Arme Seelen

Nur im heiligen Glauben wird man der ganzen Wirklichkeit ansichtig, nur im göttlichen Offenbarungsglauben ist es uns gegeben, hinter die Kulissen zu schauen – wobei mit Kulissen hier der Tod gemeint ist. Eigentlich müßte man denken, daß die Menschen diese Möglichkeit freudig ergreifen würden, denn immerhin beginnt hinter diesen Kulissen des Todes die Ewigkeit – und die Ewigkeit hört niemals mehr auf, sie geht weiter und weiter und weiter, ohne je zu enden immer weiter. Ein unheimlicher Gedanke ist das, wenn die folgende Ewigkeit eine Qual wäre, ein beglückender Gedanke jedoch, wenn sie nie endende Freude schenkt. Beide Möglichkeiten sind real, sind Wirklichkeiten, das sagt uns der heilige Glaube.

In der „Nachfolge Christi“ des Thomas von Kempen ist im 24. Kapitel unter der Überschrift „Gericht und ewige Strafe“ zu lesen: „In allen Dingen bedenke das Ende und wie du dereinst vor dem gestrengen Richter stehen wirst, dem nichts verborgen ist, der auch keine Geschenke und Entschuldigungen annimmt, sondern genau so richten wird, wie es recht ist. Elender, törichter Sünder, der du schon das Angesicht eines erzürnten Menschen fürchtest, was wirst du erst Gott antworten, der alle deine Missetaten kennt? Warum siehst du dich nicht vor für den Tag des Gerichtes, wo auch keiner mehr durch einen andern entschuldigt oder verteidigt werden wird, weil jeder mit sich selbst genug zu tun hat?“

Thomas mahnt: „Jetzt ist deine Arbeit fruchtbar, jetzt wird dein Weinen angenommen, und dein Seufzen erhört, jetzt kann deine Buße der Gerechtigkeit Genüge tun und dir zur Reinigung dienen. Ein großes und heilsames Fegefeuer hat übrigens der echte Dulder hier schon auf Erden, dem die Bosheit des andern weher tut als die eigene Kränkung, der für seine Widersacher gerne betet und ihnen von Herzen ihre Schuld vergibt, der andere um Verzeihung zu bitten niemals säumt, der leichter sich erbarmet als zürnt, der sich selbst Gewalt antut und mächtig danach ringt, sein Fleisch dem Geiste zu unterwerfen. Es ist doch weit besser, du lösest jetzt schon die Bande des Lasters und reinigst dich von der Sünde, als daß du die Reinigung für die Zukunft aufsparst. Wahrlich, wir betrügen uns nur selbst, indem wir das Fleisch so ungeordnet lieb haben. Jenes Feuer drüben verzehrt nichts anderes als deine Sünden! Je mehr du dich jetzt selbst schonst und deinem Fleische nachgibst, umso härter wirst du es hernach büßen müssen, umso mehr Stoff für die Flammen wirst du mit hinüberbringen! Worin der Mensch sündigt, darin wird er auch bestraft werden.“

Der Gedanke an den „gestrengen Richter“ fällt dem modernen Menschen schwer, ja er erscheint ihm unmöglich. Das Gottesbild hat sich seit der Aufklärung – seit der man zweifelnd denkt: wenn es überhaupt noch einen Gott geben sollte, was niemand mit Gewißheit wissen kann, dann… – so verwandelt, daß es mit der Wirklichkeit nicht mehr übereinstimmt. Der strafende Gott ist dem Märchenreich zugewiesen worden, womit sich natürlich auch jeglicher sittliche Ernst auflösen muß. Ein Gott, der zwar Gebote gibt, aber sie nicht mehr einfordert, ist eine recht traurige Gestalt, unwirklich bis auf den Grund. Letztlich ist er nur noch ein letztes Zugeständnis des Unglaubens an diejenigen, die den Glauben noch nicht ganz aufzugeben bereit sind. Leider war ein Großteil der Christen mit diesem Zugeständnis zufrieden, ohne einzusehen, daß damit ihr Glaube keinen Pfifferling mehr wert war. Denn die vom menschgewordene Sohn Gottes geoffenbarte Wirklichkeit ist unzweifelhaft die des kommenden Gerichtes – des persönlichen Gerichtes am Lebensende und des letzten Gerichtes am Ende dieser Weltzeit.

Beim persönlichen Gericht wird es aber jedem offenbar werden, daß zwischen ihm und Gott die Sünden stehen, denn „Jenes Feuer drüben verzehrt nichts anderes als deine Sünden!“ Wer mit einer schweren Sünde behaftet in die Ewigkeit eintritt, der wird dafür eine ewige Strafe erhalten, weil diese Sünde unheilbar ist. Wer mit einer läßlichen Sünde behaftet stirbt, der wird mit dem Fegfeuer bestraft. Jede Tat des Menschen erhält den entsprechenden Lohn. „Siehe, ich komme bald, und mein Lohn kommt mit mir, um einem jeden nach seinen Werken zu vergelten“ (Offb 22, 12), so heißt es in der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes.

