schließlich mit seiner Taschenlampe in den Eimer leuchten, um ganz zufrieden ins Haus zurückzukehren, weil er doch noch eine neue Erleuchtung in seinem Eimer eingefangen hat.

Das neue Licht der Pius-Einsicht hört sich so an: „Dieselbe Linie hat die Priesterbruderschaft verfolgt in ihren Verhandlungen mit der römischen Hierarchie im 21. Jahrhundert. Die Priesterbruderschaft ist nie nach Rom gegangen, um den Papst und die Hierarchie zu bitten, zum traditionellen Glauben zurückzukehren, bevor man die Möglichkeit einer kanonischen Anerkennung überhaupt in Betracht gezogen hat. Sie hat nie ein Glaubensbekenntnis des Papstes verlangt, eine Widerrufung von Häresien, einen Syllabus von Irrtümern oder irgendetwas dergleichen. So etwas würde bedeuten, daß die Priesterbruderschaft höher und der Papst ihr untergeben wäre, daß es daher eher eine Frage des Papstes gewesen wäre, die rechtliche Anerkennung von der Priesterbruderschaft zu erhalten, als umgekehrt. Kurz gesagt, es würde einen schismatischen Geist bedeuten.“

Diejenigen, die noch nicht dabei ermüdet sind, die unendliche Geschichte der Piusannäherung an das modernistische Rom zu verfolgen, werden aufgrund dieser Behauptung etwas verwundert sein, denn die Tatsachen sprechen doch eine ganz andere Sprache. An anderer Stelle haben wir das schon satirelos dargelegt (Lefebvristische dogmatische Theologie). Dort haben wir u.a. daran erinnert, daß das „Pius-Generalkapitel“ im Jahr 2006 folgende Erklärung abgegeben hat: „In der Tat haben die Kontakte, die sie [die Bruderschaft] mit den römischen Autoritäten sporadisch unterhält, allein zum Ziel, ihnen zu helfen, sich die Tradition wieder zu eigen zu machen, die die Kirche nicht verleugnen kann, ohne ihre Identität zu verlieren, und nicht das Suchen eines Vorteils für die Bruderschaft selbst, oder ein unmögliches, rein praktisches ‚Abkommen‘ zu erreichen. An dem Tag, an dem die Tradition ihre Rechte wiedererlangt, ‚ist das Problem der Wiederversöhnung gegenstandslos und die Kirche wird eine neue Jugend finden‘ [Brief von Mgr. Lefebvre vom 2. Juni 1988 an Papst Johannes Paul II.].“

Man darf wohl annehmen, unser Seminardozent war damals schon Mitglied der Piusbruderschaft und kennt diesen Text aus dem gemeinschaftsinternen Mitteilungsblatt. Aber auch einen anderen Text seines Gründers und obersten Lehramtes müßte er kennen. Nach den unerlaubten Bischofsweihen von 1988 war wieder einmal die Zeit für harte Worte. Bezeichnenderweise dachte Lefebvre damals schon wieder an die Zukunft – also weitere Romverhandlungen – aber unter dem Vorzeichen der Härte. Wenn er wieder mit Rom sprechen würden, dann würde er die Fragen stellen, er würde klar machen, was er von Rom erwarte. Er würde dem Papst wie einst Paulus dem Petrus ins Gesicht schleudern: „Sind Sie einverstanden mit den großen Enzykliken aller Ihrer päpstlichen Vorgänger? Sind Sie einverstanden mit Quanta Cura von Pius IX., Immortale Dei und Libertas von Leo XIII., Pascendi von Pius X., Quas Primas von Pius XI., Humani generis von Papst Pius XII.? Stimmen Sie mit diesen Päpsten und ihren Aussagen vollkommen überein? Billigen Sie den Antimodernisteneid noch? Treten Sie für das soziale Königtum Unseres Herrn Jesus Christus ein?“ Trotz dieser klaren Sachlage traut sich der Herr Dozent des Piusseminars zu behaupten, man höre und staune: „Sie hat nie ein Glaubensbekenntnis des Papstes verlangt, eine Widerrufung von Häresien, einen Syllabus von Irrtümern oder irgendetwas dergleichen.“

Dabei ist das noch nicht alles. Das oberste Lehramt des Herrn Paters hatte damals zudem hinzugefügt – es war eine sehr heiße Phase der Piusgeschichte: „Wenn Sie die Lehre Ihrer Vorgänger nicht annehmen, hat es keinen Sinn, miteinander zu reden. Solange Sie nicht bereit sind, das Konzil unter Bezug auf die Lehre Ihrer päpstlichen Vorgänger zu reformieren, ist ein Dialog weder nützlich noch möglich.‘ So werden die Positionen klar sein. … Was uns trennt, ist die Lehre. Das ist klar“ (Mgr. Lefebvre, Fideliter Nr. 66., November-Dezember 1988, S. 12-13).

