Das Rosenkranzgebet

Man kann es sicherlich ohne jegliche Übertreibung sagen: Wer in dieser äußersten geistlichen, sittlichen und religiösen Not unserer Zeit sich nicht selbstverständlich bemüht, täglich den hl. Rosenkranz zu beten, ist kein rechter Katholik. Denn nach der allgemeinen Überzeugung der Heiligen ist der Rosenkranz die persönliche Antwort des Katholiken auf diese großen und immer noch größer werdenden Nöte, welche aus der Entchristlichung der Gesellschaft notwendigerweise folgen. Man kann sogar sagen, wer diese innere Not am eigenen Leibe und an der eigenen Seele spürt, der wird sich gedrängt fühlen, wenn möglich sogar jeden Tag einen ganzen Psalter, also alle drei Rosenkränze zu beten.

Der Rosenkranz ist ein ganz einfaches Gebet; er besteht aus einer Aneinanderreihung von einigen „Vater unser“, „Gegrüßet seist Du Maria“ und „Ehre sei dem Vater“, und doch gilt er als ein außerordentliches Gnadenwunder. Offensichtlich liebt Gott die Einfachheit dieses Gebetes und hat darum diese nach außen so einfachen Gebete mit Seinem besonderen Segen beschenkt. Der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort schreibt in seinem Goldenen Buch: „Die wahren Diener Mariä werden mit Vorliebe das Ave Maria oder den Englischen Gruß beten, dessen Wert, Verdienstlichkeit, Erhabenheit und Notwendigkeit nur wenige Christen kennen. Die allerseligste Jungfrau ist mehrmals erleuchteten, großen Heiligen erschienen, ausdrücklich zu dem Zweck, um ihnen den Wert dieses Gebetes zu offenbaren, wie z.B. dem hl. Dominikus, dem hl. Johannes Capistran, dem sel. Alanus de la Roche u.a. Diese haben daraufhin ganze Bücher verfasst über die Wunder und die Wirksamkeit dieses Gebetes für die Bekehrung der Seelen. Sie haben es laut verkündigt und öffentlich gepredigt, dass das Heil der Welt mit dem Ave Maria seinen Anfang nahm, sodass auch das Heil jedes einzelnen von diesem Gebete abhängt. Dieser Gruß beschenkte die dürre und unfruchtbare Erde mit der Frucht des Lebens, und gut gebetet, lässt es auch heute noch in unserer Seele das Wort Gottes Wurzel fassen und bringt in ihr die Frucht des Lebens, Jesus Christus, hervor. Das Ave Maria ist ein Himmelstau, der die Erde, d.h. die Seele tränkt, auf dass sie Frucht bringt zur rechten Zeit; eine Seele hingegen, die von diesem himmlischen Gebete nicht betaut wird, kann keine Frucht, sondern nur Dornen und Disteln hervorbringen und verfällt dem Fluche Gottes.“

Man muß es schon ganz langsam und aufmerksam lesen, was da gesagt wird, nur dann wird man es recht verstehen und auch entsprechend ernst nehmen können: …, dass das Heil der Welt mit dem Ave Maria seinen Anfang nahm, sodass auch das Heil jedes einzelnen von diesem Gebete abhängt.

