Signum magnum apparuit - 1. Teil

Ein Blick in die Marianische Letztzeit

„Inimicitias ponam inter te et mulierem, et semen tuum et semen illius: ipsa conteret caput tuum, et tu insidiaberis calcaneo ejus. - Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deiner Nachkommenschaft und ihrer Nachkommenschaft; sie wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihrer Ferse nachstellen“ (Gen 3,15).

„Et signum magnum apparuit in coelo: Mulier amicta sole, et luna sub pedibus ejus, et in capite ejus corona stellarum duodecim: Et in utero habens, clamabat parturiens, et cruciabatur ut pariat. Et visum est alium signum in coelo: et ecce draco magnus rufus habens capita septem, et cornua decem: et in capitibus ejus diademata septem, et cauda ejus trahebat tertiam partem stellarum coeli, et misit eas in terram, et draco stetit ante mulierem, quae erat paritura: ut cum peperisset, filium ejus devoraret. - Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: Ein Weib mit der Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupte eine Krone von zwölf Sternen. Und sie war gesegneten Leibes, und rief in Geburtswehen, und hatte große Pein, um zu gebären. Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel; siehe ein feuerroter Drache mit sieben Köpfen und zehn Hörnern, und auf seinen Köpfen sieben Diademe; und sein Schweif riß den dritten Teil der Sterne des Himmels herab und warf sie zur Erde. Und der Drache trat vor das Weib, das im Begriffe war zu gebären, um, wenn sie geboren hätte, ihr Kind zu verschlingen“ (Off 12,1-4).

Wir haben hier zwei zentrale, ganz bedeutende, offensichtlich aufeinander bezogene Prophetien aus der Heiligen Schrift, die erste aus deren erstem, die zweite aus deren letztem Buch. Der Bogen spannt sich von der Genesis bis zur Apokalypse, von der Zeit kurz nach der Erschaffung der Welt bis zur Zeit kurz vor ihrem Untergang, der „Letztzeit“. Gerade diese „Letzten Zeiten“ finden heute großes Interesse. Allgemein scheinen die Menschen irgendwie zu spüren, daß es zumindest nicht mehr allzu weit bis dahin ist. Entsprechend lebhaft ist die Aufmerksamkeit für alle Botschaften und Prophetien, die uns darüber Auskunft geben. Wir wollen uns an die sicheren, der Wahrheit entsprechenden Quellen halten, und das sind nach der Heiligen Schrift, welche das Wort Gottes selbst ist, und den Worten des kirchlichen Lehramts, vor allem der Päpste, die Schriften der von der Kirche bestätigten Heiligen sowie die von der Kirche anerkannten übernatürlichen Erscheinungen.

Der Prophet Mariens

Der heilige Ludwig Maria Grignion de Montfort (1673 bis 1716) war nicht nur ein höchst erfolgreicher Volksmissionar, ein gewichtiger Theologe vor allem der Mariologie und ein großer Marienverehrer, er war auch ein gewaltiger Prophet. Sein übernatürlicher Blick richtete sich stets in die Letzten Zeiten, welche für ihn vor allem durch die allerseligste Jungfrau Maria geprägt erschienen, als ein wahres „Marianisches Zeitalter“. „Besonders gegen das Ende der Welt, und zwar schon bald, wird Maria auf Erden mit einem Eifer verehrt werden, wie nie zuvor“, so schreibt er in seiner „Abhandlung von der Wahren Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria“. Denn „gerade für die letzten Zeiten hat Gott beschlossen, im Verein mit seiner heiligen Mutter Heilige großzuziehen, welche die Mehrzahl der anderen Heiligen an Heiligkeit soweit übertreffen werden, als die Zedern des Libanon über das niedere Gesträuch emporragen“.

„Diese großen Seelen, voll Gnade und Eifer, sollen sich den Feinden Gottes entgegenstellen, die sich von allen Seiten mit Ingrimm erheben werden. Sie werden in ganz besonderer Weise der allerseligsten Jungfrau ergeben sein, durchstrahlt von ihrem Lichte, genährt mit ihrer Milch, geführt von ihrem Geiste, gestützt auf ihren Arm und geborgen unter ihrem Schutzmantel. Mit der einen Hand werden sie die Häretiker mit ihren Häresien, die Schismatiker mit ihren Schismen, die Götzendiener mit ihrer Abgötterei und die Sünder mit ihren Gottlosigkeiten bekämpfen, niederwerfen und ausrotten. Mit der anderen Hand werden sie den wahren Tempel Salomons und die geistige Stadt Gottes aufbauen, d.h. sie werden die Verehrung der allerseligsten Jungfrau ausbreiten … Sie werden die ganze Welt durch Wort und Beispiel zur wahren Andacht zu Maria anleiten, was ihnen war viele Feinde zuziehen, aber auch viele Siege und großen Ruhm beim Allerhöchsten bereiten wird.“

Das „Marianische Zeitalter“ wird demnach vor allem ein Zeitalter des Kampfes sein, ein erbitterter Kampf zwischen den wahren Verehrern der allerseligsten Jungfrau Maria und den Feinden Gottes. Das erinnert uns sogleich an jenes Protoevangelium aus der Genesis, das wir zu Beginn zitiert haben, an jene Feindschaft zwischen dem Weibe und ihrem Samen sowie der Schlange und ihrem Samen. Tatsächlich schreibt der hl. Ludwig Maria:

„Schließlich soll Maria der Schrecken der Dämonen und ihres Anhanges werden, gleich einem in Schlachtordnung aufgestellten Heere, und zwar gerade in den letzten Zeiten, weil der Satan wohl weiß, daß ihm dann nur noch wenig Zeit zur Verfügung steht, um die Seelen zu verderben, und er daher seine feindlichen Anstrengungen und Angriffe von Tag zu Tag verdoppeln wird. Alle Kraft wird er zusammenfassen, um neue Verfolgungen gegen die Kirche heraufzubeschwören und besonders den treuen Dienern und wahren Kindern Mariä schreckliche Nachstellungen zu bereiten, weil er sie am wenigsten zu überwinden vermag.“