Bei so starken Worten denkt man unwillkürlich: Lefebvre locuta, causa finita. Von wegen! Der Pius-Ideologe führt trotz dieser klaren Worte seines Erzbischofs aus:

„Die Priesterbruderschaft hat eigentlich nur Forderungen erhoben, die ihrer eigentlichen Haltung entsprechen, im Besonderen die Forderung, so bleiben zu dürfen, ‚wie sie ist‘. Sie versuchte im Generalkapitel von 2012 sechs Bedingungen festzulegen – keine einzige betraf den Glauben des Papstes – die im Fall einer kanonischen Anerkennung sicherstellen, dass sie unversehrt und genügend selbstständig bleiben würde.
Damit soll nicht gesagt sein, Mitglieder der Priesterbruderschaft, sogar bis in höchste Ränge, seien zu gewissen Zeiten nicht versucht gewesen zu behaupten, der wahre Geist des Erzbischofs und der Bruderschaft würde verlangen, daß der Papst die traditionelle Lehre bekennt, bevor es zu irgendeiner praktischen Anerkennung kommen kann. Dies ist vielmehr der Standpunkt der losen Ansammlung von ehemaligen Priestern der Bruderschaft, die unter dem Namen ‚Widerstand‘ bekannt ist und einen ehemaligen Bischof der Priesterbruderschaft in ihren Reihen hat.
Was hier bekräftigt wird, ist die Position einer ‚strikten Einheit im Glauben vor einer kanonischen Anerkennung‘ und war nie und zu keiner Zeit die offizielle Haltung der Priesterbruderschaft, weder in der Zeit des Erzbischofs noch nach seinem Tod."

Letzteres ist sicherlich nicht wahr, bzw. zumindest nicht ganz wahr – außer man verwandelt den Zick-Zack-Kurs Marcel Lefebvres in eine Gerade. Die Piusbrüder bevorzugen derzeit, daraus gleich eine vierspurige Autobahn zu machen. Eines jedoch muß man P. Robinson zugestehen, wenn man den Gesamtkurs betrachtet, hat er wohl recht, die heißen Phasen des Kampfes dienen eher den gemächlichen als umgekehrt. Im Grunde ging es Mgr. Lefebvre und seiner Bruderschaft – das getraut sich der Pater so offen und ehrlich zu sagen – niemals um den katholischen Glauben, sondern immer nur darum, so bleiben zu dürfen, „wie sie sind“. Das einzig Wichtige bei all den Verhandlungen mit Rom ist, „daß sie unversehrt und genügend selbstständig bleiben“ dürfen. Mit „sie“ ist natürlich nicht die Kirche, sondern die Piusbruderschaft gemeint. Ein Katholik würde ja sofort denken, nur die Kirche hat die Garantie von Jesus Christus erhalten, immer „unversehrt und genügend selbstständig“ zu bleiben, was freilich die letzten Jahrhunderte immer schwieriger wurde, da die Feinde der Kirche den Freiheitsraum in der Gesellschaft immer mehr beschneiden konnten. Nun fordert aber die Piusbruderschaft nicht Freiheit gegenüber einem gottlosen Staat, sondern gegenüber der Kirche! Wenn das nicht absurd ist?

Angesichts solcher Unsinnigkeiten muß Hochwürden nochmals seinen Eimer holen, vor die Türe gehen und nach Licht Ausschau halten. Es ist inzwischen Mitternacht geworden, eine mond- und sternlose Mitternacht. Wie man sich denken kann, ficht das unseren tapferen Piusbruder in keiner Weise an, hat er doch vorsichtshalber wieder seine Piustaschenlampe mitgenommen. Als er damit in seinen Eimer leuchtet, ist er etwas besorgt, denn die Batterie scheint schon bedenklich schwach zu sein. Aber es reicht noch für einen Strahl aus der Piusfunzel – und Hochwürden kann beruhigt ins Haus zurückkehren.