Thomas vom Kempen zeigt jenen Seelenkontrast auf, der durch die einzelnen Sünden entsteht: „Dort werden die Trägen mit glühenden Stacheln gestupft und die Schlemmer von entsetzlichem Hunger und Durst gepeinigt. Dort werden die Geilen und Wollüstigen mit brennendem Pech übergossen und die Neidischen werden heulen wie rasende Hunde. Kein Laster ist, das nicht seine eigene Strafe haben wird. Dort werden die Hochmütigen mit aller Schmach erfüllt und die Habgierigen werden die bitterste Armut erleiden. Dort wird eine Stunde der Strafe schlimmer sein als hier hundert Jahre der schwersten Buße. Dort gibt es keine Ruhe, keinen Trost mehr für die Verdammten, hier kann man doch zuweilen noch ausrasten von seinen Mühen und die Tröstungen von Freunden genießen.“

Und wieder die Mahnung: „Darum sei jetzt besorgt und bereue jetzt deine Sünden, damit du am Tage des Gerichtes geborgen bist mit den anderen Seligen. Dann werden die Gerechten ganz aufrecht denen gegenüber stehen, die sie hier nur ängstigten und bedrückten. Dann wird als Richter dastehen, wer jetzt sich demütig dem Urteile der Menschen unterwirft. Dann wird der Arme und Demütige großes Vertrauen haben und der Stolze wird zittern an allen Gliedern. Dann wird es sich zeigen, daß der weise in dieser Welt gewesen, der gelernt hat, für Christus ein Tor zu sein und verachtet. Dann werden wir froh sein über alles geduldig getragene Leid ‚und alle Bosheit wird ihren Mund schließen‘. Dann wird jeder Fromme sich freuen und jeder Gottlose trauern. Dann wird das abgetötete Fleisch mehr frohlocken als wenn es immer im Wohlleben gepflegt worden wäre. Dann wird das arme Gewand hell erglänzen und das feine wird seinen Schimmer verlieren. Dann wird die armselige Hütte mehr gepriesen werden als der goldstrotzende Palast. Dann wird die standhafte Geduld dir mehr helfen als alle Macht der Welt. Dann wird der schlichte Gehorsam höher erhoben als alle Klugheit der Welt. Dann wird dein reines, wohlgeordnetes Innere dir mehr Freude machen als alle gelehrte Philosophie. Dann wird deine Verachtung des Reichtums dir mehr gelten als alle Schäle der Sterblichen. Dann wirst du aus deinen andächtigen Gebeten höheren Trost gewinnen als aus den leckersten Gastmählern. Dann wirst du dich über ein beobachtetes Stillschweigen mehr freuen, als über das längste Geplauder. Dann werden deine guten Taten viel mehr gelten als deine schönsten Worte. Dann wirst du über dein strenges Leben und deine harte Buße mehr jubeln als über alle irdischen Lustbarkeiten.“

Im Augenblick des Todes wird ein erstaunlicher Gegensatz offenbar werden, der unübersehbar aufzeigt, daß die Gedanken Gottes anders sind als die der Menschen. Was den Menschen in dieser Welt als begehrenswert erschien, entpuppt sich plötzlich als Ursache unsagbarer Qualen. Und wenn wir nicht in uns gehen und uns bemühen, diesen Gegensatz einzusehen und Tag für Tag zu berücksichtigen, dann werden wir unweigerlich die entsprechenden, aufgrund der Gerechtigkeit Gottes notwendigen Konsequenzen zu tragen haben.

In der „Nachfolge Christi“ ergeht darum folgende eindringliche Warnung an uns: „Lerne also jetzt schon Geringes leiden, damit dir Schweres erspart bleibe. Versuche also hier schon, was du hernach doch können mußt! Wenn du jetzt so wenig aushalten kannst, wie wirst du dann die ewigen Qualen ertragen können? Wenn dich jetzt schon ein geringes Leid ungeduldig macht, was werden dann erst die Höllenqualen bewirken? Siehe, du kannst fürwahr nicht zugleich zwei Freuden haben, hier in der Welt dich zu ergötzen und dann mit Christus zu herrschen. Wenn du auch bis zum heutigen Tag immer in Ehren und Wollust gelebt hättest, was nützte es dir, wenn du jetzt sterben müßtest? Alles also ist Eitelkeit, außer Gott lieben und ihm allein dienen.“

Diese Erkenntnis wird wohl den meisten Menschen im Augenblick ihres Todes schmerzlich entgegentreten: „Alles also ist Eitelkeit, außer Gott lieben und ihm allein dienen.“ Eine im wahrsten Sinne ernüchternde Erkenntnis wird das sein und zugleich eine Erkenntnis, an der man nicht mehr vorbeikommt, die Zeit ist nämlich aus! Die Zeit, noch etwas zu ändern, etwas zu verbessern, etwas nachzuholen – wie es das Sprichwort formuliert: Wohin der Baum fällt, da bleibt er liegen.

Arme Seelen

Der 1962 in Passau verstorbene niederbayrische Heimatdichter, Geschichtenschreiber und -sammler, Franz Schrönghamer-Heimdal hat in seinem Buch „Alle guten Geister“ (SüdOst Verlag, Waldkirchen 1999) ein Kapitel mit der Überschrift „Arme Seelen“ eingefügt, in welchem er zu bedenken gibt: „Dass es neben der sichtbaren Körperwelt eine – für gewöhnlich unsichtbare – Geisterwelt gibt, ist dem Wissenden kein Geheimnis mehr. Die zahllosen Spukgeschichten, die im Volke umgehen, sind nicht immer Ausfluss von Hirngespinsten oder Sinnestäuschungen, viele davon beruhen auf Wahrheit und sind von einwandfreien Zeugen verbürgt. Der gläubige Christ vor allem kann keinen Zweifel an der Tatsache haben, dass es eine geistige Welt mit guten und bösen Wesen gibt, die auch dem Erdenmenschen erscheinen können. Die Schriften des Alten und Neuen Bundes wie auch die Heiligenlegenden sind erfüllt von solchen Tatsachen, die den gotterschlossenen Menschen eigentlich Selbstverständlichkeiten waren.“