Die 53 „Ave Maria“ des hl. Rosenkranzes werden mit den sie gliedernden „Vater unser“ und „Ehre sei dem Vater“ zu einer Rosenkette zusammengebunden. Dazu bemerkt nochmals der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort: „Ich weiß zwar nicht, wie und warum das so ist, gleichwohl beruht es auf Wahrheit: Ich kenne kein besseres Mittel, um zu erforschen, ob eine Person Gott angehört, als festzustellen, ob sie das Ave Maria und den Rosenkranz liebt oder nicht. Ich sage liebt, denn es kann sein, dass jemand dieses Gebet aus natürlichem oder übernatürlichem Unvermögen nicht beten kann, es aber doch hochschätzt, liebt und selbst anderen Liebe dazu einflößt. O ihr auserwählten Seelen, Sklaven Jesu in Maria, erkennet, dass nächst dem „Vater unser“ das „Ave Maria“ das schönste von allen Gebeten ist. Es ist die vollkommenste Ehrenbezeugung, die ihr Maria darbringen könnt, denn es ist die Ehrenbezeugung, die ihr der Allerhöchste durch einen Erzengel erweisen ließ, um ihr Herz zu gewinnen. Dieser Himmelsgruß wirkte mit seinen geheimnisvollen Reizen so mächtig auf Maria ein, dass sie trotz ihrer tiefen Demut zur Menschwerdung des ewigen Wortes ihre Einwilligung gab. Auch ihr werdet durch dieses ehrenvolle Gebet ganz sicher ihr Herz gewinnen, wenn ihr es so verrichtet, wie es sich gebührt. Das Ave Maria, gut gebetet, d.h. mit Aufmerksamkeit, Andacht und Sammlung, ist nach Aussage der Heiligen der Feind des Teufels, den es in die Flucht schlägt und der Hammer, der ihn zerschmettert. Dieses Gebet ist die Freude der Engel, der Jubelgesang der Auserwählten, das Lied des neuen Bundes, die Freude Mariä und die Ehre der allerheiligsten Dreifaltigkeit. Das Ave Maria ist ein himmlischer Tau, der die Seele fruchtbar macht, es ist ein keuscher Liebeskuss, den man Maria gibt, eine Purpurrose, die man ihr darbietet, eine kostbare Perle, die man ihr reicht und eine Schale voll Ambrosia und göttlichen Nektars, die man ihr schenkt. Alle diese Vergleiche haben die Heiligen gebraucht. Ich bitte euch also inständig bei der Liebe, die ich zu euch in Jesus und Maria trage, begnüget euch nicht damit, die kleine Krone der allerseligsten Jungfrau zu beten, sondern betet auch euren Rosenkranz, und zwar, wenn ihr Zeit habt, täglich den ganzen Psalter. Dann werdet ihr auf dem Sterbebette jenen Tag und jene Stunde preisen, da ihr meinem Rat gefolgt seid. Wenn ihr so unter dem Segen Jesu und Mariä reichlich gesät habt, werdet ihr die ewigen Segnungen des Himmels ernten: Qui seminat in benedictionibus, de benedictionibus et metet. (3. Kor 9,6)“
(Hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort, Das goldene Buch, Feldkirch 1987).

Es ist doch zu hoffen, daß jeder von uns ein Rosenkranzbeter ist, ein eifriger Rosenkranzbeter, der damit zu erkennen gibt, daß er Gott angehört. Und wer Gott wahrhaft angehört, der ist auch ein Verehrer der Gottesmutter Maria. Das ist so selbstverständlich und natürlich, daß man sich nur darüber wundern kann, daß es Christen gibt, die das nicht wahrhaben wollen. Der hl. Ludwig Maria ruft uns zu: „O ihr auserwählten Seelen, Sklaven Jesu in Maria, erkennet, dass nächst dem 'Vater unser' das 'Ave Maria' das schönste von allen Gebeten ist. Es ist die vollkommenste Ehrenbezeugung, die ihr Maria darbringen könnt, denn es ist die Ehrenbezeugung, die ihr der Allerhöchste durch einen Erzengel erweisen ließ, um ihr Herz zu gewinnen.“ Durch das Rosenkranzgebet sollen wir das unbefleckte Herz der Immakulata gewinnen, um sodann in diesem Herz und unter dem Schutz Mariens zum göttlichen Herzen Jesu vorzudringen. Was für eine Gnade, ja was für ein geistiges Abenteuer.

Jeder Rosenkranzbeter weiß also, wie anspruchsvoll dieses Gebet wird, sobald man sich bemüht, es aufmerksam, gesammelt, andächtig, so richtig mit dem Herzen zu beten. Das Aneinanderreihen der „Ave Maria“ ist nicht nur eine Hilfe, die daraus folgende Gewohnheit kann auch zur Gefahr werden, zu Gefahr der Zerstreuung – und wie oft wird sie das! Der Lateiner sagt: „Cotidiana vilescunt“ –„das Alltägliche wird langweilig!“, es verblasst, wird öde, gewöhnlich (dieses Eigenschaftswort kommt von der Gewöhnung; was allzu sehr zur Gewöhnung geworden ist, erscheint einem mit der Zeit ganz gewöhnlich, ganz gering, unscheinbar, wertlos, mag es auch noch so besonders sein), es verliert scheinbar an Wert. Diese Gefahr besteht natürlich auch beim Rosenkranzbeten, und diese Gefahr kennt sicherlich auch jeder eifrige Rosenkranzbeter.