Davon berichtet auch die Apokalypse. Dort wird uns der große Kampf im Himmel geschildert, bei welchem das himmlische Heer unter Führung des heiligen Erzengels Michael über den Teufel und seinen Anhang siegt. „Und jener große Drache ward hinabgeworfen, die alte Schlange, welcher Teufel genannt wird und Satan, welcher die ganze Welt verführt; er ward hinabgeworfen auf die Erde, und seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen. Da hörte ich eine starke Stimme im Himmel rufen: … Wehe der Erde und dem Meere; denn der Teufel ist zu euch hinabgestiegen mit großem Grimme, da er weiß, daß er eine kurze Frist hat! … Da ward der Drache zornig über das Weib, und ging hin Krieg zu führen mit den übrigen ihres Samens, welche die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu Christi haben“ (Off 12,9.10.12.17).

Daher bestätigt uns der hl. Ludwig Maria: „Hauptsächlich von jenen letzten grausamen Angriffen des Teufels, welche sich bis zur Herrschaft des Antichristen von Tag zu Tag vermehren, ist jene erste und berühmte Weissagung und jener Fluch Gottes zu verstehen, der schon im irdischen Paradies gegen die Schlange geschleudert wurde.“ Somit ist das Erscheinen der beiden Zeichen am Himmel, von welchen uns der heilige Johannes in seiner Offenbarung berichtet, tatsächlich die Erfüllung jener uralten Prophetie vom Beginn der Zeiten, vor der Vertreibung unserer Stammeltern aus dem Paradies.

„Nur einmal hat Gott eine Feindschaft und zwar eine unversöhnliche Feindschaft gestiftet, welche fortdauern, ja sogar zunehmen soll bis ans Ende der Zeiten: die Feindschaft zwischen Maria, der Mutter Gottes, und dem Teufel, und damit auch zwischen ihren beiderseitigen Anhängern.“ Das sind die beiden Zeichen: das „Weib“ Maria auf der einen Seite, der Drache oder die Schlange auf der anderen Seite.

„Die furchtbarste und stärkste Gegnerin, welche Gott dem Satan gegenüberstellen konnte, ist Maria, die gebenedeite Jungfrau und Mutter des Erlösers. Gott verlieh ihr schon vom Paradiese an, obgleich sie damals nur in seiner Idee existierte, einen solchen Haß gegen diesen verfluchten Feind Gottes, einen so großen Eifer, die Bosheit dieser alten Schlange aufzudecken, und so große Macht, um diesen stolzen und ruchlosen Geist zu besiegen, niederzuwerfen und zu zertreten, daß dieser Maria mehr fürchtet als alle Engel und Menschen, ja in einem gewissen Sinn sogar mehr als Gott selbst.“ Letzteres deshalb, weil „Satan in seinem Hochmut unendlich mehr leidet, von einer geringen und demütigen Magd des Herrn als von diesem selbst besiegt und bestraft zu werden, und daß ihre Demut für ihn vernichtender wirkt als die Allmacht Gottes“.

Doch nicht nur das „Weib“ und die Schlange stehen einander gegenüber, sondern auch ihr jeweiliger Anhang. Das sind die beiden „Banner“, wie der hl. Ignatius von Loyola sie in seinem Exerzitienbüchlein nennt, die Heere, die gegeneinander kämpfen. „Gott hat aber nicht nur Feindschaft gestiftet zwischen Maria und dem Teufel. Gott hat auch Haß und Zwietracht gesät zwischen den wahren Kindern und Dienern Mariä und den Sklaven Satans. Wahre Liebe ist zwischen ihnen unmöglich, da sie keine inneren Beziehungen zueinander haben.“

Beachten wir, wie weit diese Worte des Heiligen entfernt sind von jenem falschen Irenismus und Ökumenismus, der angeblich nur noch „Friede“, „Liebe“ und „Versöhnung“ kennt und sich damit als Produkt des „Vaters der Lüge“ entpuppt. Tatsächlich zeigt ja dieser „moderne“ Geist in Kirche und Welt zunehmend sein wahres Gesicht, wie unser Prophet voraussagt: „Wie Kain einst seinen Bruder Abel und Esau seinen Bruder Jakob verfolgte, treffliche Vorbilder der Verworfenen und der Auserwählten, so haben auch die Kinder Belials, die Knechte Satans oder die Freunde dieser Welt bisher die Kinder und Anhänger der allerseligsten Jungfrau stets verfolgt und werden es in Zukunft noch mehr tun als je zuvor.“

Freilich gilt auch zu unserem Trost: „Maria, die demütige Jungfrau, wird aber über ihren stolzen Feind immer den Sieg behaupten, und zwar so glänzend, daß sie ihm sogar das Haupt, den Sitz seines Stolzes, zertreten wird. Sie wird jederzeit seine Schlangenbosheit und seine höllischen Anschläge enthüllen, seine diabolischen Pläne zunichte machen, und bis zum Ende der Zeiten ihre treuen Diener vor seiner grausamen Kralle beschützen.“

Sehr konkrete Vorstellungen hat der hl. Ludwig Maria auch von der „Ferse“, von welcher im Protoevangelium die Rede ist: „Die Macht Mariä über alle Teufel wird besonders in den letzten Zeiten offenbar werden, wenn Satan ihrer Ferse nachstellen wird, womit ihre demütigen Diener und ihre bescheidenen Kinder gemeint sind, welche Maria aufrufen wird, um ihn zu bekämpfen. Es werden unscheinbare, arme Menschen sein in den Augen der Welt, von allen erniedrigt, getreten und gedrückt, wie die Ferse im Vergleich zu den übrigen Gliedern des Körpers. Aber dafür werden sie reich sein an Gnaden vor Gott, die ihnen Maria im Überfluß zuwenden wird.“ „Und sie haben ihn besiegt um des Blutes des Lammes willen, und um des Wortes ihres Zeugnisses willen, und haben ihre Seelen nicht geliebt bis zum Tode“, heißt es dazu in der Apokalypse (Off 12,11).

