Nachtrag zum Sonntag vom Guten Hirten

Der Gute-Hirt-Sonntag ist ein katholischer Sonntag, so könnte man pointiert sagen, bringt er doch eine ganz und gar katholische Wahrheit zum Ausdruck – eine einzig in der katholischen Kirche verwirklichte Wahrheit, denn welche andere Kirche ist ein Schafstall und eine Herde, weil sie ein Guter Hirte sicher durch die Zeiten leitet?

Zudem handelt es sich um eine Wahrheit, die heute verlorengegangen ist – das ist wohl die beste Beschreibung für das Geschehen, das wir seit Jahrzehnten beobachten können. Man könnte auch sagen, unterwegs, im Eifer des Gefechtes inmitten des sog. Kirchenkampfes ist sie verloren gegangen, unsere katholische Wahrheit. Und nun weiß man nicht mehr so genau, wo sie liegt und deswegen ist sie auch schwer wiederzufinden, sehr schwer wiederzufinden. Welche Wahrheit ist damit gemeint?

Richten wir zunächst unser Augenmerk auf das Gleichnis unseres göttlichen Lehrmeisters, welches das heutige Evangelium uns zu bedenken gibt. Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, das Haupt der hl. Kirche sagt uns: ICH bin der Gute Hirt. Dieses Bild macht unmittelbar einsichtig, daß ER, der Meister und Lehrer der göttlichen Wahrheit, die höchste Hirtengewalt in Seiner Kirche innehat und daß auch nur ER sie innehaben kann. Denn Aufgabe des Hirten ist es, die Schafe sicher zu weiden, was in der hl. Kirche dem Auftrag entspricht, die Gläubigen mit der göttlichen Wahrheit zu belehren und sie mit Hilfe der hl. Sakramente zur Gnade und zum ewigen Leben zu führen. Wer könnte das als ER, der wahre Sohn des ewigen Vaters?

Damit das jedoch möglich ist, müssen die Gläubigen den Guten Hirten als solchen erkennen. Sie müssen klar einsehen: Auf IHN kann ich mich vollkommen verlassen, weil ER Gott und die Wahrheit ist. Diese Einsicht bewirkt allein der hl. Glaube. Im hl. Gauben erkennen wir unseren Herrn Jesus Christus als den Guten Hirten schlechthin. ER allein enthüllt uns die Geheimnisse des göttlichen Seins, indem ER uns den Vater offenbart, und ER allein schenkt uns das übernatürliche, göttliche Leben der Gnade, das ER uns mit Seinem Erlösungswerk verdient hat. Nur in Seiner Wahrheit, nur durch und mit und in IHM kann man das göttliche Gnadenleben erlangen und bewahren. Dieser Hirte verdient somit allein unser absolutes Vertrauen. Kein Mensch kann ein solches Vertrauen für sich in Anspruch nehmen, weil ein absolutes Vertrauen nur Gott allein gebührt. Jeder Mensch dagegen ist irrtumsfähig und zur Sünde geneigt, weshalb er immer nur ein relatives Vertrauen verdient. Der Gute Hirte weidet nicht nur Seine Schafe und sorgt für sie aufs Beste, er ist sogar bereit, Sein Leben für sie einzusetzen.

In der Catena Aurea schreibt der hl. Thomas von Aquin: „Der gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe. Er tat, wozu er ermahnt; er zeigte, was er befahl, indem er für seine Schafe sein Leben hingab, indem er in unserem Geheimnis seinen Leib und sein Blut verwandelte, und die Schafe, welche er erlöst hatte, mit der Speise seines Fleisches sättigte. In Bezug auf die Verachtung des Todes wurde uns der Weg gezeigt, dem wir folgen sollen, und die Form hinzugesetzt, die uns eingedrückt werden soll. Zuerst müssen wir alle unsere äußeren Güter aus Barmherzigkeit seinen Schafen geben, zuletzt aber, wenn es notwendig sein sollte, sogar unser Leben für diese Schafe in den Tod hingeben. Wer aber für seine Schafe nicht seine Habe hingibt, wie wird er sein Leben für die lassen?“

Der Gute Hirt liebt seine Schafe. ER liebt sie so sehr, daß er sein eigenes Leben für das Leben der Schafe hingibt. Dabei ist das für uns Katholiken keine Wahrheit der Vergangenheit, weil wir Tag für Tag auf unseren Altären im hl. Meßopfer dafür den lebendigen Beweis haben. Immer noch gibt der Gute Hirt Sein Leben für uns hin, um uns mit der Gnade erfüllen zu können: „indem er in unserem Geheimnis seinen Leib und sein Blut verwandelte, und die Schafe, welche er erlöst hatte, mit der Speise seines Fleisches sättigte“. Darum haben auch die Märtyrer ihr Blut für IHN hingegeben – sie haben nämlich die Liebe Christi erkannt und waren deswegen bereit, Leben für Leben, Blut für Blut einzusetzen, um das ewige Leben zu erben, um ewig bei Christus zu sein.