Als er ganz gespannt in seinen Eimer schaut, erkennt er geistesblitzartig drei Prinzipen – Gott sei Dank, denkt er. Wie lauten diese wohl? „Das erste Prinzip ist, daß die Priesterbruderschaft Papst Franziskus als Papst anerkennt. Erzbischof Lefebvre hat den Sedisvakantismus auf der Ebene seiner Priesterbruderschaft immer zurückgewiesen, wenn er auch eine gewisse Toleranz gegenüber einzelnen Sedisvakantisten geübt hat. Bis zum heutigen Tag müssen alle Kandidaten für höhere Weihen in der Bruderschaft am Tag vor ihrer Weihe vor dem allerheiligsten Sakrament versichern, daß der Papst der Papst ist.“

Das sind weltbewegende Einsichten: „Der Papst ist Papst.“ Für den Herrn Dozenten des Piusseminars klingt das höchstwahrscheinlich wie ein Glaubensbekenntnis, ja das Pius-Glaubensbekenntnis schlechthin: „Der Papst ist Papst!“ Nochmals sei es hervorgehoben: Welch weltbewegende Einsicht eines Dogmatikers in einem Piusseminar! Darauf würde so schnell kein Mensch kommen, daß der Stuhl ein Stuhl ist, der Baum ein Baum, die Maus eine Maus oder die Kuh eine Kuh. Das muß einem erst einmal gesagt werden von einem studierten Theologen, jawohl!

Uns scheint es hingegen, daß diese Aussage ein freudscher „Versprecher“ unseres Dozenten war, der nun wirklich das erste und einzige Prinzip der Piusideologie formuliert: Der Papst ist immer Papst, da kann er nun wirklich machen, was immer er will. Er kann Irrlehren verkünden, Sakramentsriten ungültig machen, die Gebote Gottes abschaffen, die ganze Kirche zerstören – immer bleibt er der Papst, dieser Mann mit der weißen Soutane in Rom. Den Nachsatz eines Bauers, den ein äußerst begabter Piusideologe dieser Aussage anfügte, zitiert P. Robinson zwar nicht, aber sachlich ist er präsent: „...ich aber bleib katholisch.“ Deswegen muß uns dieser „Papst“ auch garantieren, daß wir so bleiben dürfen wie wir sind, nämlich katholisch und nicht etwa so werden müssen wie er, nämlich Häretiker, Sakramentenzerstörer, Gottesgeboteleugner und Kirchenzerstörer. Es ist schon wahr – wenn auch nicht so ganz stringent, wie es der Piusideologe schreibt, denn auch hierzu gibt es heiße Phasenphrasen: „Erzbischof Lefebvre hat den Sedisvakantismus auf der Ebene seiner Priesterbruderschaft immer zurückgewiesen.“

Bei solch tiefen Einsichten und solch umwerfend klarer Logik muß man natürlich die einzig gangbare Lösung rigoros zurückweisen. Da hat unser Dogmatiker des Piusseminars durchaus recht. Würde er nämlich die Lehre der Kirche, daß ein Irrlehrer nicht Papst sein kann, ernst nehmen, müßte er sein ganzes Studium von vorne beginnen und anfangen, katholische anstatt lefebvristische „Theologie“ zu studieren. Aber das wäre wohl das Allerletzte, was der Pater tun würde.

So hartnäckig wie er ist, hat unser Robinson auf seiner einsamen Insel in seinem Eimer trotz der nur noch schwach leuchtenden Piustaschenlampe noch ein Prinzip gefunden: „Das zweite Prinzip ist, daß Papst Franziskus der Papst der katholischen Kirche ist.“ Vielleicht ist es dem Leser auch so ergangen wie dem Schreiber dieser Zeilen: Was ist denn das schon wieder für ein seltsames Prinzip? Daß eine bestimmte Person Papst der Kirche ist, ist doch ein historisches Faktum und kein Prinzip, das doch seinem Wesen nach theoretisch ist. Hinzu kommt noch, dem Herrn Dozenten passiert bei der Formulierung seines zweiten Prinzips scheinbar nochmals ein lapsus linguae, derselbe wie beim ersten Prinzip, denn korrekt, sachlich richtig und darum auch allein sinnvoll müßte es heißen: „...daß Jorge Mario Bergoglio Papst der katholischen Kirche ist.“ Aber womöglich war es gar kein Versprecher mehr, sonst hätte der Pater ihn nicht gleich nochmals wiederholt, vielleicht ist es das Ideologie-Mantra (ständig wiederholtes Wort oder Satz) der Piusbrüder, das sie gebetsmühlenartig ununterbrochen wiederholen müssen, so daß es sie selbst im Schlaf verfolgt und zu Freud´schen Versprechern am laufenden Band führt. Für einen Professor für Dogmatik und Philosophie (!) an einem Priesterseminar bedeutet ein Satz wie „Das zweite Prinzip ist, daß Papst Franziskus der Papst der katholischen Kirche ist“, daß sich dieser offensichtlich schon im geistigen Delirium befindet, was natürlich sehr zu bedauern ist.