Der hl. Ludwig Maria berichtet: „Man liest folgendes im Leben des seligen Hermann aus dem Orden der Prämonstratenser. Als er den Rosenkranz aufmerksam und andächtig unter Betrachtung der heiligen Geheimnisse betete, erschien ihm die Mutter Gottes ganz von Lichtglanz umflossen in entzückender Schönheit und Majestät. Später aber, nachdem seine Andacht erkaltete, erschien sie ihm mit Runzeln im Antlitz, ganz traurig und unfreundlich. Da Hermann über diese Veränderung erstaunt war, sprach Maria zu ihm: ‚Ich erscheine so vor deinen Augen, wie ich jetzt in deiner Seele bin, denn du behandelst mich nur noch als eine niedere und verächtliche Person. Wo ist die Zeit, da du mich mit Ehrerbietung und Aufmerksamkeit grüßtest in Betrachtung meiner Geheimnisse und voll Bewunderung über meine Größe?‘“

Diese himmlische Mahnung war verständlicherweise ein mächtiger Anstoß für den hl. Hermann Josef, seine Liebe zu Maria wieder aufleben zu lassen, damit aus der Gestalt, welche mit Runzeln im Antlitz, ganz traurig und unfreundlich ihm erschien, wieder jene Königin würde, ganz von Lichtglanz umflossen in entzückender Schönheit und Majestät. Jeder kann sich nun fragen, wie ihm Maria erscheinen würde? Und wie sehr er einer Mahnung bedarf, die ihm wieder zur ersten Liebe zurückführt, wie es in der Geheimen Offenbarung des hl. Apostels Johannes heißt: „Aber ich habe gegen dich, daß du deine erste Liebe aufgegeben hast. Bedenke also, von welcher Höhe du herabgesunken bist! Bekehre dich und vollbringe wieder deine ersten Werke. Wenn nicht, komme ich zu dir und stoße, wenn du dich nicht bekehrst, deinen Leuchter von seiner Stelle“ (Apk 2,4f).

Das schwierigste beim Gebet ist die Sammlung. Wie mühsam ist es, sich wieder und wieder zu sammeln und seine Gedanken beim Thema zu halten. Jeder Lehrer des Gebetes weiß von dieser Schwierigkeit. Der hl. Ludwig Maria geht in seinem Buch über den hl. Rosenkranz natürlich auch darauf ein, er fordert uns auf: Zerstreuungen mutig bekämpfen.