Ganz anders als der Gute Hirt ist der Mietling. Lassen wir uns zunächst wieder vom hl. Thomas anhand der Kirchenväter erklären, was ein Mietling ist: „Mietling heißt der, der nicht aus innigster Liebe, sondern nur wegen zeitlichen Gewinns die Schafe des Herrn weidet. Denn ein Mietling ist der, welcher die Stelle eines Hirten einnimmt, aber den Nutzen der Seelen nicht sucht, auf zeitlichen Gewinn sieht, und sich über die Ehre des Vorrangs freut. - Er sucht also in der Kirche etwas anderes, nicht Gott. Wenn er Gott suchte, wäre er keusch, weil die Seele Gott zum rechtmäßigen Bräutigam hat. Wer bei Gott etwas außer Gott sucht, sucht Gott nicht rein.“

Der Mietling ist nur ein Lohnarbeiter, der zuerst um seines Lohnes willen Dienst tut. Wenn er keinen Lohn erhalten würde, würde er auch nicht dienen. Es geht ihm nicht zuerst und vor allem um Gott, darum geht es ihm auch nicht um das ewige Wohl seiner Schafe. Der hl. Thomas fährt weiter: „Ob aber jemand ein Hirt oder ein Mietling ist, kann man nicht wahrhaft erkennen, wenn die Not keine Gelegenheit dazu gibt. Denn zur Zeit der Ruhe wacht bisweilen über die Herde wie der wahre Hirt, so auch der Mietling.“

In ruhigen Zeiten kann auch ein Mietling seinen Dienst tun – und er unterscheidet sich gar nicht vom Guten Hirten, weil es keine Notwendigkeit dazu gibt. Das ändert sich sofort, sobald der Wolf kommt: „aber der kommende Wolf zeigt an, mit welcher Gesinnung jeder für die Herde wachte.“ Sobald der Wolf auftaucht, wird es ernst. Der Hirt muß sich dem Wolf entgegenstellen, um die Schafe zu beschützen. Aber will er das, wenn er nur Mietling ist? „Der Wolf aber ist der Teufel und die ihm folgen. Denn es heißt, dass sie äußerlich in Schafskleider gehüllt, aber innerlich reißende Wölfe sind. - Sieh, der Wolf ergreift das Schaf bei der Kehle, der Teufel überredete den Gläubigen zum Ehebruch. Er ist auszuschließen; aber ausgeschlossen, wird er ein Feind sein, wird er nachstellen, wird er schaden, sowie er kann. Daher schweigst du und schiltst ihn nicht aus. Du sahst den Wolf kommen und bist geflohen; dem Leib nach bist du stehen geblieben, der Seele nach geflohen. Denn unsere Affekte sind die Bewegungen der Seele; die Freude ist die Ausgießung, die Traurigkeit aber die Zusammenziehung der Seele. Die Begierlichkeit ist das Fortgehen, die Furcht die Flucht der Seele.“

Der Mietling meidet schon die Anstrengung, wo er nur kann, deswegen meidet er natürlich auch jeden Kampf. Sobald der Wolf kommt – und der Wolf ist der Teufel – verstummt er, schweigt er, und irgendwann läuft er davon. Er verteidigt seine Schafe nicht, weil ihm an den Schafen gar nichts liegt, nur an seinem eigenen Gewinn. Darum wird er für die Schafe nichts riskieren. Der Mietling wird letztlich immer seine Fahne in den Wind hängen und mit der Masse mitlaufen. Er wird sich niemals dem Irrtum, sobald er zu sehr verbreitet, zu allgemein geworden ist, entgegenstellen. Er wird sich vielmehr immer diplomatisch verhalten. Nur nicht anecken, nur nichts übertreiben, nur nicht zu scharf reden, nur nicht auffallen – und vor allem kein Hardliner sein.

Nun, wie sieht die Wirklichkeit heute aus? Haben wir eine Mietling-Kirche, wie viele Traditionalisten meinen? Oder wie ist die gegenwärtige Situation zu beurteilen?

Wie wir gehört haben, muß der Gute Hirte die göttliche Wahrheit predigen und diese gegen alle Irrtümer verteidigen und das übernatürliche Leben der Gnade bewahren. Das ist seine erste, eigentlichste Aufgabe, wenn er Stellvertreter Jesu Christi sein will. Kann das aber überhaupt irgendein Mensch, irgendein Priester oder selbst irgendein Bischof für sich allein? Der göttliche Glaube setzt letztlich ein göttliches Zeugnis voraus und einen göttlich beglaubigten Zeugen, denn der Glaube kommt vom Hören. Ein Mensch kann jedoch für sich immer nur einen menschlichen Glauben beanspruchen, denn jeder Mensch kann sich irren und somit andere in die Irre führen. Wie aber wird dann der göttliche Glaube in der hl. Kirche verbürgt? Worauf kommt es letztlich an?

Die meisten Traditionalisten bilden sich ein, katholisch zu sein, obwohl sie gar nicht mehr wissen, was unseren hl. Glauben zu einem katholischen macht, d.h. einem göttlichen Glauben. Wie komme ich zu einer übernatürlichen Glaubenssicherheit? Etwa dadurch, daß ich auf die sog. Tradition schaue, auf das, was die Kirche immer und überall geglaubt hat? Das ist doch die Antwort der meisten Traditionalisten heute. Diese Antwort setzt stillschweigend voraus, daß jeder Katholik jederzeit sicher beurteilen kann, was die hl. Kirche immer und überall gelehrt hat.

Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon belehrt uns hierin eines Besseren: „Bücher und Denkmäler mögen eine noch so eindringliche Sprache zu uns reden: ihr Zeugnis allein ist tot, höchstens dazu fähig, in uns eine rein menschliche, historische oder philosophische Gewißheit zu erzeugen. Die menschliche Gewißheit ist aber noch keine Glaubensgewißheit. Wo gar übernatürliche Geheimnisse zum Vortrag kommen (z.B. Trinität, hypostatische Union und Eucharistie), welche das natürliche Verständnis absolut übersteigen, da tut erst recht eine höhere, gottgesetzte Autorität not, die im Namen Gottes selber viva voce [mit lebendiger Stimme] zu uns spricht und erst so den übernatürlichen Glaubensakt in uns ermöglicht. ‘Folglich bilden auch Schrift und Tradition zusammen noch nicht eine ausreichende Glaubensregel; sie sind überhaupt nicht geeignet, durch sich alle Funktionen und Dienste zu verrichten, die zur wirksamen, allgemeinen und einheitlichen Normierung des Glaubens erforderlich sind, und können daher nicht als regula fidei proxima et immediata [nächste und unmittelbare Glaubensregel] gelten, sondern nur als remota et mediata [entfernte und vermittelte], die noch der Vermittlung bedarf’ (P. Hake)“ (Sp. 1951).