Das Große Zeichen von Paris

Im Jahre 1830 erschien in der Rue du Bac in Paris die allerseligste Jungfrau Maria einer Laienschwester, der hl. Katharina Labouré. Betrübt sprach sie: „Mein Kind, die Zeiten sind sehr schlimm. Es werden Unglücksfälle über Frankreich kommen; der Thron wird gestürzt werden, die ganze Welt wird durch Drangsale aller Art in Verwirrung geraten. Aber komme an den Fuß dieses Altares. Da werden Gnaden allen zuteil werden, allen, Großen und Kleinen, die darum flehen. … Es wird ein Augenblick kommen, da die Gefahr groß sein wird. Man wird alles verloren glauben; da werde ich bei euch sein, habe Vertrauen! … Mein Kind, das Kreuz wird verachtet werden. Man wird es zu Boden werfen; die Seite des Herrn wird neuerlich geöffnet werden; die Straßen werden voll Blut sein; die ganze Welt wird in Trauer versenkt werden. … Es werden große Trübsale kommen. Die Gefahr wird groß sein, aber fürchtet nichts, Gottes Schutz ist hier allzeit in besonderer Weise … Ich selbst werde mit euch sein, mein Auge ist stets auf euch gerichtet; ich werde euch viele Gnaden gewähren“ (Werner Dürrer, Siegeszug der Wunderbaren Medaille, Freiburg/CH 1952, S. 21f).

Am 27. November des gleichen Jahres zeigt sich die allerseligste Jungfrau ihrer Auserwählten dann in der bekannten Gestalt: „Ihr weißschimmerndes Kleid, wie von zarter Morgenröte angehaucht, fällt bis zu den Füßen nieder. Die Haare sind bedeckt von einem Schleier. Sie steht auf einer Halbkugel und trägt in ihren Mutterhänden eine kleinere Kugel. Katharina sieht voll Entzücken, wie Maria immer schöner und verklärter wird, während sie dem Herrn die Kugel aufopfert. Plötzlich aber bedecken sich ihre Finger mit Ringen voll wunderbarer Edelsteine, die eine unsagbare Helligkeit verbreiten. Ihre Augen bleiben an den Händen der Himmelskönigin haften. Katharina kann deutlich erkennen, daß jeder der Finger mit drei Ringen besetzt ist. Die Edelsteine, die so sonderbar leuchten, sind verschieden an Größe, Farbe und Glanz und schicken auch je nachdem größere oder kleinere, hellere oder weniger helle Strahlen aus“ (ebd. S. 24f).

Schließlich schaut die heilige Katharina, „wie um die heiligste Jungfrau sich aus Licht ein ovaler Rahmen bildet und mit Gold, reinerem als Sonnengold, vor ihren Augen folgende Inschrift im Halbkreis geschrieben wird: 'O Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen!' Eine Stimme befiehlt ihr: 'Lasse nach diesem Muster eine Medaille prägen! Die Personen, welche diese, mit Ablässen versehenen Medaillen tragen, werden große Gnaden erlangen; die Gnaden werden überfließend für jene Personen sein, die Vertrauen haben!' Nun wendet sich das Bild vor den Augen der erstaunten Katharina, und sie sieht den Buchstaben M, von einem Kreuz überragt, das auf einem Querbalken ruht, darunter das Herz Jesu, von einer Dornenkrone umgeben, und das Herz Mariens, mit dem Schwert durchbohrt“ (ebd. S. 26).

Das ist der Ursprung der „Wunderbaren Medaille“, bisweilen auch „Wundertätige Medaille“ genannt, welche nach Überwindung großer Schwierigkeiten und Prüfungen endlich geprägt wurde und sofort ihren Siegeszug durch die ganze Welt antrat, nicht zuletzt dank Pfarrer Desgenettes von der Pariser Pfarrei Notre-Dame des Victoires und der von ihm gegründeten Erzbruderschaft vom Unbefleckten Herzen Mariens. Unzählig sind die Wunder an Leib und Seele, die durch diese Medaille überall geschehen sind. Besonders auffällig sind die wunderbaren Bekehrungen von abgefallenen Priestern oder sogar Bischöfen, aber auch von Juden wie etwa die berühmte Konversion des Alfons Ratisbonne. Die Heimkehr der Juden in die Kirche ist bekanntlich eines der Kennzeichen für die Letzten Zeiten.

Im Meßformular vom Fest der Wunderbaren Medaille am 27. November betet die Kirche im Introitus: „Erit quasi signum in manu tua, et quasi monumentum ante oculos tuos, et ut lex Domini semper sit in ore Duo - Es soll dir zu einem Zeichen an deiner Hand sein und zu einem Erinnerungsmal zwischen deinen Augen, damit das Gesetz des Herrn immer in deinem Munde sei“ (Ex 13,9), und trägt als Lesung die Worte aus der Offenbarung des heiligen Johannes vor, die wir ganz oben schon zitiert haben: „Signum magnum apparuit in coelo: Mulier amicta sole, et luna sub pedibus ejus, et in capite ejus corona stellarum duodecim. ...“ Die Kirche sieht also hier jene Prophezeiung in Erfüllung gehen. Maria erscheint als himmlisches Zeichen, um große Wunder zu wirken und unerhörte Gnaden auszuspenden an ihre Diener und Kinder zur Erinnerung an Gott und Sein Ewiges Gesetz, da eine Zeit bedeutender Drangsale und Verfolgungen gegen diese beginnt.