Trotz dieses bedauerlichen Deliriums lassen wir uns den Satz noch etwas genauer erläutern: „Das bedeutet, daß er das höchste Amt in einer Einrichtung innehat, die von unserem Herrn Jesus Christus gegründet wurde. Als solcher hat er nie und kann er auch nicht das Ziel und die Bestimmung dieser Einrichtung festlegen. Die Kirche ist die Kirche, ohne Rücksicht auf seine persönliche Meinung über sie. Das ist vielleicht gerade der seltene Fall, wo es für ihn angemessen wäre, um zu fragen, ‚Wer bin ich, um zu urteilen?‘“

Herr Bergoglio wird sich sicher nicht viel aus der Mahnung des Herrn Piusideologen machen, sondern munter seinen Haß gegen alles, was katholisch ist, austoben. Es ist direkt schon beängstigend, sehen zu müssen, der Piusphilosoph, Fachmann für Metaphysik (!), also die anspruchsvollste philosophische Disziplin, kommt aus seinen Tautolgoien gar nicht mehr heraus. Schon wieder weiß er uns äußerst luzid zu belehren: „Die Kirche ist die Kirche.“ Man muß schon sagen, für einen Katholiken in dieser apokalyptischen Zeit ist es schon sehr beruhigend und dazu noch äußerst hilfreich zu wissen, daß die Kirche die Kirche ist – und der Baum ein Baum, ein Hund ein Hund und die Katze eine Katze. Nur wüßte man als Katholik doch allzu gerne, welche „Kirche“ Herr P. Robinson von der gar nicht einmal so kleinen und einsamen Insel Australien genau meint? Ach ja, wir haben den ebenso luziden Nachsatz vergessen: „ohne Rücksicht auf seine persönliche Meinung über sie“. Mit „seine“ meint der Dozent immerhin seinen Papst!

Nun wissen freilich auch wir, daß „die Kirche die Kirche“ ist – als vernünftiger Satz lautet diese Aussage übrigens etwa so: Die katholische Kirche bleibt immer in ihrem Wesen nach gleich, weil sie von Gott gegründet wurde und von IHM die Verheißung Seines ständigen Beistandes bis ans Ende der Zeit hat. Deswegen wird die Kirche Jesu Christi niemals zugrunde gehen – aber das gilt doch nicht gleichbedeutend für die „Kirche“ des Herrn Bergoglio. Es müßte darum erst bewiesen werden, daß die „Kirche“, welcher Bergoglio vorsteht, die katholische Kirche ist. Daß die „Kirche“ des Herrn Robinson von der einsamen Insel nicht die katholische Kirche ist, kann man dagegen sofort mit Sicherheit sagen, wenn man den Nachsatz so nimmt, wie er dasteht: „ohne Rücksicht auf seine persönliche Meinung über sie“. Denn es ist durchaus nicht gleichgültig, was der Herr Bergoglio für eine Vorstellung von seiner „Kirche“ hat, also von der religiösen Gemeinschaft, deren oberster Chef und Lehrer er nach P. Robinson immerhin ist.

Denn letztlich formt seine Vorstellungen von „Kirche“ den Glauben dieser „Kirche“ und somit auch das Ziel dieser religiösen Gemeinschaft. Ein Dozent der Dogmatik eines Priesterseminars sollte doch eigentlich fähig sein zu erkennen, durch einen mit einer Tautologie verbundenen Satz kann man alles beweisen. Etwa: Eine Kuh ist eine Kuh, und zwar ganz ohne Rücksicht auf die persönliche Meinung von Herrn Bergoglio, aber auch ohne Rücksicht darauf, ob sie auf der Weide friedlich grast oder im Stall steht oder ob mit Nordkorea gerade ein Krieg droht oder nicht. Genauso wie ein Pferd ein Pferd ist und ein Ochse ein Ochse, egal ob die Welt sich noch dreht oder der jüngste Tag angebrochen ist.