Solange sich der einzelne Katholik oder auch eine vermeintlich katholische Gemeinschaft allein auf die sog. Tradition beruft, besitzt sie nur „eine rein menschliche, historische oder philosophische Gewißheit“, d.h. sie hat nur einen rein menschlichen Glauben – und es ist besonders zu beachten: „Die menschliche Gewißheit ist aber noch keine Glaubensgewißheit“, nämlich im theologischen, übernatürlichen Sinne.

Vertiefen wir diese Einsicht nochmals anhand unseres Kirchenlexikons: „Wie die Reformatoren die heilige Schrift, so hatten die Anhänger des Valentinus [ein gnostischer Irrlehrer, der im 2. Jahrhundert sein Unwesen trieb] ihre geheimen Traditionen zur einzigen und höchsten Glaubensnorm erhoben. Auch die Jansenisten waren insofern ‘umgekehrte Protestanten’, als sie nur die geschriebene Tradition als Tradition und Glaubensregel gelten ließen und so ‘den alten und neuen Protestantismus von der Bibel auf die Tradition übertrugen’ (Scheeben)“ (a.a.O. Sp. 1950). In Wahrheit jedoch „läßt sich auf die bloße (objektive) Überlieferung ebenso wenig wie auf die bloße Bibel ein übernatürlicher Glaubensakt gründen, ja eigentlich noch weniger, da keines der uns erhaltenen Dokumente göttlicher Inspiration sein Dasein verdankt“ (Sp. 1951). Wie also kommen wir Katholiken dann zu einem übernatürlichen, göttlichen Glauben? Lesen wir weiter: „Wenn sich mit der objektiven Tradition also nicht die aktive Tradition, oder, was dasselbe ist, das kirchliche unfehlbare Lehramt als höheres Element verbindet, so ist ein festes Fürwahrhalten der überlieferten Offenbarungswahrheiten auf göttlichem Glaubensgrund nicht möglich. ‘So bilden die beiden Momente, der überlieferte Glaubensinhalt und die Art und Weise seiner Überlieferung durch das kirchliche Lehramt unter dem Beistande des heiligen Geistes den vollen Begriff der Tradition’ (Hettinger)“ (Sp. 1950 f).

Mit anderen Worten: Wir haben in der katholischen Kirche einen von Gott verbürgten Guten Hirten, den unfehlbaren Papst. Der Heilige Geist leitet den Papst in seinem Hirten- und Lehramt und bewahrt ihn davor, die hl. Kirche in Glaubens- und Sittenfragen und in Fragen der Disziplin und des Kultes in den Irrtum zu führen. Nur wenn das so ist, ist er auch wirklich Stellvertreter Jesu Christi und der Gute Hirt. Am unfehlbaren Papst hängt unsere ganze Glaubenssicherheit, wie am Guten Hirten, der uns mit göttlicher Autorität leitet. Alle anderen Hirten der hl. Kirche hängen ihrerseits vom unfehlbaren Papst, vom Lehramt der Kirche ab, das allein vom Heiligen Geist erleuchtet, immer die göttliche Wahrheit verkündet und verteidigt. Nur in Übereinstimmung mit diesem Lehramt sind alle andern Hirten ebenfalls Gute Hirten. Es gibt somit keinen katholischen Glauben ohne oder gegen das unfehlbare Lehramt der Kirche, ohne oder gegen einen legitimen Papst. Wir dürfen an die Definition aus dem Katechismus erinnern: „Der christliche Glaube ist die durch Gottes Gnade erlangte feste Überzeugung, daß alles wahr ist, was Jesus gelehrt hat, und was in seinem Auftrage die katholische Kirche lehrt“ (Spirago S. 25).

Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen kommen wir zurück zu unserer eingangs gestellten Frage: Haben wir eine Mietling-Kirche, denn das könnte man doch bei oberflächiger Betrachtung unserer Situation durchaus meinen? Sind die Bischöfe, die Kardinäle und der Papst der jetzigen römischen Konzilskirche nur Mietlinge?

Die Antwort ist ein klares Nein! Vielmehr ist die Situation des Katholiken seit Roncalli alias Johannes XXIII. eine ganz und gar außerordentliche. Die Mietlinge sind nämlich nicht einfach vor dem Wolf davongelaufen, sie sind vielmehr zum Wolf übergelaufen und dadurch selber zu Wölfen geworden. Die derzeit in Rom residierende „Kirche“ ist eine Pseudokirche, in der die Wölfe regieren und die Hirten dieser „Kirche“ sind Wölfe mit Hirtenstäben! Die Mietling-Kirche existierte nur noch bis Pius XII. Seit seinem Tod sind die Wölfe eingefallen und haben den Schafstall verwüstet – wie im alten Bund Gott vom verwüsteten Weinberg sprach.