Der Autor fährt fort: „Die Zweifelsucht und ihre Folge, der Unglaube in jedem Betracht, begannen erst in der Zeit der Aufklärung und des Materialismus, der nur die sichtbaren, handgreiflichen Dinge gelten ließ. Dieser Makel und Mangel der modernen Menschheit vermag jedoch an den Tatsachen der geistigen Welt nichts zu ändern. Sie besteht immer noch, wie sie von je bestand, wenn auch manches den gläubigen Christen auf Abwege zu leiten sucht, dass sein Sinn für das Höhere ertötet, sein Herz dem einen Notwendigen verschlossen werde.“

Er gibt zu bedenken: „Aber auch heute geschehen noch Dinge, vor denen die Wissenschaft ratlos die Hände ringt. Wir brauchen nur an Konnersreuth zu denken. Auch heute gibt es noch Erscheinungen aus der geistigen Welt, wenn sie auch nur Begnadeten zuteil werden, die ihre Erlebnisse nicht an die große Glocke hängen, sondern als heiliges Geheimnis für sich bewahren. Solche Erlebnisse sind eindrucksvollste Beweise für das Weiterleben nach dem Tode, wie auch für die Wahrheiten der christlichen Heils- und Gnadenlehren. Es geschieht nur ganz selten, dass Erlebnisse dieser Art in die Presse und damit an die breitere Öffentlichkeit kommen. Die Erlebenden schweigen aus Ehrfurcht vor dem Erlebten, auch aus Furcht vor den Mitmenschen und einer gewissen Scheu, die ‚Perlen vor die Schweine zu werfen‘. Sie könnten von diesen in den Kot getreten werden. Wenn in solchen Erlebnisfällen überhaupt Mitteilungen an andere erfolgen, so beschränken sie sich in der Regel auf die nächsten Angehörigen. Solche Erlebnisfälle sind aber durchaus nicht so selten, wie man gemeinhin glaubt.“

Die unsichtbare Welt des Fegfeuers etwa ist durchaus nicht so unsichtbar, wie es der moderne Mensch sich einbildet oder meint, sich aus wissenschaftlicher Skepsis einbilden zu können, denn es gibt ein Heer von durchaus ernstzunehmenden Zeugen, die ihre Erfahrungen mit jener Welt gemacht haben. Die Heiligen und Seher haben diese Welt erkundet und z.T. lebhaftesten und vertrautesten Umgang mit ihr gehabt. Warum will man diese Zeugnisse nicht mehr ernst nehmen? Warum meint man, solche Erlebnisse könnten nur einer kranken Phantasie entspringen?

Unser Dichter bekennt: „Ich habe in dieser Beziehung viel herumgehorcht und bei allen möglichen Gelegenheiten das Gespräch auf solche Dinge gebracht. Und merkwürdig: Fast jeder, mit dem ich auf diese Weise zu tun hatte, wusste von sich oder aus seinen Bekanntenkreisen unerklärliche Fälle von Ahnungen, Vorgesichten, Träumen und Erscheinungen zu berichten, die das Hereinragen der geistigen Welt und die Verbundenheit der Verstorbenen mit ihren Hinterbliebenen in ein seltsames Licht rücken.“

Dieses Erfahrungswissen war in früheren Zeiten in katholischen Gebieten sicher noch allgemein. Fast jeder hatte in irgendeiner Weise Erlebnisse mit der anderen Welt gemacht oder zumindest von Bekannten oder Verwandten davon gehört: „unerklärliche Fälle von Ahnungen, Vorgesichten, Träumen und Erscheinungen ..., die das Hereinragen der geistigen Welt und die Verbundenheit der Verstorbenen mit ihren Hinterbliebenen in ein seltsames Licht rücken“.

Franz Schrönghamer-Heimdal berichtet von einem angesehenen katholischen Priester, der 1929 in einer wissenschaftlichen Zeitschrift (Natur und Kultur) aus einer Fülle von Fällen einige in der jüngsten Zeit geschehene Erscheinungen von Verstorbenen herausgriff, um sie der wissenschaftlich eingestellten Leserwelt vor Augen zu führen. Der Schriftsteller hebt hervor: „Diese Fälle, an deren Tatsächlichkeit kein Zweifel möglich ist, beweisen mit aller Deutlichkeit, dass die Geisterwelt auch heute noch nicht verschlossen ist. Sie sind lebendigste und anschaulichste Beispiele für das Weiterleben nach dem Tode, namentlich aber für die Art und Weise dieses Weiterlebens, die uns Lebenden heilsamste Anregungen bietet. Dass es sich bei diesen Erscheinungen nicht um Hirngespinste handelt, beweist der Umstand, dass ein solcher Geist auch von der Katze des Erlebenden gesehen wurde, die sich der Erscheinung neugierig näherte, dann aber erschrocken zur Seite sprang.“