„Wenn man andere Gebete als den Rosenkranz betet, so fesselt die Abwechslung oder die Verschiedenheit der Ausdrücke, mit der die Gebete abgefaßt sind, die Phantasie und regt den Geist an, und infolgedessen bieten sie der Seele mehr Leichtigkeit, sie gut zu verrichten. Aber weil man im Rosenkranz immer dieselben Vaterunser und Gegrüßt seist Du Maria usw. zu beten und dieselbe Form einzuhalten hat, ist es sehr schwer, sich dabei nicht zu langweilen, und man gibt ihn leicht auf, um sich anderen, anregenderen und weniger langweiligen Gebeten zuzuwenden. Es braucht deshalb viel mehr Andacht, um im Rosenkranz auszuharren, als in irgendeinem anderen Gebete.
Was die Schwierigkeiten erhöht, ist unsere Einbildungskraft, die so flüchtig ist, daß sie fast keinen Augenblick ruhig bleibt, und die Bosheit des Teufels, der unermüdlich uns zu zerstreuen und am Gebet zu hindern sucht. Was tut dieser böse Geist nicht alles gegen uns, während wir eben unseren Rosenkranz beten, um ihn zu bekämpfen? Er erhöht unsere natürliche Trägheit und Nachlässigkeit. Bevor wir noch mit dem Gebete beginnen, vermehrt er unseren Überdruß, unsere Zerstreuungen, unsere Niedergeschlagenheit. Während wir beten, belästigt er uns von allen Seiten, und, nachdem wir mit großer Mühe und vielen Zerstreuungen zu Ende gekommen sind, flüstert er uns zu: ‚Was du gebetet hast, ist ganz wertlos; dein Rosenkranz ist nichts wert, du würdest besser tun, zu arbeiten und deine Geschäfte zu besorgen; du verlierst deine Zeit mit so vielen mündlichen und unandächtigen Gebeten; eine halbstündige Betrachtung oder eine geistliche Lesung wäre viel besser. Morgen, wenn du weniger schläfrig bist, wirst du andächtiger beten, verspare den Rest deines Rosenkranzes auf morgen.‘ Durch solche Listen erzielt der Teufel oft, daß jemand den Rosenkranz ganz oder teilweise aufgibt, oder ihn gegen andere Gebete vertauscht oder ihn verschiebt. Glaube ihm nicht, mein lieber Mitbruder, und fasse Mut, wenn auch deine Phantasie während des ganzen Rosenkranzes von abschweifenden Gedanken erfüllt war, wenn du nur, sobald du es bemerktest, versucht hast, sie so gut als möglich auszuschlagen.
Dein Rosenkranz ist umso besser, je beschwerlicher, je weniger er der Seele natürlicherweise angenehm ist. „Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Größeren getreu“ (Lk 16,10). Wer treu ist, die kleinsten Zerstreuungen auch beim geringsten Teil seiner Gebete zu bekämpfen, der wird auch in den größten Dingen treu sein.“
(Hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort, Der heilige Rosenkranz, Lins-Verlag, Feldkirch)

Es mag zunächst erstaunlich klingen, aber die Erfahrung bezeugt es als wahr: „Es braucht deshalb viel mehr Andacht, um im Rosenkranz auszuharren, als in irgendeinem anderen Gebete.“ Sobald man jedoch die Herausforderung auf sich nimmt, verwandelt sich der Rosenkranz in eine ganz einzigartige Welt der Gnade. Wir dürfen uns nur nicht durch den Teufel davon abhalten lassen, treu unseren Rosenkranz weiterzubeten, auch wenn es uns viel Mühe kostet. Wir dürfen es nicht vergessen: „Dein Rosenkranz ist umso besser, je beschwerlicher, je weniger er der Seele natürlicherweise angenehm ist. 'Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Größeren getreu' (Lk 16,10).“

Wir sehen, letztlich gibt es nur einen Weg, dieser Gefahr der Gewöhnung und Zerstreuung entgegenzuwirken: wir müssen uns immer wieder an den unschätzbaren Wert des Gebetes erinnern, indem wir darüber nachdenken. Dies wollen wir jetzt wieder einmal versuchen. Der hl. Petrus Canisius unterrichtet uns in seinem Großen Katechismus über das Gebet in drei Fragen:

„179 Was ist das Gebet?
Das Gebet ist die fromme Erhebung unseres Gemütes zu Gott, wodurch wir im Glauben darum bitten, was immer uns und den anderen heilsam erscheint. Christus hat die Weise des Betens und eine einzigartige Formel im sechsten Kapitel des Matthäus-[Evangeliums] vorgeschrieben, wie wir oben erklärt haben. Es gibt kein anderes gutes Werk, das im christlichen Leben von den meisten, öfter, lieber und mit mehr Notwendigkeit ausgeführt wird. Wahrlich ist gesagt: Das Flehen des Armen dringt durch die Wolken. (Sir 35,21)
180 Warum müssen wir beim Beten fleißig und ohne Unterlass sein?
Weil das Gebet die eigentliche und notwendige Einübung des Glaubens ist und in den göttlichen Schriften nicht nur überall streng geboten ist, sondern auch Gottes häufige und volle Zusage des Trostes und der Süßigkeit besitzt. Darum sage ich euch, betont Christus, alles, worum ihr betet und bittet — glaubt nur, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil. (Mk 11,24) Und wiederum heißt es: Darum sage ich euch: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet, und wer anklopft, dem wird geöffnet. (Lk 11,9f; Mt 7,7) Ferner: Wenn nur schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel, denen Gutes geben, die ihn bitten. (Mt 7,11) Aufgrund solcher Worte, wie sie CHRYSOSTOMUS richtig zusammengestellt hat, und solcher Hoffnung, ruft uns der Herr aller Dinge zum Gebet. Für uns geziemt es sich, Gott zu gehorchen und unser ganzes Leben ihn zu lobpreisen, ihm Gebete darzubringen und so die Gottesverehrung mit größerem Eifer als unser eigenes Leben zu pflegen. Auf diese Weise können wir ein würdiges Leben führen.
181 Welche Beispiele zeigen uns die Kraft und die Frucht des Gebetes?
Der Apostel Jakobus, der in Bezug auf die Tugend des Betens ein Beispiel gibt, schrieb Folgendes: Elia war ein Mensch wie wir; er betete inständig, es solle nicht regnen, und es regnete drei Jahre und sechs Monate nicht auf der Erde. Und er betete wieder; da gab der Himmel Regen, und die Erde brachte ihre Früchte hervor. (Jak 5,17f) Auch AUGUSTINUS verwies mit verschiedenen Beispielen auf dieselbe Sache: Durch das Gebet des Mose und des Samuel wurden die feindlichen Amalechiter und Philister von den Juden besiegt. Jeremia wurde durch das Gebet im Kerker gestärkt. Der betende Daniel jubelte mitten unter den Löwen. Die drei Jünglinge im Schmelzofen frohlockten im Gebet. Der Räuber gelangte betend vom Kreuz ins Paradies. Susanna wurde durch das Gebet vor den Ältesten, die sie fälschlicherweise anklagten, geschützt. Stephanus wurde betend in den Himmel aufgenommen und mitten unter jenen, die ihn steinigten, anstelle des Saulus erhört. Diese Beispiele zeigen nicht nur die Früchte des Gebetes, sondern auch, wie uns Eifer und Beharrlichkeit des Gebetes aufgetragen sind. Ebenso ermahnt die Schrift des Apostels: Betet ohne Unterlass! Dankt für alles (1 Thess 5,17f); und wiederum: Betet füreinander, damit ihr geheiligt werdet. Viel vermag das inständige Gebet eines Gerechten. (Jak 5,16) Ebenso: Wir haben ihm gegenüber die Zuversicht, dass er uns erhört, wenn wir etwas erbitten, das seinem Willen entspricht. (1 Joh 5,14) Außerdem: Wer sieht, dass sein Bruder eine Sünde begeht, die nicht zum Tod führt, soll (für ihn) bitten; und Gott wird ihm Leben geben. (1 Joh 5,16)“.
(Petrus Canisius, Der Große Katechismus, Schnell + Steiner, 2003)

Beten ist nicht nur etwas ganz und gar Wunderbares, es schließt einen unerschöpflichen Reichtum in sich. Nur der eifrige Beter lebt sich in die unermeßlich reiche Gnadenwelt Gottes ein. Der von Gott geschenkte, übernatürliche Glaube äußert sich vor allem im Gebet, der sich offenbarende Gott zieht Sein Geschöpf ins Vertrauen und beschenkt es mit Seiner Freundschaft. Wobei dies vornehmlich im Gebet geschieht. Wer nicht mehr betet, dem wird Gott fremd und er wird mit der Zeit seinen Glauben verlieren. Das wahre Gebet formt das ganze Leben gemäß der Gnade und überwindet die Welt mit ihrer dreifachen Begierlichkeit.

Aber dem modernen Menschen fällt es besonders schwer zu beten. Der Grund ist die immer mehr um sich greifende Hektik, die fast alles vereinnahmende Alltagssituation des Stresses. Der Stress, früher hat man gesagt, die Eile, ist eine Pest für die Frömmigkeit, wie der hl. Franz von Sales, dieser wunderbare Seelenkenner und Seelenführer hervorhebt:

DIE EILE, EINE PEST FÜR DIE FRÖMMIGKEIT
Wer in Gottes Liebe ruht, wer Herr über seine Neigungen und Leidenschaften ist, der kennt weder Eile noch Sorge. Wer sich beeilt, ist noch zu sehr von den Mitteln abhängig: er ist noch nicht in seinem Ziele verankert; seine niederen Triebe sind der Liebe noch nicht genügend Untertan. Und wer sich sorgt und immer wieder zum eigenen Ich zurückkehrt, lebt durch die Liebe noch nicht genügend in Gott. Infolgedessen kennt er Mißklänge, Verwirrung, Rastlosigkeit und Unausgeglichenheit der Seele. Der heilige Franz von Sales hat gewiß nichts gegen Geschäftigkeit, aber sie soll „fürsorglich, sanft, ruhig und ergeben sein“.
Msgr. Camus bemerkt, daß der Heilige „ein geschworener Feind der Eile war und sie gewöhnlich die Pest der Frömmigkeit nannte; denn die Frömmigkeit kenne nur einen sanften und ruhigen Eifer, während die Eile ein zudringliches und herumwirbelndes Wesen sei, das ständig im Aufruhr ist und aufzubauen glaubt, wo es zerstört. Unter allen Arten von Eilfertigkeit tadelte er namentlich jene, die mehrere Dinge zu gleicher Zeit zu bewältigen sucht. Er nannte das: mehrere Nadeln zu gleicher Zeit einfädeln wollen. Wer zwei Werke auf einmal angreift, dem wird keines glücken. Wenn er selber etwas ausführte oder irgendeine Angelegenheit behandelte, verwandte er seinen ganzen Geist darauf, wie wenn er nur dies eine zu erledigen hätte, und wie wenn dies die letzte Angelegenheit wäre, die er hienieden noch zu behandeln hätte“.
378. „Hüten Sie sich ernstlich vor Übereiltheiten; denn sie sind eine Pest für die richtige Frömmigkeit; und fahren Sie fort, Ihr Sinnen und Trachten nach oben zu richten, indem Sie diese Welt nur beachten, um sie zu verachten, und die Zeit nur, um sich nach der Ewigkeit zu sehnen.“
379. „Es scheint mir, ich sehe Sie übereilig und mit großer Sorge auf der Suche nach der Vollkommenheit; denn das ist es, was Ihnen vor diesen kleinen Tröstungen und Gefühlen Angst gemacht hat... Lassen Sie sich doch von Gott führen und denken Sie weniger an sich selber..., ich... möchte Ihnen zunächst einmal anempfehlen, den allgemeinen und vorbehaltlosen Entschluß zu fassen, Gott auf die Ihnen bestmögliche Art zu dienen. Aber grübeln Sie nachher nicht auf spitzfindige Weise nach, welches wohl diese bestmögliche Art im besonderen sein könnte. Es wäre dies für Ihren lebhaften und spitzfindigen Geist eine besondere Unverfrorenheit, Ihren Willen so zu tyrannisieren und ihn mit Hilfe hinterlistiger Haarspaltereien zu kontrollieren.
Sie wissen ja, daß Gott ganz allgemein wünscht, daß man ihm dient, indem man ihn in erster Linie und den Nächsten wie sich selbst liebt. Im einzelnen will er, daß Sie die Regel beobachten: das genügt, und so sollen Sie es auch halten, ganz offenherzig ohne Ränke und Grübeleien, ganz wie es sich für diese Welt, in der es ja doch keine Vollkommenheit gibt, ziemt; nach menschlicher und zeitlicher Art, bis wir es einmal eines Tages nach göttlicher Art, so wie die Engel der Ewigkeit gemäß tun können. Übereile und Aufgeregtheit beim Aufstellen eines Planes nützt da gar nichts; der gute Wille, der ja vorhanden ist, genügt; aber er soll sich nicht aufregen. Gerade diese Aufgeregtheit möchte ich Ihnen ausdrücklich verbieten, da sie die Mutter aller Unvollkommenheiten ist.“
Eilfertigkeit beweist nämlich Bindung an etwas, was nicht Gott ist. Es heißt deshalb auch vom Heiligen: „Niemals tat er etwas stoßweise, ohne vorhergehende Überlegung und aus dem Stegreif. Er beriet sich gerne, schob sein Urteil auf, bis er das eines anderen angehört hatte, ging bei seinen Unternehmungen nicht übereilig, sondern nur Schritt für Schritt vor, wartete geduldig ab, und so gelang es ihm, das, was er heute nicht erreichen konnte, tags darauf durchzusetzen... Er verstand es, sich dem Ort, der Zeit, den Personen anzupassen, und ließ sich leicht überreden, wenn man ihm gute Gründe zu unterbreiten wußte... Die Klugheit hatte ihn gelehrt, alles in Kühle, alles mit Aufrichtigkeit, alles ganz einfach und ohne Rücksicht auf das eigene Interesse zu tun“.
(Franz von Sales, Gnade und Maß, Benziger Verlag Einsiedeln, Zürich, Köln, 1951; S. 180ff)