Das Meisterstück Satans aber bestand und besteht darin, daß es die allermeisten Katholiken gar nicht wahrgenommen haben, daß sie plötzlich Wölfe als Hirten hatten. Das gelang nur deswegen, weil die Feinde den Stuhl Petri erobern konnten, wie es schon Leo XIII. so klar in seinem Michaelsgebet formuliert hat: „Die überaus durchtriebenen Feinde erfüllen die Kirche, die Braut des unbefleckten Lammes mit Bitterkeit und berauschen sie mit Wermut. Zu jeder gewünschten Gottlosigkeit stellen sie sich zur Verfügung. Dort, wo der Sitz des heiligen Petrus und das Lehramt der Wahrheit zur Erleuchtung der Völker errichtet ist, dort stellen sie den Thron ihrer abscheulichen Gottlosigkeit auf, damit, nachdem der Hirt geschlagen ist, sie auch die Herde zerstreuen können“ (Vergl. Zach.13,7).

Wer das nicht wahrhaben will, der wird dazu gezwungen, den Wolf für den Guten Hirten zu halten. Der heilige Kardinal Robert Bellarmin sagt dazu: „Ein notorisch häretischer Papst hört automatisch auf, Papst und Oberhaupt der Kirche zu sein, so wie er automatisch aufhört, Christ und Mitglied des Leibes der Kirche zu sein. Aus diesem Grund kann er von der Kirche verurteilt und bestraft werden. Fügen wir hinzu, daß die Lage der Kirche sehr unglücklich wäre, würde sie gezwungen, als Hirten einen Wolf anzuerkennen, der sich offen gegen sie wendet“ (De Romano Pontifice, Kap. XXX). Das ist nun sicher für jeden leicht einsehbar: Wer den Wolf - „Der Wolf aber ist der Teufel, und die ihm folgen“, schreibt der hl. Thomas - für den Guten Hirten hält, der kommt damit sicherlich unmittelbar in Teufels Küche, wie man umgangssprachlich es ausdrückt, und es läßt sich leicht ausmalen, was mit diesem Katholiken sodann in Teufels Küche geschieht…

Bei einem Gespräch mit einem Traditions-Priester – der mit Hartnäckigkeit an der Meinung festhielt, solange jemand nicht durch einen öffentlichen Akt einer kirchlichen Autorität abgesetzt worden sei, müsse man ihn als Papst ansehen und als solchen anerkennen – wurde dieser im Laufe der Diskussion immer mehr in die Enge getrieben, und schließlich gefragt, ob er selbst den Antichristen, wenn dieser einmal auf dem Stuhl Petri sitzen würde, als seinen Papst anerkennen würde? Der Priester antwortete auf die Frage konsequenterweise mit: Ja!

Aber selbst dieses Eingeständnis konnte den Priester in seiner doch recht seltsamen Ansicht in keiner Weise erschüttern. Dies war wohl nur deswegen möglich, weil er schon allzu lange selbst Papst gespielt hat, indem er nämlich ständig das unfehlbare Lehramt der Kirche seinem eigenen privaten Urteil unterworfen und damit die Tradition, deren „Zeugnis allein tot ist, höchstens dazu fähig, in uns eine rein menschliche, historische oder philosophische Gewißheit zu erzeugen“, und nicht mehr das lebendige Lehramt für die „regula fidei proxima et immediata [nächste und unmittelbare Glaubensregel]“ hielt.

In unseren Tagen hat diese Ansicht eine ganz eigene Note erhalten, denn Herr Jorge Mario Bergolio alias Franziskus hat nun wirklich schon sehr viel Ähnlichkeit mit dem Antichristen, was die meisten Traditionalisten natürlich immer noch nicht daran hindert, ihn für den rechtmäßigen Papst zu halten, scheint es ihnen doch offensichtlich sowieso inzwischen schon viel besser, selber Papst zu spielen, nach dem Motto: Der Papst kann machen, was er will, ich bleib katholisch!

Erst kürzlich hat Bergoglio sein Leerschreiben (das „Leer“ ist kein Schreibfehler!) „Amoris Laetitia“ (wohl am Treffendsten zu übersetzen mit: „Spaß an der Liebe“ oder mit typisch bayrischem Einschlag: „Liebesgaudi“) – „über die Liebe in der Familie“ vorgestellt. Lassen wir einen kurzen Pressespiegel mit jeweiligem Kommentar folgen:

„Aus Sicht der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ergeben sich aus dem Schreiben weitreichende Konsequenzen: Seelsorger müssten nun ‚in jedem einzelnen Fall die besondere Lebenssituation‘ wiederverheirateter Geschiedener betrachten und könnten dann über eine Zulassung zur Kommunion entscheiden. ‚Nur im Blick auf die jeweilige Lebensgeschichte und Realität lässt sich gemeinsam mit den betroffenen Personen klären, ob und wie in ihrer Situation Schuld vorliegt, die einem Empfang der Eucharistie entgegensteht‘, teilte die DBK mit. Unterschrieben wurde die Erklärung vom DBK-Vorsitzenden Reinhard Marx aus München, vom Berliner Erzbischof Heiner Koch und vom Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Sie hatten im vergangenen Herbst in Rom an der vorbereitenden Synode zum Thema Ehe und Familie teilgenommen.“

Mit einem Fachwort nennt man diese Vorgehensweise: Situationsethik. Diese ist die ethische Spielart des Modernismus. Sie besagt: Es gibt keine festen, unumstößlichen Gebote mehr, diese sind vielmehr immer situationsabhängig und müssen darum auch in Abhängigkeit von der Situation jeweils neu interpretiert und angewendet werden. Im konkreten Fall geht es darum, daß der Ehebruch als Sünde de facto relativiert und je nach Situation als gerechtfertigt und entschuldbar hingestellt wird.