Der Kampf des Drachen gegen das Weib

Wie es der hl. Ludwig Maria vorausgesagt hatte, hat der "Drache" in diesen Letzten Zeiten seine Anstrengungen verdoppelt und in der „Synagoge Satans“ zusammengefaßt. Papst Leo XIII. schreibt darüber in seinem Apostolischen Rundschreiben „Humanum genus“ vom 20. April 1884:

„Nachdem das Menschengeschlecht durch den Neid des Teufels von Gott, dem Schöpfer und dem Spender der himmlischen Güter, so kläglich abgefallen war, hat es sich in zwei geschiedene und einander entgegengesetzte Lager geteilt: das eine kämpft unausgesetzt für Wahrheit und Tugend, das andere für alles, was der Wahrheit und Tugend widerstreitet. Das eine ist das Reich Gottes auf Erden: nämlich die wahre Kirche Christi; wer diesem wahrhaft und zu seinem Heile angehören will, der muß Gott und Seinem Eingeborenen Sohne mit ganzer Seele und mit voller Hingebung seines Willens dienen. Das andere ist das Reich des Satans, in dessen Botmäßigkeit und Gewalt alle stehen, welche dem verhängnisvollen Beispiel ihres Führers und unserer Stammeltern gefolgt sind, dem ewigen göttlichen Gesetz den Gehorsam verweigern und vieles mit Verachtung Gottes, ja vieles gegen Gott selbst zu unternehmen suchen. Dieses zweifache Reich, das zwei Staaten gleicht, die gemäß einander widerstrebenden Gesetzen einander widerstrebende Ziele verfolgen, hat Augustinus wohl erkannt und beschrieben und die wirkende Ursache beider in nachstehenden Worten feinsinnig und kurz zusammengefaßt: Eine zweifache Liebe hat diese zwei Staaten gegründet, den irdischen die Selbstliebe bis zur Verachtung Gottes, den himmlischen dagegen die Gottesliebe bis zur Verachtung seiner selbst.“

Der hl. Ludwig Maria nannte diese beiden Lager die „wahren Kinder und Diener Mariä“ oder „Freunde des Kreuzes“ auf der einen Seite, und die „Sklaven Satans“, auch „Kinder Belials“ oder „Freunde der Welt“, auf der anderen Seite, zwischen welchen Gott selbst „Haß und Zwietracht gesät“ hat und daher „wahre Liebe unmöglich“ ist.

So fährt denn Papst Leo fort:

„In allen Jahrhunderten haben diese beiden einander bekämpft mit verschiedenen Waffen und in verschiedener Weise, wenngleich nicht immer mit gleicher Hitze und gleichem Ungestüm. In der Gegenwart jedoch scheinen die Anhänger des Bösen sich zu verabreden und in ihrer Gesamtheit mit vollen Kräften anzustürmen: geleitet und gestützt von der weitverbreiteten und fest gegliederten Gesellschaft der sogenannten Freimaurer. Denn schon halten diese ihre Pläne nicht mehr geheim, und sie reizen sich höchst verwegen untereinander auf gegen den allmächtigen Gott. Offen und ungescheut arbeiten sie daran, die Kirche zu vernichten, und zwar in der Absicht, um, wenn es möglich wäre, die christlichen Völker aller Güter gänzlich zu berauben, die ihnen durch unseren Heiland Jesus Christus zuteil geworden sind.“

Der Papst weiß, wovon er spricht. Denn etwa um dieselbe Zeit, da die allerseligste Jungfrau Maria in der Rue du Bac erschien, plante die „Hohe Venta“ der „Carbonari“, einer italienischen Geheimgesellschaft, die als „bewaffneter Arm der Freimaurerei“ bezeichnet wurde, einen gezielten Feldzug zur endgültigen Zerstörung der Kirche. Die geheimen Dokumente der „Carbonari“ waren dem Papst Leo XII. in die Hände gefallen und auf Wunsch von Gregor XVI. und Pius IX. 1859 von dem Historiker Crétineau-Joly in seinem Buch „L'Eglise Romaine et la Révolution“ veröffentlicht worden.

Demnach schrieb der führende Kopf der Hohen Venta, ein gewisser „Nubius“, an einen „Volpe“ (wer sich hinter diesen Decknamen verbarg, war dem Vatikan bekannt, wurde aber aus Schonung nicht preisgegeben) am 3. April 1844: „Man hat unseren Schultern eine schwere Last aufgebürdet, mein lieber Volpe; wir müssen durch sorgfältig abgestufte, wenngleich recht verschwommen definierte kleine Schritte den Triumph der Revolution durch einen Papst bewerkstelligen.“

Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Plan entwickelt, „eine Generation heranzubilden, die der von uns erträumten [revolutionären oder liberalen] Regierung würdig ist“. Über eine liberale Beeinflussung und Erziehung der Jugend will man einen jungen Klerus erreichen, der von diesen Ideen ganz durchdrungen ist. „In einigen Jahren wird dieser junge Klerus naturgemäß in alle Stellungen vorrücken: Er wird regieren, verwalten, richten, den weltlichen Herrscher beraten; er wird dazu aufgerufen sein, den Papst zu wählen, und dieser Papst wird wie die Mehrzahl seiner Zeitgenossen die italienischen und humanitären [also liberalen, freimaurerischen] Prinzipien mehr oder weniger eingesogen haben, die wir demnächst in Umlauf zu setzen beginnen … Möge der Klerus unter eurer Standarte marschieren und dabei immer noch glauben, er marschiere unter dem Banner der apostolischen Schlüssel.“