Er bemerkt: „Die Tatsache, dass gewisse Tiere, besonders Hunde und Pferde, die Fähigkeit besitzen, Erscheinungen aus der Geisterwelt zu sehen, ist bekannt und wiederholt bewiesen. In einem anderen Falle wurde der Entsetzensschrei einer erschienenen armen Seele von einem Mitbewohner des Hauses gehört. Dieser meinte, der 'Seher' – wie wir den Erlebenden dieser Erscheinungen hier nennen wollen – hätte im Traum so laut geschrien. In einem weiteren Fall war die Berührung eines abgeschiedenen Geistes an der Hand des Sehers zehn Tage lang als rötliches Brandmal sichtbar wie eine natürliche Brandwunde. Alle diese Tatsachen sprechen dafür, dass es sich hier nicht um Hirngespinste, sondern um leibhaftige Erscheinungen von armen Seelen handelt, qui in tenebris et in umbra sedent, die in der Finsternis der Gottesferne und im Schatten des Todes weilen. Sie haben nur einen Schimmer des erlösenden Lichtes in ihrer Verlassenheit im 'Zwischenraum', zwischen der Anschauung Gottes und der 'Äußersten Finsternis', also im Fegfeuer.“

Einige Schilderungen: „Eine Erscheinung schildert den Vorgang des Sterbens: 'Es ist ein Erschauern der Seele in Anbetung und dann ein Versinken in die Reinigung. Wir ziehen einzeln unsere Wege.' Eine andere Seele klagt: 'Gott ist gerecht. Meine Sünden schreien zum Himmel. Ich brenne! Ich bin in der Finsternis! Zuerst bin ich vor das Gericht gekommen, dann kam die Strafe. Ich habe angebetet und bin versunken.' Also genau wie die erste Erscheinung – Anbeten und versinken ... Tröstlich ist, was die zweite Seele weiter berichtet: 'Ich habe das Ärgste überstanden. Ich bin jetzt im Lichtkreis. Wenn ganz rein, kommt die Anschauung Gottes.' Andere Äußerungen dieser armen Seelen, die mit der 'Zulassung Gottes' zu dem Seher kommen durften, sind: 'Das Jenseits ist die Klarheit und die Erkenntnis.'
'Gottes Gerechtigkeit sieht anders als die der Menschen.' 'Christi Blut – in den heiligen Messopfern – fließt in Strömen. Dieses Blut führt uns zum Leben.' Eine arme Seele jubelt den Erlösungsruf: 'Ich bin im Licht!'“

Schließlich: „Es handelt sich um vielfache Erscheinungen verschiedener Verstorbener, auch von solchen, die der Seher zu Lebzeiten nicht gekannt hat. Sie geben ihm aber auf Befragen an, wo sie auf Erden geweilt hätten. Die Gestalten waren durchwegs deutlich sichtbar, wenn ihr Äußeres auch oft verschwommen und das Gesicht fast unkenntlich war. Manche waren widerlich und abstoßend, je näher sie aber dem Lichtkreis kamen, desto heller und deutlicher wurden ihre Seelenleiber, ihre 'körperlosen Körper', die sich anfühlten wie ein 'feuchtes, warmes Tuch'. Manche von diesen armen Seelen sind noch so tief im Leiden, dass sie nur stöhnen können. Andere können schon sprechen und geben Antwort auf die Fragen des Sehers. 'Warum kommst du zu mir?' 'Weil du immer für mich gebetet hast.' 'Liegt dir viel daran, dass ich in die heilige Messe gehe?' 'Du kannst mir viel helfen.' 'Was musst du denn leiden?' 'Ich brenne!' Und zum Beweise drückte er einen Finger auf die Hand des Sehers, und das tat so weh, dass dieser aufschrie. Die Brandwunde blieb zehn Tage sichtbar.“

Auch in vielen anderen Berichten über Erscheinungen von Armen Seelen lassen diese Beweise für ihr Dasein zurück. Im Fegfeuermuseum (Piccolo Museo del Purgatorio in Sacro Cuore Del Suffragio) in der Kirche des Heiligen Herzens der Fürbitten für die Verstorbenen in Rom finden sich viele solcher Beweisstücke. Da werden z.B. drei Fingerabdrücke von Palmira Rastelli, die sie ein Jahr nach ihrem Tod auf dem Gebetbuch von Maria Zaganti hinterlassen hat, gezeigt. Ebenfalls Fingerabdrücke Verstorbener auf Stoffetzen, Nachthemden und Unterwäsche. Auch Feuerspuren auf Gebetbüchern (wie dem der Margarete Dammerle aus Erlingen) sind zu sehen, oder das Hemd des Sieur Joseph Leleux aus Mons, das den Abdruck brennender Finger, datiert vom 21. Januar 1789, trägt. Außerdem ein stark versengter Militärmantel der italienischen Wache, die während einer Nacht des Jahres 1932 im Pantheon das Zenotaphium (Zenotaphium: Leeres Grabmal Erinnerung an einen Toten, der an anderer Stelle begraben ist.) des ermordeten Königs Humbert I. hütete, dessen Gespenst eine feurige Hand auf der Schulter des Soldaten abdrückte, nachdem es ihm eine Botschaft für Viktor Emanuel III. anvertraut hatte. Man kann hier auch ein Kreuz sehen, das tadellos von der Spitze eines glühenden Zeigefingers gezeichnet worden ist. Also alles, wenn man so will, wissenschaftliche Beweise dafür, daß sie existieren, die Seelen im Fegefeuer.