„Er ändert nichts und macht doch alles anders“, erklärt der Theologie-Professor Wolfgang Beinert und spricht von einem „wirklichen Reformschreiben“. Die Stoßrichtung bestehe darin, „dass der Papst von innen heraus das Ganze aushöhlt und damit eigentlich zum Einsturz bringt bei Wahrung der Fassade des Kirchenrechts“. Wolfgang Beinert trifft damit den Nagel auf den Kopf. Kürzer und prägnanter kann man das Leerschreiben sicher nicht mehr beschreiben: Die Fassade des Kirchenrechts bleibt, das göttliche Gebot aber wird de facto aufgehoben.

Kardinal Schönborn gesteht: „Meine große Freude an diesem Dokument ist, dass es konsequent die künstliche, äußerliche, fein säuberliche Trennung von 'regulär' und 'irregulär' überwindet und alle unter den gemeinsamen Anspruch des Evangeliums stellt, gemäß dem Wort des Hl. Paulus: 'Er hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um sich aller zu erbarmen (Röm 11,32).“ In diesen Worten klingt die Allerlösungslehre an, die seit einigen Jahrzehnten von den römischen Autoritäten in ihren Dokumenten vertreten wird und die letztlich lehrmäßig hinter der modernen Art von Barmherzigkeit steht, weil sie allein diese Art von Barmherzigkeit ermöglicht, die alles umfaßt. Warum sollte aber dieses „sich aller erbarmen“, so muß gefragt werden, nicht auch den Teufel und seinen Anhang einschließen?

Der Freiburger Theologe Magnus Striet bewertet das Schreiben als Plädoyer für die freie Gewissensentscheidung der Gläubigen: „Die Konsequenz ist ein anderes Verständnis von Kirche. Das Ideal einer lebenslangen Ehe bleibt, aber Ambivalenzen und Brüche werden nicht einfach verurteilt.“ – Also, Ehe ja! Ehebruch? Warum nicht! Mit Blick auf die Teilnahme an der Kommunion setzt der Papst auf die Gewissensentscheidung Wiederverheirateter und auf die pastorale Kompetenz der Priester. Bisher sind Geschiedene nach einer neuen Heirat vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen. Franziskus fordert nun eine „verantwortungsvolle persönliche und pastorale Unterscheidung der je spezifischen Fälle“, Barmherzigkeit und Integration: „Niemand darf auf ewig verurteilt werden, denn das ist nicht die Logik des Evangeliums.“ Nochmals sei es gesagt: Dieses „Niemand“ muß dann natürlich nicht nur für die Ehebrecher, sondern auch für den Teufel gelten!

Abschließend noch ein Beitrag mit einem Zitat aus dem Johannesevangelium, das zu erwarten war. Er stammt aus „kath.net“, wo es einleitend heißt: "kath.net dokumentiert die Rede von Kardinal Christoph Schönborn bei der heutigen Pressekonferenz im Wortlaut": "Papst Franziskus hat sein Schreiben unter das Leitwort gestellt: 'Es geht darum, alle zu integrieren' (AL 297). Denn es geht um eine Grundeinsicht des Evangeliums: Wir bedürfen alle der Barmherzigkeit! 'Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein' (Joh 8,7). Alle, in welcher Ehe- und Familiensituation wir uns befinden, sind unterwegs. Auch eine Ehe, bei der alles 'stimmt', ist unterwegs. Sie muss wachsen,lernen, neue Etappen schaffen. Sie kennt Sünde und Versagen, braucht Versöhnung und Neubeginn, und das bis ins hohe Alter (vgl. AL 134)."

Jeder, der die zitierte Stelle aus dem Johannesevangelium kennt, weiß, was auf diese Aufforderung unseres göttlichen Herrn folgte, nämlich: „Und er bückte sich abermals nieder und schrieb auf den Boden. Als sie die Antwort hörten, gingen sie davon, einer nach dem andern, die Ältesten voran. So blieb Jesus allein mit der Frau zurück, die in der Mitte stand. Jesus richtete sich auf und fragte sie: ‚Frau, wo sind sie? Hat keiner dich verurteilt?‘ Sie sagte: ‚Keiner, Herr.‘ Da sagte Jesus zu ihr: ‚Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige fortan nicht mehr!'“ (Joh. 8,8-11). Der alles entscheidende Satz ist der letzte: „Geh hin und sündige fortan nicht mehr!“ Wir sehen also: Die wahre göttliche Barmherzigkeit setzt Reue, Umkehr und den Vorsatz voraus, nicht mehr zu sündigen. Der Ehebrecher muß sich also von seiner Konkubine trennen und sich entweder mit seiner Frau versöhnen und zu ihr zurückkehren oder alleine leben, bis daß der Tod ihn scheidet. Dasselbe gilt natürlich auch für die Ehebrecherin. Ist es aber Barmherzigkeit, wenn man einem Sünder sagt, er könne ruhig weiter in der Sünde leben, seine Situation sei so schwierig, daß man doch Verständnis dafür aufbringen müsse und man könne doch niemand von der Gemeinschaft und der hl. Kommunion ausschließen, nur weil er Ehebruch begangen hat? Nein, das ist keine Barmherzigkeit, sondern höchste Grausamkeit, weil sie dem Sünder den Weg zu Reue und Umkehr und damit zur wahren Barmherzigkeit versperrt, ja schließlich zu vollkommener Unbußfertigkeit führen wird, was die schlimmste aller Sünden ist, verhindert sie doch jede echte Rückkehr zu Gott.