Weiter heißt es: „Ihr werdet eine Revolution in Tiara und Chormantel predigen, die mit dem Kreuz und dem christlichen Banner marschiert … Was wir vor allem anstreben müssen, was wir suchen und erwarten müssen wie die Juden den Messias, ist ein Papst nach unseren Bedürfnissen … Man muß die Revolution durch einen Papst vollbringen … Schmuggelt die Keime unserer Dogmen in die Geister ein; Priester und Laien sollen zur Überzeugung gelangen, daß das Christentum eine seinem Wesen nach demokratische Lehre ist.“ „Nubius“ meint, „ein solcher Plan und die Mittel zu seiner Verwirklichung könnten nur von Satan selbst stammen“ und formulierte das Endziel des Vorhabens: „Unser letztendliches Ziel ist dasjenige Voltaires und der französischen Revolution, die endgültige Vernichtung des Katholizismus, ja der christlichen Idee an sich.“

Maria und der Papst

Ganz gemäß der Ankündigung des hl. Ludwig Maria, die allerseligste Jungfrau werde „jederzeit seine Schlangenbosheit und seine höllischen Anschläge enthüllen, seine diabolischen Pläne zunichte machen“, war auch hier die Schlangenzertreterin am Werk, um die Machenschaften des Teufels und seines Anhanges zu offenbaren und zu verhindern. Ihr bevorzugtes Werkzeug hierbei waren die Päpste, die daher von Anfang an die ersten und erbittertsten Gegner der Freimaurerei waren und somit auch die von dieser am meisten verfolgten Feinde. So kann Leo XIII. triumphieren:

„Die Römischen Päpste, Unsere Vorgänger, sorgfältig wachsam über das Heil des christlichen Volkes, haben diesen Todfeind [die Freimaurerei] alsbald erkannt: wer er sei, was er wolle, sobald er aus dem Dunkel geheimer Verschwörung heraustrat, und indem sie wohl wußten, was bevorsteht, haben sie Fürsten und Völkern gewissermaßen ein Zeichen gegeben und sie gemahnt, sich nicht von deren Arglist betrügen und fangen zu lassen. Der erste, welcher auf die Gefahr hinwies, war Clemens XII. [bereits im Jahr 1738, also nicht lange nach Gründung der Freimaurerei], dessen Konstitution von Benedikt XIV. bestätigt und erneuert wurde. Ihrem Vorgehen folgte Pius VII. Leo XII. faßte in der Apostolischen Konstitution 'Quo graviora' zusammen, was seine Vorgänger in dieser Angelegenheit getan und bestimmt hatten, und erklärte sie als gültig und rechtskräftig für alle Zeiten. In demselben Sinne haben sich Pius VIII., Gregor XVI. und sehr oft Pius IX. ausgesprochen.“

In seinem Buch über die heilige Kirche schreibt der französische Benediktiner, Pfarrer und Schriftsteller Père Emmanuel (1826-1903): „Ist Maria das Urbild der Kirche überhaupt, so ist sie in besonderer Weise das Urbild der römischen Kirche. Maria wurde Mutter Gottes, weil sie Jungfrau war, Jungfrau nicht nur durch ihre leibliche Unversehrtheit, sondern mehr noch durch ihre vollkommene Bewahrung vor jeglicher Sünde. Diese fleckenlose Reinheit ist eine Folge ihrer Unbefleckten Empfängnis. Dank dieses Privilegs ist sie einzigartig, ganz schön, überaus vollkommen, Braut des Heiligen Geistes, Mutter Gottes und Mutter der Seelen. Die römische Kirche nun ist ihrerseits ebenfalls Jungfrau, ganz und gar Jungfrau durch die Unversehrtheit ihres Glaubens, durch die Bewahrung vor jeglichem Irrtum, die sich der Unfehlbarkeit in der Lehre verdankt, die mit dem Stuhl Petri verbunden ist. Dank dieses Privilegs ist sie einzigartig, vollkommen und schön unter allen Kirchen. Die Reinheit ihres Glaubens verleiht ihr in wunderbarer Weise Fruchtbarkeit, sie ist die Mutter aller Gläubigen. … Es ist sehr bemerkenswert, daß Maria und Rom im Grunde derselbe Name sind. Maria, auf Hebräisch Miriam, ist aus dem Verb roum gebildet, das soviel bedeutet wie gepriesen werden. Aus demselben Verb leitet sich auch das Substantiv roma ab, welches Lobpreisung bedeutet. Maria bedeutet jene, die gepriesen wird, Rom bedeutet Lobpreis. Somit hat Maria Rom, ihrem irdischen Abbild, ihren Namen verliehen. Wenn nun die beiden Namen Mariens und Roms nur einen einzigen Namen bilden, dann sind die Liebe zu Rom und die Liebe zu Maria nur eine einzige Liebe.“ Hier sehen wir die tiefe Verbindung zwischen der Unbefleckten und der Unfehlbarkeit des Papstes, die bald deutlich zutage treten wird. Der große Theologe M.J. Scheeben stellt denn auch in diesem Zusammenhang fest: „Maria und der Stuhl Petri sind daher aufs engste im Plane Gottes und in der Geschichte der Kirche verbündet.“ So wird klar, warum diese Marianische Zeit besonders unter dem „signum magnum“ der Unbefleckten steht und unzertrennbar, tief und geheimnisvoll mit Kirche, Glaube, Rom und Papsttum verbunden ist, wie wir noch ausführlicher sehen werden.

Die Große Botschaft der Königin der Propheten

Die allerseligste Jungfrau hat nicht nur dafür gesorgt, daß die geheimen Dokumente der Verschwörer in die Hände der Päpste fielen. Sie deckte auch auf, wie traurig es um die Christenheit in dieser Zeit bestellt war und welche Erfolge der Schlange und ihrem Anhang daher gelingen würden. Aus diesem Grund erschien sie im Jahr 1846 den Kindern Mélanie Calvat und Maximin Giraud auf einem Hochplateau der französischen Alpen, in La Salette, um ihnen ihre „große Botschaft“ zu übergeben. Diese sollten sie ab dem Jahr 1858, dem Jahr der Erscheinungen in Lourdes, bekanntmachen.