Heute ist das Museum der Seelen im Fegfeuer längst vergessen. Die Kongregation der Helferinnen für das Fegfeuer hat ihren Namen geändert. Die Altäre mit den Fegfeuerdarstellungen, die einst so zahlreich in den Kirchen waren, sind verschwunden. Man liest nicht mehr die Offenbarungen der heiligen Katharina von Genua über die Armen Seelen und spricht ebenfalls nicht mehr von den 6 Vater unser und den 6 Gegrüßt für die Seelen im Fegfeuer, welche die heilige Theresia von Lisieux bis zu ihrem Tode betete, noch vom heldenhaften Hingabeakt, durch den sie sich Gott aufopferte, um an deren Stelle zu leiden. Die Armen Seelen sind großteils vergessen – und darum ärmer als jemals zuvor in der Geschichte des Christentums.

Folgen wir nochmals dem Heimatdichter, Franz Schrönghamer-Heimdal, in seinem Bericht über diese so ernste Welt. „Zwei dieser armen Seelen nannten auch die Sünden, derentwegen sie noch leiden mussten. Die eine bezichtigte sich des Diebstahls und bat um heilige Messen. Die andere bekannte sich als Verleumder, und zwar durch briefliche Ehrabschneidungen: ‘Mein Wort lebt in der Schrift weiter. So stirbt die Lüge nicht.’ Als Mithilfe in ihren Leiden werden ‘Opfer’ und ‘heilige Messen’ erbeten. Der Seher sah diese armen Seelen, von denen ihn manche wochenlang bedrängten, häufig auch bei Tage. Eine davon begleitete ihn sogar in die Kirche. Da fragte sie der Seher: ‘Siehst du Christus im Sakrament oder in Wirklichkeit?’ ‘Das Sakrament ist für die Lebenden. Die Wirklichkeit der Anschauung kommt erst, wenn ich rein bin.’“

Wiederum: „Eine andere arme Seele sagte dem Seher, dass sie nun erlöst und in der Klarheit sei. Da bat sie der Seher: ‘Vergiss mich nicht!’ Die Seele: ‘Die Lebenden danken und vergessen, die Toten können nicht vergessen, was Liebe gab.’ Damit verschwand die erlöste Seele und kam auch nicht wieder. Sie war ins ‘Licht’ eingegangen … Dieses ergreifende Bekenntnis sollte ein mächtiger Antrieb sein, unseren armen Seelen alle Liebe zu geben, deren wir fähig sind. ‘Opfer’ und ‘heilige Messen’ benennen die armen Seelen selbst als ihre besten Hilfsmittel, dass sie aus der Verlassenheit in der Finsternis ins Licht und zur Anschauung Gottes gelangen. Schon der Apostel sagt: ‘Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke, für die Verstorbenen zu beten.’ Aber nicht Eigennutz, sondern Mitleid und Liebe zu den Verlassensten der Verlassenen soll unser Leitstern sein beim Gebetsgedenken und Sühneopfer für sie. Denn auch wir Lebenden sind schon eingeschlossen in den mystischen Leib des Erlösers, der aus Liebe sein kostbares Blut für uns alle vergossen hat. Und auch unser Weg geht einst zur Anbetung – ins Versinken – ins läuternde Feuer des sühnenden Leidens, bis auch wir einst jubelnd ausrufen dürfen: ‘Ich bin im Licht!’“

Dem ist wohl kaum mehr etwas hinzuzufügen. Aus dem Gesagten aber sollen wir lernen, uns eine heilige Sorge um die Armen Seelen anzueignen – „Aber nicht Eigennutz, sondern Mitleid und Liebe zu den Verlassensten der Verlassenen soll unser Leitstern sein beim Gebetsgedenken und Sühneopfer für sie“.

Wir wollen nun noch einen weiteren Bericht über Armenseelenerscheinungen anfügen, den der Dichter ebenfalls in seinem Buch „Alle guten Geister“ veröffentlicht hat, und der uns zeigt, wie segensreich die alte Ablaßordnung war – und uns wieder einmal vor Augen führt, wie zielsicher die Menschenmachwerkskirche diesen Schatz zerstört hat.