Was Bergoglio hier lehrt, ist nicht die Barmherzigkeit Gottes, sondern die Sünde wider den Heiligen Geist! Im Großen Katechismus stellt der hl. Petrus Canisius die Frage (Petrus Canisius, Der Große Katechismus, Verlag Schnell und Steiner, 2003):

157 Welche Anmaßung macht eine Sünde gegen den Heiligen Geist aus?
Die, die den auf Gottes Barmherzigkeit allein vertrauenden Menschen zum Sündigen vermessen macht, nachdem natürlich jeder Gedanke an Gerechtigkeit und Gottesfurcht aufgehoben und verworfen wurde. Auf diese Weise sündigen heute mehrere: die sich allein im Vertrauen auf den Glauben in Christus rühmen oder die mitten im Schmutz der Sünden wie das Vieh verfaulen (Joel 1,17.) und nicht nur sich selbst, sondern ebenso anderen Sicherheit zu versprechen wagen. Sie vertrauen nur auf die Verdienste Christi und die Gnade Gottes, die sie im Glauben ergriffen haben, obschon sie nicht zu den Früchten der Buße herantreten. Einigen von ihnen ruft Paulus, der Lehrer der Völker in Fragen des Glaubens und der Wahrheit, zu: Verachtest du etwa den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut? Weißt du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr treibt? Weil du aber starrsinnig bist und dein Herz nicht umkehrt, sammelst du Zorn gegen dich für den Tag des Zornes, den Tag der Offenbarung von Gottes gerechtem Gericht. Er wird jedem vergelten, wie es seine Taten verdienen (Röm 2,4-6.): Deshalb lehrt derselbe Paulus anderswo, nicht allein den Glauben zu verbreiten, sondern mit Furcht und Zittern um euer Heil zu sorgen (Phil 2,12.), und er befiehlt einen Glauben, der in der Liebe wirksam wird (Gal 5,6.). Gegen diesen großen Fehler ruft auch das Buch Jesus Sirach aus: Verlass dich nicht auf die Vergebung, füge nicht Sünde an Sünde, indem du sagst: Seine Barmherzigkeit ist groß, er wird mir viele Sünden verzeihen. Denn Erbarmen ist bei ihm, aber auch Zorn, auf den Frevlern ruht sein Grimm. (Sir 5,5 f.)

Wer im vermessentlichen Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit wieder und wieder sündigt, der fällt meist in die Sünde der Verzweiflung. Petrus Canisius in der nächsten Frage in seinem Katechismus:

158 Wie wird gegen den Heiligen Geist durch Verzweiflung gesündigt?
Indem zum oben behandelten Laster der Vermessenheit das diesem entgegengesetzte [Laster] hinzutritt, nämlich dass der Mensch jegliche Hoffnung darauf fahren lässt, bei Gott Verzeihung zu finden oder das ewige Heil zu erlangen. Durch diese Art von Verzweiflung sündigte bereits Kain, der eigens bezeugt: Zu groß ist meine Schuld, als dass ich sie tragen könnte. (Gen 4,13.) Auch Judas, der Verräter Christi, sündigte auf diese Weise, als er, der Unglückliche, sein Leben mit der Schlinge gewaltsam beendete. Dagegen ist keine Reue eines Menschen zu spät, wie der Räuber bezeugt, der am Kreuz Buße tat und die unermessliche Gnade Christi und den himmlischen Lohn erhielt.
162 Wann wird die Sünde der Unbußfertigkeit begangen?
Wenn ein Mensch von seinen Sünden, die durch die heilsame Buße gesühnt werden können, nicht ablässt und sich vornimmt, diese nie zu bereuen. Sicher ist dies für jene, die wahre Sünder sind und es bleiben wollen, der schlimmste Tod, weil sie zumindest durch ihr Verhalten, wenn nicht sogar ausdrücklich zu sagen scheinen: Wir haben mit dem Tod ein Bündnis geschlossen, wir haben mit der Unterwelt einen Vertrag gemacht. (Jes 28,15.) Soviel nun zu den Sünden gegen den Heiligen Geist, die die schlimmsten sind und die niemals oder doch fast niemals dem Menschen von Gott erlassen werden können. Deshalb müssen wir uns gegen sie schützen und die anderen gegen sie stärken, damit jenes Wort eingehalten wird: Beleidigt nicht den Heiligen Geist. (Eph4,30.) — Löscht den Geist Gottes nicht aus! (1 Thess 5,19.) — Wenn ihr seine Stimme heute hört, verhärtet eure Herzen nicht.(Hebr 3,7 f.) — Ein trotziges Herz schafft sich viel Leid. (Sir 3,27.)

Erwägt man diese Antworten aus dem Großen Katechismus des hl. Petrus Canisius angesichts der Aussagen im neuesten Schreiben Bergoglios, so ist zu befürchten, daß er die Sünder zur Sünde der vollkommenen Unbußfertigkeit verführt und somit ihr ewiges Heil aufs Spiel setzt. Diese können wahrlich sprechen: „Wir haben mit dem Tod ein Bündnis geschlossen, wir haben mit der Unterwelt einen Vertrag gemacht“ (Jes 28,15.). Ein Hirte aber, der die ihm von Jesus Christus anvertrauten Schafe ins ewige Verderben der Hölle führt, ist sicher nicht der Gute Hirte, sondern der Wolf - „Der Wolf aber ist der Teufel, und die ihm folgen“. Nimmt man all die Worte und Taten und Videos Bergoglios zusammen, die er zu verantworten hat, seit er im Gästezimmer des Vatikans wohnt, so kann man nur schlußfolgern: Wer Bergoglio immer noch für den Papst der römisch katholischen Kirche hält, der hat nicht nur seinen katholischen Glauben verloren, was evident ist, sondern zudem seinen Verstand. Die wesentliche Leistung unseres Verstandes, des menschlichen Denkens, ist nämlich die Unterscheidung. Wer nicht mehr unterscheidungsfähig ist, ist nicht mehr denkfähig. Wer aber den Wolf für den Guten Hirten, wer den Teufel für Jesus Christus hält, ist sicherlich nicht mehr unterscheidungsfähig!