In ihrer Botschaft beklagt die Königin der Propheten vor allem die Sünden der Priester und gottgeweihten Personen, welche „durch ihre Treulosigkeiten und ihr schlechtes Leben meinen Sohn von neuem kreuzigen! Die Sünden der gottgeweihten Personen schreien zum Himmel und rufen nach Rache, und siehe, die Rache ist vor ihren Türen; denn es gibt niemand mehr, der die Barmherzigkeit und die Verzeihung für das Volk erfleht; es gibt keine großherzigen Seelen mehr; es gibt niemand mehr, der würdig wäre, das makellose Opferlamm dem Ewigen zugunsten der Welt aufzuopfern.“ Sie kündigt schreckliche Strafgerichte an, die besonders die Kirche und den Glauben treffen werden.

„Im Jahre 1864 wird Luzifer mit einer großen Menge von Teufeln aus der Hölle losgelassen. Sie werden den Glauben allmählich auslöschen, selbst in Menschen, die Gott geweiht sind. Sie werden sie in einer Weise blind machen, daß diese Menschen, falls sie nicht eine besondere Gnade empfangen, den Geist dieser bösen Engel annehmen werden. Viele Ordenshäuser werden den Glauben völlig verlieren und viele Seelen mit ins Verderben ziehen. Schlechte Bücher wird es auf der Erde im Überfluß geben, und die Geister der Finsternis werden überall eine Kälte gegen alles ausbreiten, was den Dienst Gottes betrifft. Es wird Kirchen geben, in denen man diesen bösen Geistern dient.“ „Der Stellvertreter meines Sohnes wird viel zu leiden haben, da die Kirche eine Zeitlang schweren Verfolgungen ausgesetzt sein wird. Das wird die Zeit der Finsternisse sein. Die Kirche wird eine schreckliche Krise durchmachen.“

Doch es kommt noch ärger: „Zittert, Erde und ihr, die ihr Gelübde zum Dienste Jesu Christi abgelegt habt und die ihr innerlich euch selbst anbetet, zittert! Denn Gott geht daran, euch seinen Feinden zu überliefern, da die heiligen Orte in Verderbnis sind. Zahlreiche Klöster sind nicht mehr Häuser Gottes, sondern die Weiden des Asmodeus [des Teufels der Unkeuschheit] und der Seinen.“ Die Strafe wird demnach nicht nur eine Verfolgung und „Krise“ der Kirche sein, sondern wird darin bestehen, daß Gott sie gewissermaßen in die Hände Seiner Feinde gibt und diese vorübergehend scheinbar triumphieren läßt. Darum die schreckliche und damals unvorstellbare Prophezeiung: „Die Kirche wird verfinstert. - Rom wird den Glauben verlieren und der Sitz des Antichrists werden.“ Die Anschläge der „Synagoge Satans“ gegen Glauben und Kirche werden also – jedenfalls bis zu einem gewissen Grad – erfolgreich sein, und zwar wegen der Sünden des Klerus und der gottgeweihten Seelen. Eine so noch nie dagewesene finstere Zeit wird kommen, eine „Bedrängnis, wie sie vom Anfang der Welt bis jetzt nicht war, noch auch sein wird“ (Mt 24,21), eine Zeit, in welcher, wenn sie nicht abgekürzt würde, „kein Mensch gerettet würde“ (Mt 24,22). Das ist ein Grund, warum Maria in La Salette weint.

Es wundert uns nicht, daß die Feinde alles versuchten, die Große Botschaft von La Salette zu unterdrücken. Sie kündigt im Grunde an, was in der Offenbarung des heiligen Johannes im 11. Kapitel geschildert wird: „Und es ward mir ein Rohr gegeben, ähnlich einem Maßstabe, und es ward mir gesagt: Auf, und miß den Tempel Gottes, und den Altar und die in ihm anbeten; den Vorhof aber, der außerhalb des Tempels ist, wirf hinaus, und miß ihn nicht; denn er ist den Heiden hingegeben, und sie werden die heilige Stadt zertreten zweiundvierzig Monate lang“ (V. 1.2). Der seligen Katharina Emmerich wurde geoffenbart: „Wie Er in der Zeit des alten Bundes die Verwüstung seiner Stadt und des heiligen Tempels zugelassen hatte, um das Volk für Untreue und Abfall zu züchtigen, so mussten ihm auch jetzt die feindlichen Gewalten zur Zuchtrute und als Schaufel zur Säuberung seiner Tenne dienen. So lange aber dieses Strafgericht und die Greuel der Verwüstung dauern, so lange hält Gott die Heiligtümer seiner Kirche, wie ehedem auf sein Geheiß die Priester des alten Tempels das heilige Feuer, an sicherer Stätte verborgen, bis sie nach gesühnter Schuld der Kirche neuen Glanz verleihen können. Die Brunnen, in welche jetzt das heilige Feuer aus der Kirche geflüchtet wird, sind die wenigen heiligen Seelen jener Zeit, welche unter den Wassern der Leiden und Trübsale die Schätze zu bergen haben, welche, sonst die Wonne und Zierde der Braut Jesu Christi, nun von Solchen in Staub getreten sind, an welchen sie leuchten, von Jenen preisgegeben und verraten, welche sie behüten und wahren, von Jenen aber geplündert und vergeudet sind, welche sie schirmen und verteidigen sollten“ (Schmöger S. 163).