Wohltat um Wohltat

Aus einem rheinischen Städtchen geht mir von einem älteren frommen Fräulein nachstehender Bericht zu mit der Bitte um Veröffentlichung, damit auch andere zu guten Werken zum Trost der armen Seelen angeregt werden. Ich erfülle den Wunsch der Dame umso lieber, als ich aus eigener Erfahrung weiß, wie sehr die leidenden Seelen auf unsere Gebete und Opfer angewiesen sind. Die Dame berichtet:
In meiner Jugendzeit lebte ich in recht ärmlichen Verhältnissen mit meiner frommen Mutter zusammen, da der Vater schon längst verstorben war. Als ich ungefähr zwanzig Jahre alt war, erhielt die Pfarrkirche unseres Städtchens, eine frühere alte Klosterkirche, das Privileg zur Gewinnung des Portiunkulaablasses, eine Vergünstigung, die früher nur die Franziskanerkirchen genossen. Der Pfarrherr unseres Gotteshauses, auf dessen Bitte jenes Privileg gewährt wurde, wies uns in mehreren Predigten auf die großen geistlichen Segnungen dieses Ablasses hin. Er ermahnte uns, recht fleißig Gebrauch davon zu machen, sowohl für uns selbst als auch für unsere Verstorbenen. Vor allem sollten wir uns durch eine gute Beicht in den erforderlichen Seelenzustand zur rechten Gewinnung des Ablasses setzen.
Ich war über die Vergünstigung dieser Ablasszuwendung hoch erfreut und nahm mir vor, möglichst vielen armen Seelen zu helfen.
Eifrig bereitete ich mich auf die Gewinnung dieses Ablasses vor sowohl durch eine gewissenhafte Generalbeicht als auch durch ein mehrtägiges Fasten zur Hilfe für die armen Seelen.
Nun kommt das Seltsame, das mir ewig unvergesslich bleibt.
In der Nacht vor dem Ablasstag hatte ich ein eigenartiges Erlebnis. Ich war zu Bett gegangen, als eine große Anzahl Leute, die ich alsbald als verstorbene Verwandte und Freunde erkannte, mein Lager umstand. Auch Unbekannte waren dabei, die sich jedoch als vor langer Zeit schon verstorbene Verwandte vorstellten. Alle baten mich flehentlich um Gewinnung des Ablasses für sie, was ich ihnen freudig zusagte. Zuletzt kam noch ein junger Mann heran, der nach Aussehen und Kleidung den besseren Ständen angehören musste. Ich kannte ihn zu seinen Lebzeiten nicht. So stellte er sich mir mit den Worten vor:
„Ich heiße Rudolf Forkner und war früher hier in dieser Stadt zu Hause. Ich habe damals deiner Mutter einen großen Gefallen erwiesen und möchte dich deshalb bitten, den Ablass auch für mich zu gewinnen.“
Ich versprach es gern.
Am nächsten Morgen richtete ich sogleich die Frage an meine Mutter: „Hast du früher einen Rudolf Forkner gekannt?“
„Ja“, war ihre Antwort. „Das war der Sohn des alten Apothekers hier.“
„Hat dir dieser einmal einen Gefallen erwiesen?“
„Ja, einen sehr großen sogar. Du weißt ja, dass dein früh verstorbener Vater jahrelang krank war und ständig viele Arzneimittel verbrauchte, die ich aber bei unserer Armut nicht mehr bezahlen konnte. Die Schuld beim Apotheker belief sich schon auf über 30 Taler, damals ein Heidengeld. Eines Tages drohte mir der Apotheker, das Geld gerichtlich einzutreiben, wenn ich weiter in Verzug bliebe. Schweren Herzens bat ich ihn noch einmal um Nachsicht, damit wir nicht unser letztes Eigentum, die einzige Kuh, die uns nährte, verkaufen müssten. Er möchte doch auf unsere verzweifelte Lage Rücksicht nehmen und noch einmal zuwarten, bis sich eine andere Lösung fände. Doch ließ sich der alte Herr nicht mehr erweichen. Zornig scheltend verließ er den Laden, in dem ich weinend stand.
Der Sohn des Apothekers, eben jener Rudolf Forkner, um den du fragst, hatte schweigend zugehört. As sich sein Vater entfernt hatte, sagte er zu mir: „Beruhigen Sie sich, gute Frau, es wird Ihnen nichts geschehen. Ich werde den Betrag für Sie erlegen und die Schuld im Buch streichen“
Ich erzählte nun der Mutter mein Erlebnis mit dem jungen Mann, der mir als arme Seele erschienen war. Voll dankbarer Rührung gedachten wir seiner edlen Tat und freuten uns, ihm dieselbe auf die genannte Weise vergelten zu können. Wohltat um Wohltat.

Anhang: Pater Martin von Cochem - Über den Wert der hl. Messe für die Armen Seelen

1. Das heilige Meßopfer ist die beste Hilfe für die armen Seelen

Es gibt viele Mittel, die den leidenden Seelen helfen und sie aus ihren schrecklichen Qualen erretten. Keines hilft aber so gewiß, und keines ist so kräftig wie das heilige Meßopfer. Dies bezeugt die katholische Kirche auf dem Konzil von Trient: „Die allgemeine Kirchenversammlung lehrt, daß die Seelen im Fegfeuer durch die Fürbitte der Gläubigen, vorzüglich aber durch die heilsame Aufopferung der heiligen Messe Hilfe erlangen“ [25. Sitzung]. Das gleiche hat auch der „engelgleiche Lehrer“, der heilige Thomas von Aquin, schon 300 Jahre vorher gelehrt mit den Worten: „Es gibt kein anderes Opfer, wodurch die Armen Seelen aus dem Fegfeuer schneller erlöst werden, als das heilige Meßopfer.“

Bei der heiligen Messe bitten nicht allein der Priester und die Gläubigen eifrig für die Erlösung der Seelen, sondern sie opfern Gott zugleich eine vollgültige Zahlung für die Schulden auf und versöhnen so den gerechten Zorn Gottes. Wenn jemand nicht bloß um Erlösung eines armen Schuldners aus dem Gefängnis bittet, sondern zugleich die ganze Schuld bezahlt, bewirkt er die Befreiung des Schuldners. Die Armen Seelen sind in der Gnade Gottes; denn sie haben den erzürnten Gott durch Reue und Beichte versöhnt. Sie liegen wegen der Sündenstrafen im fürchterlichen, brennenden Kerker gefangen. Wenn du ihnen das Verdienst deines Gebetes schenkst, bezahlst du einen Teil von ihren schweren Schulden. Du wirst sie aber schwerlich aus ihrer bitteren Qual erretten, denn der Richter hat das strenge Urteil gesprochen: „Siehe zu, daß du nicht in den Kerker geworfen wirst. Wahrlich, sag ich dir, du wirst von da nicht herauskommen, bis du den letzten Heller bezahlt hast.“ [Mt 5,25-26]. Hörst du die heilige Messe für eine Arme Seele und opferst sie dem gerechten Gott auf, bezahlst du einen großen Teil der Schulden dieser armen gefangenen Seelen.