Kardinal H.E. Manning bemerkt in seiner Schrift „Der Antichrist“: „Aber auf den Menschen wird Finsternis lagern, und Trauer wird kommen über Trauer und Wehe über Wehe. Dann wird die Kirche zerstreut werden und in die Wildnis getrieben, und wird eine Zeitlang, wie es im Anfang war, unsichtbar sein, verborgen in Katakomben, in Berghöhlen und Verstecken; einige Zeit wird sie gleichsam von der Oberfläche der Erde weggefegt sein. Dies ist das allgemeine Zeugnis der Väter in den ersten Jahrhunderten.“

Gott hat die Verfinsterung der Kirche zugelassen, wie es vorausgesagt wurde. Der Hirt wurde geschlagen – und die Herde hat sich zerstreut. Folgen wir nochmals ein wenig den Gedanken Kardinal Mannings aus dem Jahre 1861 – vielleicht sind Sie überrascht über die Aktualität etwa seines ersten Beispiels:

„Ist jemals etwas vorgekommen, was ein Vorläufer eines solchen Ereignisses genannt werden könnte? Blicket in das Morgenland. Der Aberglaube Mohameds, welcher in Arabien ausstand, sich hinzog über Palästina und Kleinasien, das Land der sieben Kirchen, und über Ägypten und Nordafrika, die Heimat des heiligen Augustin, des heiligen Cyprian und des heiligen Optatus, und endlich nach Konstantinopel drang, wo er bald herrschend wurde, hat überall den Kult Jesu Christi verfolgt und unterdrückt. Der Aberglaube Mohameds besitzt gegenwärtig zu seinen Moscheen eine Menge christlicher Kirchen, in welchen das beständige Opfer bereits hinweg genommen und der Altar gänzlich zerstört ist. In Alexandria und in Konstantinopel stehen Kirchen, die für den christlichen Kult erbaut wurden, welche noch nie der Fuß eines Christen betreten hat, seitdem das beständige Opfer hinweg genommen ist. Gewiß sehen wir hierin wenigstens zum Teil die Erfüllung dieser Prophezeiung, so daß viele Ausleger behaupten, Mohamed sei der Antichrist, und es werde kein anderer mehr kommen. Ohne Zweifel war er einer der vielen Vorläufer und Vorbilder des Antichristen, der kommen soll. Nun wollen wir in die abendländische Welt blicken. Ist das beständige Opfer in irgendeinem Lande hinweg genommen, z. B. in allen jenen Kirchen des protestantischen Deutschlands, die einst katholisch waren, wo das heilige Opfer der Messe täglich dargebracht wurde? In ganz Norwegen und Schweden und Dänemark und in der Hälfte der Schweiz, wo es eine Menge alter katholischer Kirchen gibt? Oder in ganz England, in den Kathedralen und Pfarrkirchen dieses Landes, die als Heiligtümer zur Darbringung des heiligen Opfers erbaut wurden? Was ist das charakteristische Merkmal der Reformation, wenn nicht die Verwerfung der Messe und alles dessen, was zu ihr gehört, da sie in den neununddreißig Artikeln der Kirche Englands als Gotteslästerung und gefährlicher Betrug erklärt ist? Die Unterdrückung des beständigen Opfers ist vor allem der Charakterzug der protestantischen Reformation. Wir finden also, daß diese Prophezeiung bereits sowohl im Morgen- als im Abendlande ihre Erfüllung gefunden hat, gleichsam in den zwei Hügeln, während in dem Herzen der Christenheit das heilige Opfer noch dargebracht wird.
Was ist die große Flut des Unglaubens, der Revolution und der Anarchie, die jetzt die Grundlagen der christlichen Gesellschaft anfrißt, nicht nur in Frankreich, sondern auch in Italien, und die jetzt Rom, den Mittelpunkt und das Heiligtum der katholischen Kirche umschließt, - was ist sie anders als der Greul, welcher das Heiligtum verwüstet und das beständige Opfer hinweg nimmt? Die geheimen Gesellschaften haben seit lange die christliche Gesellschaft Europas unterminiert und durchlöchert, und streben jetzt vorwärts nach Rom, dem Mittelpunkte aller christlichen Ordnung in der Welt. Die Erfüllung der Prophezeiung soll noch kommen, und das, was wir in den zwei Flügeln gesehen, werden wir auch im Mittelpunkte sehen, und jenes große Heer der Kirche Gottes wird für einige Zeit zerstreut werden. Es wird eine Weile scheinen, als sei es vernichtet, und die Macht der Feinde des Glaubens wird einige Zeit die Oberhand haben. Das beständige Opfer wird hinweg genommen und das Heiligtum verunreinigt sein. Was kann buchstäblicher der Greul der Verwüstung sein, als die Häresie, welche die Gegenwart des lebendigen Gottes von dem Altare entfernt hat? Wenn ihr diese Weissagung von der Verwüstung verstehen wollet, so gehet in eine Kirche, die einst katholisch war, wo jetzt kein Lebenszeichen mehr sich regt; sie steht leer und öde, ohne Altar, ohne Tabernakel, ohne die Gegenwart Jesu. Und das, was bereits im Morgen- und im Abendlande geschehen ist, dehnt sich jetzt nach dem Mittelpunkte der katholischen Einheit hin aus.
Der protestantische Geist Englands und der schismatische Geist selbst in Ländern, die dem Namen nach katholisch sind, betreibt gegenwärtig die große antikatholische Bewegung Italiens. Feindseligkeit gegen den Heiligen Stuhl ist das wahre und leitende Motiv. Und so kommen wir zu dem dritten Merkmal, zu dem Sturze „des Fürsten der Heeresmacht“, das heißt der göttlichen Autorität der Kirche, und namentlich desjenigen, in dessen Person sie verkörpert ist, des Stadthalters Jesu Christi. Gott hat ihn mit Herrscherwürde bekleidet und ihm eine Heimat und ein Erbgut gegeben auf Erden. Die Welt steht in Waffen, um ihn abzusetzen und ihm keinen Ort zu lassen, kein Haupt darauf zu legen. Rom und die römischen Staaten sind das Erbe der Menschwerdung Gottes. Die Welt ist entschlossen, die Menschwerdung von der Erde zu vertreiben. Sie will nicht dulden, daß sie auch nur so viel besitze, um die Fußsohle darauf zu setzen. Dies ist die wahre Auslegung der antikatholischen Bewegung in Italien und England: 'Tolle hunc de terra' (Nimm diesen hinweg von der Erde). Die Entthronung des Statthalters Christi ist die Entthronung der Hierarchie der allgemeinen Kirche, und die öffentliche Verwerfung der Gegenwart und des Reiches Jesu.“