Gleichzeitig heißt es jedoch in La Salette: „Gott wird für seine treuen Diener und die Menschen guten Willens sorgen. Das Evangelium wird überall gepredigt werden; alle Völker und alle Nationen werden Kenntnis von der Wahrheit haben. - Ich richte einen dringenden Aufruf an die Erde: Ich rufe auf die wahren Jünger Gottes, der in den Himmeln lebt und herrscht. Ich rufe auf die wahren Nachahmer des menschgewordenen Christus, des einzigen und wahren Erlösers der Menschen. Ich rufe auf meine Kinder, meine wahren Frommen; jene, die sich mir hingegeben haben, damit ich sie zu meinem göttlichen Sohne führe; jene, die ich sozusagen in meinen Armen trage; jene, die von meinem Geiste gelebt haben. Endlich rufe ich auf die Apostel der letzten Zeiten, die treuen Jünger Jesu Christi, die ein Leben geführt haben der Verachtung der Welt und ihrer selbst, in Armut und Demut, in Verachtung und in Schweigen, in Gebet und in Abtötung, in Keuschheit und in Vereinigung mit Gott, in Leiden und in Verborgenheit vor der Welt. Die Zeit ist da, daß sie ausziehen, um die Welt mit Licht zu erfüllen. Gehet und zeiget euch als meine geliebten Kinder. Ich bin mit euch und in euch, sofern euer Glaube das Licht ist, das euch in diesen Tagen der Drangsale erleuchtet. Euer Eifer macht euch hungrig nach dem Ruhm und der Ehre Jesu Christi. Kämpfet, Kinder des Lichtes, ihr, die kleine Zahl, die ihr sehend seid; denn die Zeit der Zeiten, das Ende der Enden ist da. - Die Kirche wird verfinstert, die Welt in Bestürzung sein. Aber da sind Henoch und Elias, erfüllt vom Geiste Gottes. Sie werden mit der Kraft Gottes predigen, und die Menschen guten Willens werden an Gott glauben, und viele Seelen werden getröstet werden. Sie werden durch die Kraft des Heiligen Geistes große Fortschritte machen und die teuflischen Irrtümer des Antichrists verurteilen.“

Die allerseligste Jungfrau ruft hier die „Apostel der letzten Zeiten“ auf und bestätigt damit wortwörtlich die Prophetie des heiligen Ludwig Maria Grignion. Es ist nun wirklich jene Zeit gekommen, welche er vorhergesagt hat: „Die Macht Mariä über alle Teufel wird besonders in den letzten Zeiten offenbar werden, wenn Satan ihrer Ferse nachstellen wird, womit ihre demütigen Diener und ihre bescheidenen Kinder gemeint sind, welche Maria aufrufen wird, um ihn zu bekämpfen. Es werden unscheinbare, arme Menschen sein in den Augen der Welt, von allen erniedrigt, getreten und gedrückt, wie die Ferse im Vergleich zu den übrigen Gliedern des Körpers. Aber dafür werden sie reich sein an Gnaden vor Gott, die ihnen Maria im Überfluß zuwenden wird.“

Er gibt uns auch eine genaue Beschreibung dieser „Apostel der letzten Zeiten“: „Sie werden in ihrem brennenden Eifer für die Ehre Gottes überall das Feuer göttlicher Liebe entzünden. Sie werden wie scharfe Pfeile in der Hand der mächtigen Jungfrau sein, um ihre Feinde zu durchbohren. Als Söhne Levis, wohlgeläutert durch das Feuer großer Trübsale und fest vereint mit Gott, werden sie in ihrem Herzen das Gold der Liebe, in ihrem Geiste den Weihrauch des Gebetes, an ihrem Leib die Myrrhe der Abtötung tragen und überall den Armen und Geringen ein Wohlgeruch Christi sein, während sie bei den Großen, den Reichen und stolzen Weltkindern den Geruch des Todes hinterlassen werden.“

Apostel der Letzten Zeiten

Ein solcher „Apostel der letzten Zeiten“ war gewiß Papst Pius IX., der von 1846 bis 1878 regierte und dem die Botschaft von La Salette in erster Linie galt. Dieser Papst hatte in seinem so langen und wechselvollen Pontifikat besonders viel unter den Angriffen der Kirchenverfolger zu leiden, denen er sich mutig entgegenstellte. An ihm erfüllten sich in besonderer Weise die Worte der Königin der Propheten: „Der Stellvertreter meines Sohnes wird viel zu leiden haben, da die Kirche eine Zeitlang schweren Verfolgungen ausgesetzt sein wird.“ Er mußte sogar für einige Jahre aus Rom in die Verbannung fliehen und später zusehen, wie man ihm den Kirchenstaat raubte und ihn und seine Nachfolger zu „Gefangenen im Vatikan“ machte. So weit hatten es die antikirchlichen liberalen Kräfte mit ihren Anschlägen gebracht. Ein Papst ohne eigenen Staat schien ihnen ein leichtes Opfer zu sein.

Doch ungebrochen war die geistige Kraft dieses Papstes, der von früh an ein besonders inniges Verhältnis zur allerseligsten Jungfrau hatte. Durch sie hatte er in Loreto Heilung von seiner Epilepsie erlangt, was ihm überhaupt erst das Priestertum und damit auch seinen Aufstieg zum Stellvertreter Christi ermöglichte. Ferdinand Holböck schreibt dazu: „125 Jahre vor der ersten Erscheinung in Fatima, am 13. Mai 1792, wurde der 'Papst der Immaculata' … geboren und am selben Tag noch auf den Namen Giovanni Maria getauft und der Gottesmutter in besonderer Weise geweiht. So stand das ganze Leben dieses Papstes der Immaculata von Anfang an unter dem Zeichen Marias. Wenn man dazu noch bedenkt, daß auch nach der Proklamierung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis Mariens der Festtag dieses Glaubensgeheimnisses, der 8. Dezember, im weiteren Leben dieses Papstes eine bedeutsame Rolle spielte und beispielsweise am 8. Dezember 1869 von ihm das erste Vatikanische Konzil eröffnet wurde, auf dem die Unfehlbarkeit des Papstes definiert wurde, so kann man verstehen, daß schon 1870 der große Theologe M.J. Scheeben (+ 1888) den auffallenden Zusammenhang zwischen dem Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens, der 'Sedes sapientiae', und dem Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit, der 'Cathedra sapientiae', in der Person Pius IX. eigenartig verkörpert sah“ (Holböck, Geführt von Maria, zitiert nach P. G. Mura: Fatima, Rom, Moskau).

