Zur Oktav der hll. Apostelfürsten Petrus und Paulus

Das Fest der hll. Apostel Petrus und Paulus ist ein ganz und gar katholisches Fest, ein Fest, das unser katholisches Herz spontan anspricht und bewegt, wenn auch leider heutzutage eher schmerzlich als feierlich und freudig. Das liegt freilich nicht an den beiden Apostelfürsten, die zu feiern immer eine große Freude ist, sondern an den widrigen Umständen dieser papstlosen Zeit. Eigentlich müßte man heute gewissermaßen die Fahnen auf Halbmast hängen. Denn wie trostlos ist diese Zeit ohne Papst, d.h. etwas genauer, präziser ausgedrückt: Wie trostlos ist es in dieser Zeit der illegitimen Päpste. Denn wenn es gar keine Päpste gäbe, dann wäre ja wenigstens die Sachlage klar, so aber gibt es auch noch darüber Streit, ob denn die Konzilspäpste und ihre Nachfolger überhaupt legitime Päpste sein können oder vielleicht doch nur schlechte Päpste sind, schlechte Päpste, aber immerhin Päpste.

Machen wir uns also ein wenig Gedanken über den hl. Petrus und versuchen wir daraus Gewinn für unseren Glauben zu ziehen. Die hl. Liturgie wählt zum Fest der hll. Apostelfürsten das Evangelium der Amtsverheißung an Petrus. Es ist durchaus wert, diese etwas eingehender zu betrachten, denn die göttliche Vorsehung hat darin einige Erkenntnisse verborgen, die heute wichtig sind. Das Wort Gottes ist erfüllt vom Geist der Wahrheit, der oft ganz überraschend tief und umfassend unter einem sehr einfachen Äußeren verborgen ist.

Der hl. Evangelist Matthäus, der uns diesen Bericht aufgeschrieben hat, gestaltet ihn ungewöhnlich kunstvoll und feierlich. Einleitend erwähnt der den genauen Ort, an dem dieses Gespräch stattfand, es war bei Cäsarea Philippi. Es war durchaus kein Zufall, daß der göttliche Lehrmeister ganz und gar eins mit der göttlichen Vorsehung diesen Ort auswählte. Der Ort hieß ursprünglich Paneas, benannt nach dem Gott der Unterwelt „Pan“, weil sich in der Nähe ein Berg erhob, der am Fuß eine Höhle hatte, die man als Grotte des Pan, ja als Eingang zur Unterwelt, also als Pforte des Hades bezeichnete. Damals stand oben auf diesem Berg ein Tempel, den der Vierfürst dieses Gebietes, Herodes Philippus, dem Kaiser Augustus hatte erbauen lassen. Die römischen Kaiser fingen nämlich mit Augustus an, sich göttliche Ehren erweisen zu lassen. Philippus hatte in kriecherischer Verehrung der Gottheit des Kaisers den Ort Paneas zur „Kaiserstadt“ („Cäsarea“ heißt ja nichts anderes als Kaiserstadt) ausbauen und dann noch diesen Tempel des Augustus auf den Berg über der Höhle errichten lassen.

Das ist also sozusagen die Kulisse unseres heutigen Evangeliums: Der Tempel auf dem Fels über einer Höhle, die schauervoll als „Pforte des Hades“ bezeichnet wurde. Angesichts der heidnischen Götzen stellt Jesus Seinen Jüngern die Frage: „Für wen halten die Menschen den Menschensohn?“ Die Jünger, die predigend umhergezogen waren und schon einige Zeit bei Ihm waren, konnten darauf eine klare Antwort geben. Sie haben es selbst oft gehört und erlebt, was die Leute sagen und welche Gerüchte umhergingen: „Die einen für Johannes den Täufer, die andern für Elias, wieder andere für Jeremias oder einen der Propheten.“

An sich, genau genommen, sind es recht eigenartige Meinungen, welche sich die Menschen von Jesus gebildet haben. Sie meinten, einer der großen Propheten sei wiedererstanden, von Johannes dem Täufer angefangen, über Elias und Jeremias oder einen andern gehen die recht wirren Vermutungen. Der hl. Thomas von Aquin kommentiert diese Stelle in seinem „Catena Aurea - Goldene Kette“ genannten Kommentar: „Er fragt entsprechend: Für wen halten die Menschen den Menschensohn? Denn weil sie vom Menschensohn reden, so sind sie Menschen; die aber, welche seine Gottheit erkennen, heißen nicht Menschen, sondern Götter.“ Das sind also die Menschenmeinungen, die Meinungen jener, die ihren Geist nicht bis zur Höhe der Gottheit erheben können oder auch wollen.