Was würde der Kardinal heute, angesichts der Menschenmachwerkskirche und der Häretiker, ja Apostaten, auf dem Stuhl Petri sagen? Was angesichts der sog. Neuen Messe, dem bugninischen Kainsopfer, das auf der ganzen Welt den gottwohlgefälligen katholischen Ritus verdrängt hat? Was angesichts der zerstörten Kirchen und Altäre? Wäre er nicht doch darüber überrascht, auch wenn er erkannt hat: „Es wird eine Weile scheinen, als sei es (das Heer der Kirche, wobei mit „Heer“ die geistige Streitmacht gemeint ist) vernichtet, und die Macht der Feinde des Glaubens wird einige Zeit die Oberhand haben. Das beständige Opfer wird hinweg genommen und das Heiligtum verunreinigt sein. Was kann buchstäblicher der Greul der Verwüstung sein, als die Häresie, welche die Gegenwart des lebendigen Gottes von dem Altare entfernt hat?“

Kardinal Manning schreibt: „Die Entthronung des Statthalters Christi ist die Entthronung der Hierarchie der allgemeinen Kirche, und die öffentliche Verwerfung der Gegenwart und des Reiches Jesu.“ Satans Meisterstück war es, den Statthalter Christi nicht einfach zu entthronen, das wäre viel zu auffällig gewesen und hätte viel zu großen Widerstand zur Folge gehabt, sondern dort, „wo der Sitz des heiligen Petrus und das Lehramt der Wahrheit zur Erleuchtung der Völker errichtet ist, …den Thron ihrer abscheulichen Gottlosigkeit aufzustellen, damit, nachdem der Hirt geschlagen ist, sie auch die Herde zerstreuen können“. Erst diese Umfunktionierung des Stuhles Petri zum „Thron ihrer abscheulichen Gottlosigkeit“ machte alle anderen revolutionären Änderungen möglich. Die „Revolution in Tiara und Cappa“, wie sie die Freimaurer schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts planten und erträumten, brach im Namen des Gehorsams spielend alle Widerstände und verhalf der Revolution weltweit zum Sieg.

Wir wissen nicht, wie lange diese Zulassung und Strafe Gott dauern wird. Wir können nur darum bitten, daß Gott die Zeit abkürzt. Die dringendste Bitte jedes Katholiken in unseren Tagen muß die sein, daß Gott die papstlose Zeit möglichst schnell beendet und uns wieder einen wahrhaft Guten Hirten schenken möge. In der Votivmesse zur Zeit einer Papstwahl heißt es:

Introitus
Suscitabo mihi sacerdotem fidelem,qui juxta cor meum et animam meam faciet:
et aedificabo ei domum fidelem, et ambulabit coram Christo meo cunctis diebus.
Ps. Memento, Domine, David: Et omnis mansuetudinis ejus.

Zum Einzuge
Ich werde Mir einen treuen Priester erwecken: der handeln wird nach Meinem Herzen und Sinn. Ich will ihm erbauen ein festes Haus; und alle Tage wird er wandeln vor Meinem Gesalbten.
Ps. Herr, gedenke des David: sei eingedenk all seiner Milde.

Oratio
Supplici, Domine, humilitate deposcimus:
ut sacrosanctae Romanae Ecclesiae concedat Pontificem illum tua immensa pietas;
qui et pio in nos studio semper tibi placitus, et tuo populo pro salubri regimine sit assidue ad gloriam tui nominis reverendus.
Per Dominum nostrum.

Gebet
Herr, wir flehen demütig und bitten, Du mögest in Deiner unermeßlichen Güte der heiligen Römischen Kirche einen Papst verleihen, der durch seinen väterlichen Eifer für unser Wohl Dir allzeit wohlgefällig, dessen Regierung heilbringend sei, und dem darum Dein Volk zum Ruhme Deines Namens immerfort Ehrfurcht erweise. Durch unseren Herrn.