2. Es ist besser, heilige Messen während dem Leben zu hören

Wie viele Strafen durch eine heilige Messe bezahlt werden, ist ungewiß, weil Gott dies nicht geoffenbart hat. So viel ist aber gewiß, daß eine heilige Messe, bei Lebzeiten gehört oder gelesen, mehr Strafen bezahlt, als eine Messe, die nach dem Tod für die Seele aufgeopfert wird. Dies lehrt der heilige Anselm: „Eine heilige Messe, bei Lebzeiten gehört, gilt mehr als viele, die nach dem Tode gelesen werden.“

Wer bei Lebzeiten eine heilige Messe für sich lesen läßt oder hört, erlangt die Vermehrung der himmlischen Glorie. Wenn auch hundert heilige Messen nach dem Tod gelesen oder gehört werden, kann die himmlische Freude der Seele nicht erhöht werden. Hörst du in deinem Leben eine heilige Messe im Stande der Ungnade, so verleiht dir Gott vielleicht die Erkenntnis deiner Sünden und die Gnade der Reue, so daß du in den Stand der Gnade gelangst. Diese Gnade kann dir nach deinem Tod nicht widerfahren. Aus der Hölle kann dich das heilige Meßopfer nicht befreien.

Die heilige Messe, die du vor deinem Tod hörst, gehen mit dir zum Gericht, rufen für dich um Gnade und bewahren dich ganz oder teilweise vor dem Fegfeuer. Werden die heiligen Messen erst nach deinem Tod gelesen, so mußt du auf sie in den schrecklichen Peinen des Fegfeuers warten.

Wenn du bei Lebzeiten für eine heilige Messe ein Almosen gibst, so beraubst du dich deines Geldes. Du sparst es gleichsam deinem Munde ab und schenkst es freiwillig deinem lieben Gott. Nach deinem Tod dagegen gehört das Geld nicht mehr dir, sondern deinen Erben. Darum ist zu fürchten, daß die heiligen Messen dir weniger nützen.

Eine heilige Messe vermag bei Lebzeiten sicherlich mehr Strafen abzuzahlen, als viele heilige Messen nach dem Tod. In dieser Welt ist die Zeit der Gnade, im Jenseits die Zeit der gerechten Bestrafung. Auf Erden kannst du viel leichter den strengen Richter versöhnen. Denn so spricht der heilige Bonaventura: „Gott schätzt eine geringe freiwillige Buße in diesem Leben höher als ein schweres Leiden im anderen Leben, das nicht freiwillig ist. Ein wenig Gold gilt mehr als ein großes Stück Blei.“

Die „Muttergottes von der Fürbitte“ ist ein großer Trost für die armen Seelen. In dem Maße, wie der Priester andächtig die heilige Messe mitfeiert, legt die Muttergottes Fürbitte für die Armen Seelen ein.

3. Die heilige Messe befreit die Armen Seelen

Breidenbach schreibt, daß ein Bürger zu Herzogenbusch nach dem Tod seiner Dienstmagd erschienen sei. Von den Flammen des Fegfeuers umgeben, habe er gesagt, er leide große Pein. Der Sohn möge dafür sorgen, daß für ihn einige heilige Messen gelesen werden. Der Sohn ließ drei heilige Messen lesen. Die Magd sah, wie der Geist des Verstorbenen diesen heiligen Messen kniend beiwohnte. Nach Beendigung der drei heiligen Messen sprach der Geist zu ihr: „Sage meinem Sohn Dank. Fünf Jahre war ich zu den Peinen des Fegfeuers verurteilt worden. Wegen dieser drei heiligen Messen und wegen des Gebetes der Gläubigen hat mir Gott vier Jahre und vier Tage von meiner Pein geschenkt.“

Zur Zeit des heiligen Bernhard von Clairvaux war ein Klosterbruder gestorben, der in der folgenden Nacht einem frommen Pater erschien und sprach: „Komm und sieh, welch schrecklichen Qualen ich durch das gerechte Urteil Gottes übergeben worden bin.“ Er führte den Pater zu einem breiten und tiefen Brunnen, der mit Feuer angefüllt war, und sagte: „In diesen schrecklichen Pfuhl wurde ich gestürzt.“ Am folgenden Morgen erzählte der fromme Pater die Erscheinung dem heiligen Bernhard. Dieser rief alle Brüder zusammen, schilderte ihnen die große Qual des verstorbenen Mitbruders und ermahnte sie, durch Gebet und heilige Messen den Zorn Gottes zu versöhnen. Die Patres taten dies mit großer Andacht. Nach wenigen Tagen erschien die Seele des verstorbenen Bruders dem frommen Pater wieder und gab ihm durch ihre heitere Miene zu erkennen, daß sie in einem besseren Zustand sei. Der Pater fragte: „Wie steht es mit dir?“ Die Seele antwortete: „Gott sei Dank, ich befinde mich wohl.“ Der Pater fragte: „Wodurch bist du erlöst worden?“

Die Seele sprach: „Komm und sieh!“ Die Seele führte den Pater in die Klosterkirche, wo die Priester an den Altären mit großer Andacht die heilige Messe lasen. Da sprach die Seele: „Siehe, das sind die Waffen der Gnade Gottes, wodurch ich errettet worden bin. Das ist die Kraft der Barmherzigkeit Gottes, die unüberwindlich bleibt. Siehe, das ist das ausgezeichnete Schlachtopfer, das die Sünden der Welt hinwegnimmt.“

Nach diesen Worten verschwand die Seele. Der fromme Pater berichtete seinen Mitbrüdern die Erlösung der Seele und schilderte die große Kraft des heiligen Meßopfers, die ihm der Geist erklärte. Alle Patres wurden mit neuem Eifer für die heilige Messe entflammt.