Wie schon gesagt, ist das aber bei der Aussage unseres Herrn Paters aus der Piusbruderschaft wesentlich anders, denn die „Kirche“ des Herrn Bergoglio ist nicht einfach die Kirche Jesu Christi, nur weil irgendjemand meint, Herr Bergoglio, also ein öffentlicher Apostat, sei der Papst dieser Kirche. Daß unser Dogmatiker und Metaphysiker auf seiner Insel das meinen kann – gleich mit drei Tautologien hintereinander als Argumentationsbasis! –, zeigt nur umso drastischer, daß er offensichtlich in keiner Weise mehr, also mitnichten mehr weiß, was ein Papst der katholischen Kirche ist und immer wesentlich sein muß. Da er diesen hochgradigen Unsinn noch dazu mit Wissen und Willen seiner Oberen veröffentlicht hat, ist zu befürchten, daß dasselbe auch für diese gilt.

Hierbei soll noch besonders angemerkt werden: Jeder Chef irgendeiner Firma hat mehr zu sagen als der „Papst“ der Piusbrüder in ihrer „Kirche“, der „Papst“, der auch bei den Piusideologen noch der Stellvertreter Christi sein soll, was doch eher einer Beleidigung Christi gleichkommt. Also ist jede natürliche Gemeinschaft fester und besser geordnet als die „Kirche“ der Piusbrüder.

Nach so viel Erleuchtung durch die Piustaschenlampe ist man doch recht gespannt, was dem Dozenten des Piusseminars noch alles einfällt, bzw. welche tiefen Einsichten er noch aus seinem Eimer herauszaubert. Streng nach der Logik Wilhelm Buschs – „Er sagt‘s so schön und angenehm, was erstens, zweitens, drittens käm“ - fügt Hochwürden noch ein drittens hinzu: „Schließlich sind drittens die Mitglieder der Priesterbruderschaft genauso wie ihre Gläubigen bereits Mitglieder der wirklichen Gemeinschaft der katholischen Kirche, über die Papst Franziskus das sichtbare Haupt ist. Mit anderen Worten, sie haben bereits eine wirkliche Einheit mit Papst Franziskus – nicht mit Papst Franziskus in seinem ‚persönlichen Lehramt‘, sondern mit Papst Franziskus als Papst. Sie erkennen ihn als das leitende Haupt der Kirche an, sie haben sein Bild in den Sakristeien ihrer Kapellen, sie nennen seinen Namen bei der hl. Messe und bei der Sakramentsandacht. Diese Akte sind keine heuchlerischen Handlungen oder leere Symbole; sie zeigen die wirkliche Einheit an, die zwischen der Priesterbruderschaft und dem Papst besteht. Sie zeigen an, dass die Priesterbruderschaft mit Papst Franziskus bis zu einem gewissen Grad zusammenarbeitet, für die Interessen der heiligen Mutter Kirche.“

Nochmals eine überaus luzide Darlegung des Herrn Dogmatikers und Metaphysikers aus dem Piusseminar. Rekapitulieren wir kurz: Weil die Kirche die Kirche ist und der Papst der Papst und Papst Franziskus der Papst ist, deswegen gehören die Piusgläubigen immer schon zur Kirche, weil nämlich die Kirche die Kirche ist und der Papst der Papst und Papst Franziskus der Papst – und deswegen auch ganz selbstverständlich der Papst der Piusgläubigen ist. Freilich ist er das nicht in dem Sinne, daß wir, die Piusgläubigen, sein „persönliches Lehramt“ anerkennen, sondern einfach deswegen weil wir nämlich „sein Bild in den Sakristeien“ unserer Kapellen haben, „seinen Namen bei der hl. Messe“ nennen „und bei der Sakramentsandacht“.

Ein richtiger Katholik wird aufgrund dieser Kuriosa aus Australien denken: Ein Känguruh ist ein Känguruh, ein Wallaby ist ein Wallaby und ein Koala ist ein Koala – und das obwohl man ihm, gemeinerweise muß man schon sagen, ein T-Shirt mit dem Aufdruck eines Bildes des Bergoglio alias Franziskus angezogen hat. Bei den Piusbrüdern würde das Känguruh, der Wallaby oder Koala dadurch sicherlich zum Katholiken – und zwar zum besseren Katholiken, denn immerhin ist ein Bild Bergoglios auf dem T-Shirt noch besser als irgendwo in der Sakristei.