Als der Herr sich dagegen an Seine Apostel wendet, und die Frage stellt: „Ihr aber, für wen haltet ihr Mich?“ – da fordert Er sie auf, Größeres von Ihm zu halten. Er sagt gleichsam zu ihnen: „Seid ihr mit dieser Auskunft einverstanden? Ist das die ganze Wahrheit? Ihr, die ihr die Wunder gesehen habt, die ihr meine Worte gehört habt, meine Weisheit bestaunt habt, was haltet ihr von Mir?“ Nein, ihr sollt nicht wie die Menschen urteilen, die nur das Äußerliche sehen und oberflächlich denken, ihr sollt wie Götter urteilen – also wie Menschen, die nicht nur eine menschliche, sondern eine göttliche Einsicht erlangt haben. Da tritt Petrus hervor und bekennt vor allen: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“

Hören wir dazu zunächst nochmals den Kommentar des hl. Thomas von Aquin: „Petrus leugnete, dass Jesus etwas von dem sei, wofür ihn die Juden hielten, aber er bekannte: Du bist Christus, was die Juden nicht wußten, sondern, was noch mehr ist: der Sohn des lebendigen Gottes, der auch durch die Propheten gesagt hatte: Ich lebe, sagt der Herr; darum sagte er lebendig, aber im höchsten Sinn, weil er über alles Lebendige hinausragt, weil er allein die Unsterblichkeit hat, und die Quelle des Lebens ist, was eigentlich Gott der Vater heißt. Das Leben ist der gleichsam von der Quelle hervorgehende, welcher sagte (Jo 11): Ich bin das Leben.“ Jesus ist der Sohn des lebendigen Gottes. Ein unglaubliches Bekenntnis für einen Juden, für einen, der den wahren, einzigen Gott bekennt, der in unzugänglichem Licht wohnt, vor dem die Cherubim und Seraphim erzittern und ununterbrochen ihr „Sanctus, Sanctus, Sanctus“ singen.

Und in welch einem scharfen Kontrast steht dieses Bekenntnis des lebendigen Gottes zu den toten Göttern der Heiden, an deren Gedenkstätte sie sich befinden. Wir müssen uns im Hintergrund den Heidentempel vorstellen, den Schrein des Gottes Pan und des Augustus. Der hl. Thomas kommentiert: „Gott nennt er ferner lebendig im Vergleich zu den Götzen, die für Götter gehalten werden, aber tot sind, nämlich Saturn, Jupiter, Venus und Hercules und die übrigen Ungeheuer der Götzen.“ Das war noch wahrer katholischer Glaubensgeist: „Saturn, Jupiter, Venus und Hercules und die übrigen Ungeheuer der Götzen“. Alle Götter der Heiden sind Ungeheuer, falsche Götter, eben Götzen. Denn es gibt nur einen wahren Gott, den Dreifaltigen Gott, der sich in Jesus Christus, dem Sohn des ewigen Vaters offenbart hat.

Der hl. Thomas erklärt uns weiter: „Der Glaube ist aber wahr und unverletzlich, daß von Gott der Sohn hervorgegangen sei, der mit dem Vater von gleicher Ewigkeit ist. Daß dieser nun den Leib angenommen habe und Mensch geworden sei, dies ist das vollkommene Bekenntnis. Er faßte also alles zusammen, indem er die Natur und den Namen ausdrückte, worin die höchste Tugend liegt. — Auf eine wunderbare Weise geschah es, daß der Herr selbst die Niedrigkeit der angenommenen Menschheit bekannte, während der Jünger die Erhabenheit der göttlichen Natur zeigte.“ Wir müssen es uns gut einprägen, all das ist die Voraussetzung für die Verheißung des Petrusamtes an den Simon bar Jona. Erst mußte er Jesus als den Sohn des lebendigen Gott bekennen, damit er fähig war, die an Pfingsten in die Welt hinaustretende Kirche Jesu Christi zu leiten.