So war und blieb Pius IX. ein besonderer Verehrer der Muttergottes und hatte die große Freude und Ehre, im Jahr 1854 das Dogma ihrer Unbefleckten Empfängnis verkünden zu dürfen. In seinem Dogmatischen Apostolischen Siegelschreiben „Ineffabilis Deus“ vom 8. Dezember 1854 erklärt er dazu:

„Der über alles Aussprechen erhabene Gott, dessen Wege Erbarmen und Wahrheit, dessen Wille die Allmacht ist, dessen Weisheit machtvoll wirkt von einem Ende bis zum anderen und in Milde alles lenkt, sah von Ewigkeit her das unheilvolle Verderben der Sünde Adams voraus. In Seinem geheimnisvollen, der Welt verborgenen Ratschluß beschloß Er aber, das erste Werk Seiner Güte durch die Menschwerdung des Wortes auf eine noch unbegreiflichere Weise zu ergänzen. Denn der Mensch, der entgegen Seinen liebevollen Absichten durch die List des Teufels in Schuld geraten war, sollte nicht zugrundegehen; und das, was durch den ersten Adam gefallen war, sollte durch den zweiten weit glücklicher wieder aufgerichtet werden. Darum wählte Er von Anfang an und schon vor aller Zeit für Seinen Eingeborenen Sohn eine Mutter aus und bestimmte, daß Er von ihr in der seligen Fülle der Zeiten als Mensch geboren werden sollte; ihr wandte Er mehr als allen anderen Geschöpfen Seine besondere Liebe zu und fand in dieser Einen Sein höchstes Wohlgefallen. So überhäufte Er sie weit mehr als alle Engel und Heiligen mit einer Fülle himmlischer Gnadengaben, die Er aus der Schatzkammer Seiner Gottheit nahm, begnadete sie so wunderbar, daß sie allzeit frei blieb von jeder Makel der Sünde, daß sie ganz schön und vollkommen wurde und eine solche Fülle von Reinheit und Heiligkeit besaß, daß man unterhalb von Gott eine größere sich nicht denken kann, und daß niemand außer Gott sie begreifen kann. Und es war auch ganz entsprechend, daß sie, die stets im Glanz vollkommenster Heiligkeit erstrahlte und sogar gänzlich frei blieb von der Makel der Erbsünde, über die alte Schlange einen vollen Sieg errang.“ Und er fährt fort: „Diese Reinheit der hochheiligen Jungfrau von der Erbsünde, die ja mit ihrer wunderbaren Heiligkeit und ihrer erhabenen Würde als Gottesmutter zusammenhängt, hat die heilige katholische Kirche, die immer vom Heiligen Geiste belehrt wird und die Säule und Grundfeste der Wahrheit ist, als eine von Gott mitgeteilte und im Glaubensgut der göttlichen Offenbarung enthaltene Lehre stets festgehalten.“

Wieder erscheint uns das „signum magnum“, die Unbefleckte und Schlangenzertreterin, wie sie von allem Anfang von Gott erwählt und vorhergesagt wurde, und zugleich die Kirche als „Säule und Grundfeste der Wahrheit“. Wie eng beides zusammenhängt, bestätigt die Himmelskönigin selbst vier Jahre später bei ihren Erscheinungen in Lourdes, auf die wir gleich kommen werden.

Ihre Antwort an den Papst bestand gewissermaßen im Unfehlbarkeits-Dogma, welches das Vatikanische Konzil 1870 unter demselben Pius IX. definierte. Der oben bereits erwähnte Père Emmanuel bringt diese Ereignisse in einen Vergleich mit jener Begebenheit bei Cäsarea Philippi, als der heilige Petrus vor dem Heiland sein herrliches Bekenntnis abgelegt hatte: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“, und daraufhin vom Herrn die Verheißung empfing: „Und ich sage dir: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Und dir werde ich die Schlüssel des Himmelreiches geben, Was du immer binden wirst auf Erden, das wird gebunden sein auch im Himmel, und was immer du lösen wirst auf Erden, das wird auch im Himmel gelöst sein“ (vgl. Matth 16,16-19). Hat sich hier nicht ähnliches zugetragen? Der Nachfolger des heiligen Petrus legt das herrliche Bekenntnis des Glaubens der Kirche ab an die Unbefleckte Empfängnis, und diese bestätigt ihm sein unfehlbares Petrusamt.

So zeigte sich Pius IX. auch als eifriger und unerschrockener Kämpfer gegen die Angriffe der „Synagoge Satans“. Wie wir oben schon gesehen haben, trug er dazu bei, die finsteren Pläne der „Carbonari“ zu enthüllen. Mit „Quanta Cura“ und dem „Syllabus“ führte er einen heftigen Schlag gegen die liberalen Irrlehren und Grundsätze der Freimaurer. Gleichzeitig trug er nicht zuletzt durch seine marianische Ausrichtung, aber auch durch seine Organisation der kirchlichen Strukturen, seine Förderung der Neuscholastik besonders durch den Jesuiten-Orden und andere Maßnahmen viel zum Aufbau, zur Festigung und Ausbreitung der Kirche bei. Den antikirchlichen Kräften konnte das wenig gefallen, und so machten sie sich ab 1870, nachdem der Kirchenstaat beseitigt war, vermehrt daran, ihr dunkles Geschäft der Vernichtung der Kirche mit aller Kraft zu betreiben.