Es kann nicht anders sein, solche lehrmäßigen Kuriosa sind ziemlich teuer erkauft. Wie alle Irrlehrer versteckt auch unser Pius-Ideologe seine Irrlehre hinter einem neuen, schnell einmal erfundenen Begriff: „persönliches Lehramt“ heißt es da: „...Einheit mit Papst Franziskus – nicht mit Papst Franziskus in seinem ‚persönlichen Lehramt‘, sondern mit Papst Franziskus als Papst“. Wie wir schon eingesehen haben, ist diese Einheit mit dem Papst als Papst ein reines Gedankending. Mit diesem „Papst als Papst“ kann jeder in Einheit sein, solange er die angeführten Tautologien als Beweismittel akzeptiert, nämlich die Kirche ist Kirche und Papst Franziskus ist der Papst. Darum bildet sich unser Dogmatiker auch allen Ernstes ein, er könnte mit dem Papst als Papst in Einheit sein und zugleich dessen „persönliches Lehramt“ zurückweisen.

Nun könnte jemand einwenden, daß der australische Piusdogmatiker damit die rein privaten, persönlichen Meinungen des Herrn Bergoglio meint, wie ja auch dessen Vorgänger sein Jesusbuch als Privattheologe geschrieben hat. Das dürfte jedoch den hier gemeinten Sachverhalt nicht treffen. Der Pater fügt schließlich dem „persönlich“ nicht „Meinung“ an, sondern „Lehramt“ bei. Nun ist aber ein „Lehramt“, wenn es wahrlich Lehramt im kirchlichen Sinne ist gerade nicht „persönlich“, sondern „allgemein“ oder „feierlich“ oder „lebendig“ oder auch „kirchlich“, niemals aber „persönlich“ bzw. privat. Aber genau ein solches „persönliches Leeramt“ (d.h. allzeit irrtumsfähiges und auch allzeit irrendes Leeramt, darum auch mit zwei „ee“ und nicht mit „h“ geschrieben) braucht unser Dogmatiker für seine Irrlehre. Er braucht ein Leeramt, das er jederzeit zurückweisen, ignorieren oder auch als irrig bezeichnen kann, um es jederzeit korrigieren zu dürfen. Sodann bildet er sich ganz fest ein – sein Blick ist starr auf das Bild des „Papstes Franziskus“ in seiner Sakristei gerichtet – daß solcherlei Bekenntnisse zu seinem „Papst“ durchaus „keine heuchlerischen Handlungen oder leere Symbole“ sind, wie womöglich manche Römer und natürlich auch Sedisvakantisten und diese natürlich böswilligerweise und aus bitterem Eifer behaupten.

Deswegen betont P. Robinson auf seiner einsamen Insel abschließend ausdrücklich: „Dieser Punkt ist sehr wichtig angesichts derer, die daran festhalten, daß eine kirchenrechtliche Anerkennung unter allen Umständen falsch sei, solange der Papst nicht denselben Glauben an die katholische Kirche hat wie die Traditionalisten, denn dann würden die Traditionalisten versuchen, ihre Anstrengungen mit jemandem zu vereinigen, der nicht dasselbe Ziel teilt. Die Tatsache ist, daß die Traditionalisten notwendigerweise ihre Anstrengung bis zu einem gewissen Grad mit Papst Franziskus vereinigen müssen, einfach dadurch, daß sie ihn als Papst anerkennen und versuchen, die Interessen der Institution, von der er das sichtbare Haupt ist, zu fördern. Der modernistische Glaube von Papst Franziskus kann dann kein totales Hindernis für eine Zusammenarbeit sein.“

Nach diesen abgrundtiefen Erkenntnissen des Piusdogmatikers geht er nochmals zur Türe, holt seinen Eimer und seine Taschenlampe, die inzwischen ganz ausgefunzelt hat und gießt diesen sinnbildlich aus – denn nun ist es wirklich stockdunkle Nacht, hat doch die ganze Anstrengung mit den eimerweisen Erleuchtungen überhaupt nichts gebracht – es ist nämlich immer noch finster im Haus ohne Fenster. So ein Schildbürgertheologe hat es nun einmal ganz schön schwer.