Petrus hatte die Offenbarung des Vaters angenommen und diese im Bekenntnis ausgesprochen, denn nicht Fleisch und Blut hatten ihm das offenbart, sondern der Vater, der im Himmel ist. Darum heißt es weiter: „Ich sage Dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“ Jesus macht den Simon, den Sohn des Jonas, der Ihn, Jesus, als Sohn des lebendigen Gottes bekannt hatte, zum Felsenmann. Damit wir dieses Geschehen auch richtig verstehen und nicht fehlinterpretieren, lassen wir uns dieses Wort ebenfalls vom hl. Thomas deuten, der das Felssein folgendermaßen erklärt: „Das heißt: Auf diesen Glauben und auf dieses Bekenntnis will ich meine Kirche bauen.“ Petrus ist somit aufgrund seines Glaubens und seines Bekenntnisses, daß Jesus der Sohn des lebendigen Gottes ist, Felsen, fester Halt und Grundfeste der Kirche.

Hören wir dazu ergänzend den Kommentar des hl. Thomas: „Es ruht aber in der Verleihung dieses neuen Namens der glückliche Grundstein der Kirche und jener zum Aufbau würdige Felsen, welche die Gesetze der Hölle, die Pforten der Unterwelt und alle Schlösser des Todes lösen sollte. Um daher die Festigkeit der auf dem Felsen gegründeten Kirche zu zeigen, heißt es weiter: Und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. — Das heißt: Sie werden sie nicht von meiner Liebe und meinem Glauben scheiden. - Ich verstehe unter den Pforten der Hölle die Laster und Sünden, und gewiss die Lehren der Ketzer, wodurch die Menschen verführt werden und die Hölle stürzen. - Aber auch die einzelnen Geister der Bosheit in der Höhe sind die Pforten der Hölle, welchen die Pforten der Gerechtigkeit entgegengesetzt sind. — Die Pforten der Hölle sind ferner die Qualen und Lockungen der Verfolger, wie auch die bösen Werke der Ungläubigen und die ungebührlichen Reden, die Pforten der Hölle sind, weil sie den Weg des Verderbens zeigen.“

Petrus hat die Aufgabe, die Kirche Jesus Christi gegen die Laster und Sünden und die Lehren der Ketzer zu verteidigen. Nur dadurch ist er Fels vom Felsen Christi. Da diese Aufgabe die Kräfte einen Menschen bei weitem übersteigt, wird ihm ganz besonders der Heilige Geist geschenkt, der ihn mit der Gabe der Unfehlbarkeit erfüllt, so daß der hl. Thomas sagen kann: „Gemäß dieser Verheißung des Herrn aber bleibt die apostolische Kirche des Petrus von jeder Versuchung und ketzerischen Antastung unbefleckt, über alle Vorgesetzte und Bischöfe, über alle Vorsteher der Kirchen und alle Hohepriester der Völker gesetzt im vollsten Glauben und dem Vorrang des Petrus. Und während andere Kirchen durch Irrlehren befleckt wurden, regiert sie allein unerschütterlich befestigt, Schweigen gebietend und allen Irrlehrern den Mund schließend. Zu unserem Heil wollen wir, von der Hoffart nicht betrogen und dem Wein des Stolzes nicht berauscht, den Grund der Wahrheit und der heiligen apostolischen Überlieferung zugleich mit ihr bekennen und verkünden.“

Doch wie ist es heute? Wie sieht die römische Wirklichkeit aus, die neurömische Wirklichkeit, die Wirklichkeit der sog. Konzilskirche, die eine Menschenmachwerkskirche ist? Ist dieses Rom nicht ein Sammelbecken aller Irrtümer? Ist aus der einstigen Hüterin der Wahrheit eine Verführerin zum Irrtum geworden? Was ist das etwa für ein Petrus, der die Religionen der Welt nach Assisi einlädt, um mit ihnen um den Frieden in der Welt zu beten? Hätte Jesus diesen Simon von Assisi einen Petrus genannt und ihm das Amt übergeben, Seine Kirche zu leiten? Sicher nicht!

Wo ist da das Bekenntnis der Gottheit Jesu? Seines alleinigen Anspruchs, der Weg zum Vater zu sein? Wie sehr sehnen wir Katholiken uns nach einem Papst, der diesen Namen wieder verdient, weil er ein wahrer Fels im Bekenntnis Jesu, der Sohnes des lebendigen Gottes ist. Möge Gott auf die Fürsprache der beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus diese furchtbare Zeit der Prüfung verkürzen und beenden.