4. Auch das Anhören der heiligen Messe nützt den Armen Seelen

Die Seelen gehen nicht so leicht in den Himmel ein, wie wir glauben. Kannst du keine heiligen Messen für die Armen Seelen lesen lassen, so wohne vielen heiligen Messen für sie bei. Bitte auch deine Freunde, die eine oder andere heilige Messe für sie zu hören. Diesen Rat gab Tamberinus einer armen Witwe, die klagte, daß sie keine heilige Messe für ihren verstorbenen Mann lesen lassen könnte. Er sagte nämlich: „Höre viele heilige Messen und opfert alle Gott für die Arme Seele eures Mannes auf. Es kann geschehen, daß die Seele durch viele gehörte heilige Messen eher erlöst wird, als wenn nur die eine oder andere Messe für sie gelesen würde.“ Es bringt zwar größere Gnaden, eine heilige Messe lesen zu lassen, als eine heilige Messe für eine Arme Seele zu hören. Wenn du aber die heilige Messe für die Seele aufopferst und das Blut Christi über sie ausgießest, wendest du der Seele viele Gnaden zu.

5. Das Blut Christi wirkt die Versöhnung

Im Alten Testament sprach Gott: „Ich habe euch das Blut gegeben, damit es auf dem Altar die Versöhnung wirke für eure Seelen“ [3 Mos 17,11 ]. Über diesen Text sagt der heilige Thomas von Aquin: „In diesen Worten ist vorbedeutet worden, daß das Opfer des Leibes und Blutes Christi den Seelen des Fegfeuers nütze. Wenn bei den Juden das Blut der geschlachteten Tiere zur Reinigung der Seele diente, wieviel mehr wird das kostbare Blut Jesu Christi, das auf dem Altar aufgeopfert wird, die Seelen des Fegfeuers von allen Makeln reinigen und sie aus der Qual erlösen.“

Keinen Menschen, der in einem schweren Fieber liegt, wird ein kühler Trunk so erquicken, wie das kostbare Blut Jesu Christi, das man unter der heiligen Messe geistigerweise über die Seelen ausgießt.

6. Die heilige Messe vermag mehr als alle anderen Werke

Der selige Heinrich Suso, ein Pater aus dem Dominikanerorden, schloß, als er in Köln studierte, mit einem Mitbruder einen Bund. Derjenige, welcher den anderen überleben würde, sollte einige heilige Messen für den Verstorbenen lesen. Nach Vollendung der Studien blieb Pater Suso in Köln, während sein Gefährte nach Schwaben geschickt wurde. Nach einigen Jahren starb der Mitbruder, und sein Tod wurde dem Pater Suso gemeldet. Dieser wußte gut, was er zu tun schuldig war. Augenblicklich konnte er es aber nicht erfüllen. Dennoch betete er viel, fastete streng und kasteite sich scharf für die Erlösung dieser lieben Seele. Nach einigen Tagen erschien ihm dieser ganz betrübt und sprach: „Du untreuer Freund! Warum hältst du das Versprechen nicht, das du mir gemacht hast?“ Der gute Pater erschrak und antwortete in großer Angst: „Zürne mir nicht, mein lieber Freund, ich war gehindert, die heiligen Messen zu lesen. Ich habe andere Werke für dich aufgeopfert.“ Der Geist sagte: „Dein Gebet ist nicht mächtig genug, mich aus der Qual zu erretten. Das heilige Blut Jesus Christi, das in der heiligen Messe für uns aufgeopfert wird, ist allein imstande, uns zu erlösen. Hättest du für mich die versprochenen heiligen Messen gelesen, so wäre ich schon aus dem feurigen Kerker erlöst. Daß ich aber noch brennen muß, verschuldest du allein.“ Nachdem sich Suso ein wenig erholt hatte, ging er zu seinem Oberen, erzählte ihm die Erscheinung und bat ihn flehentlich, ihm die schuldigen heiligen Messen abzunehmen, damit er die versprochenen heiligen Messen für die Seele seines Freundes lesen könne. Als das Versprechen eingelöst war, erschien ihm der Geist aufs Neue und versicherte ihm, daß er erlöst sei und für ihn im Himmel bitten wolle.

7. Das Weihwasser lindert die Leiden des Fegfeuers

Wenn die Gräber mit Weihrauch beräuchert oder mit Weihwasser besprengt werden, so bringt dies den Armen Seelen große Erquickung. Das Weihwasser berührt zwar nur das Grab, seine Kraft dringt aber in das Fegfeuer hinab und erquickt die Armen Seelen, ähnlich wie das Taufwasser nur das Haupt des Täuflings benetzt, aber innerlich doch die Seele reinigt. Deswegen besprenge die Gräber deiner Freunde oft, und du wirst die Pein der Armen Seelen lindern.

(Genommen aus „Sie kamen aus dem Feuer“, Theresia-Verlag 2001).