Eines ist bei allem Unsinn dennoch wahr, es ist nun wirklich ganz und gar egal, welchen Glauben der „Papst“ der Piusbrüder hat. Bei diesem „Papst“ reicht es vollkommen aus, wenn man „bis zu einem gewissen Grad“ mit ihm im Glauben übereinstimmt. Ob freilich Herr Bergoglio wirklich damit zufrieden ist, wenn ihn die Piusbrüder zwar „als Papst anerkennen“, aber dann hartnäckig „versuchen, die Interessen der Institution“ zu fördern, wobei sie aber eine ganz andere Vorstellung von Institution haben als er, das darf man mit guten Gründen bezweifeln. Man hört schließlich aus dem Gästehaus des Vatikans, Herr Bergoglio wäre recht eigen, wenn es darum geht, seine Meinung durchzusetzen und er könne es durchaus nicht leiden, wenn manche Leute anderer Meinung seien als er und womöglich sogar noch hartnäckig darauf bestehen.

Solche Nebensächlichkeiten können jedoch einen Piusdogmatiker nicht so leicht aus der Bahn werfen. In seinem felsenfesten Glauben an die Piusbruderschaft ist er der Überzeugung: „Der modernistische Glaube von Papst Franziskus kann dann kein totales Hindernis für eine Zusammenarbeit sein.“ Wenn das kein mutiges Bekenntnis zur eigenen Unfehlbarkeit und Unzerstörbarkeit ist! Ein Katholik wird sich freilich angesichts solcher Lehren besorgt fragen: Und was bleibt da noch von der Kirche Jesu Christi?

Nach so viel Satire verlangt es dem katholischen Leser womöglich noch nach echt katholischer Kost. Als Kontrast zu dieser Satire eines Piuspriesters bietet sich ein Text des Patrons seiner Gemeinschaft an. Papst Pius X. sagte in seiner Ansprache an die Priester der Vereinigung der Apostolischen Union am 18. November 1912:

„Um den Papst zu lieben, braucht man nur darüber nachzudenken, was der Papst ist. — Der Papst ist der Wächter des Dogmas und der Moral; er ist der Depositar der Grundsätze, welche die Familie ehrbar, die Nationen groß, die Seelen heilig machen; er ist der Berater der Fürsten und der Völker; er ist das Haupt, unter dem sich niemand tyrannisiert fühlt, weil er Gott selber repräsentiert ; er ist im höchsten Sinne der Vater, der in sich alles das vereinigt, was liebevoll, zart, göttlich ist... Und wie muß man den Papst lieben? ,Non verbo neque lingua, sed opere et veritate' (Nicht mit Worten oder der Zunge, sondern in der Tat und Wahrheit). Wenn man eine Person liebt, sucht man sich in allem ihren Gedanken gleichförmig zu machen, ihre Willensmeinungen auszuführen, ihre Wünsche zu erraten. Und wenn unser Herr Jesus Christus von sich sagte: ,si quis diligit me, sermonem meum servabit‘ (wenn jemand mich liebt, wird er meine Gebote halten), so ist es, um unsere Liebe zum Papste zu beweisen, notwendig, ihm zu gehorchen. Wenn man also den Papst liebt, so macht man keine Diskussion über das, was er anordnet oder verlangt, oder bis wohin der Gehorsam gehen muß und in welchen Dingen man gehorchen soll; wenn man den Papst liebt, sagt man nicht: er hat nicht klar genug gesprochen, als ob er verpflichtet wäre, seinen Willen jedem einzelnen ins Ohr zu wiederholen, den er so oft nicht nur mit Worten, sondern durch Schreiben und andere öffentliche Dokumente klar ausgedrückt hat; man setzt seine Anordnungen nicht in Zweifel unter dem leichten Vorwand eines, der nicht gehorchen will, als sei es nicht der Papst, der befiehlt, sondern seine Umgebung; man zieht nicht der Autorität des Papstes diejenige anderer noch so gelehrter Personen vor, die, wenn sie gelehrt sind, doch nicht heilig sind, denn wer heilig ist, kann nicht vom Papste abweichen“ (Alloc. ad sacerdotes Consociationis „l'Unione Apostolica“; 18. Nov. 1912. A. Ap. S. IV, 693.).