Wenn man bedenkt, in welcher Zeit der Heilige noch lebte und damit unsere moderne Zeit vergleicht, so wird man sicherlich diese Anregungen nicht ernst genug nehmen können. Die Wirkung der Gnade ist immer ruhig, sanft, beständig und niemals sprunghaft, heute so morgen wieder anders. Gott hat es in diesem Sinne nie eilig. Darum ist ein Mensch, der ständig in Eile ist, auch ständig in der Gefahr, den Anregungen der Gnade davonzulaufen, anstatt sich ihnen zuzuwenden. Das gilt natürlich auch beim Gebet. Das echte Gebet ist niemals eilig, es ist immer ruhig, bedacht, friedvoll und Frieden schenkend. Die Grundstimmung des Gebets ist die Ruhe und Stille, das Schweigen. Das kann man nicht oft genug wiederholen und nicht ernst genug bedenken.

Rosenkranzgebet als mündliches und als betrachtendes Gebet

Aber kommen wir zurück zu unserem eigentlichen Thema, dem Rosenkranzgebet. Das Rosenkranzgebet ist zunächst ein mündliches Gebet. Man kann den Rosenkranz einfach aufmerksam betend „heruntersagen“. Diese Art, den Rosenkranz zu beten, ist durchaus nicht schlecht, sondern allein darin, aufmerksam den Worten der Gebete zu folgen, liegt eine große Gnade. Damit ist jedoch der Reichtum dieses Gebets in keiner Weise erschöpft. Die Gebete des Rosenkranzes ranken sich um 15 Geheimnisse. Das mündliche Gebet wird durch diese Geheimnisse in ein betrachtendes Gebet ausgeweitet, so muß man wohl am Treffendsten sagen. Während man die Gebete spricht, wird der Geist in die Ereignisse des Lebens Jesu und Mariä hineingeleitet. Die Gebete umsingen gleichsam wie eine Begleitmusik die Geheimnisse. Der Jesuit Tibor Gallus, erklärt dazu:

„Die Rosenkranzgeheimnisse sind knappe Kurzformen der Ereignisse aus dem Leben Jesu mit einer Fülle von Gegebenheiten, die dahinterstecken. Wenn man beim Beten nur an die Kurzform des Geheimnisses denkt, wird man leicht zerstreut, gedankenlos, oder man landet bei ganz anderen Gedanken, die mit den Geheimnissen wenig oder gar nichts zu tun haben. Die reichen Gegebenheiten hinter den einzelnen Geheimnissen müssen aus der Kurzform herausgeschält und ausgeschöpft werden. Das geschieht dadurch, daß man die Geheimnisse in ihrem Werdegang, im Zusammenhang, in ihrer Tragweite für den Beter betrachtet. Freilich muß man und kann man nicht bei jedem Rosenkranzgeheimnis den Inhalt völlig „auskosten“. Es ist schon viel geschehen, wenn die Seele nur an einem Gesichtspunkt des zu betrachtenden Geheimnisses „zu nagen“ fähig war. Ein anderes Mal kann sie "weiternagen" und in das Geheimnis tiefer eindringen. Der Beter kann sich freuen, wenn er sich während des Betens von der Muttergottes geleitet weiß, die ihn zu den wichtigsten Lebensgeheimnissen ihres göttlichen Sohnes hinführen will. Sie betet ja mit ihm während des Rosenkranzgebetes.
Die Hauptsache beim Rosenkranzbeten ist, daß bei der Lippenbewegung im Rezitieren des „Gegrüßt seist du, Maria“ die Geheimnisse „geschaut“, „gehört“, „miterlebt“ werden, so, als ob man selbst dabei wäre. Es gelingt einmal besser, ein anderes Mal weniger gut. Wenn wir aber trotzdem auf dem eingeschlagenen Weg ausharren, ist schon sehr viel geschehen.
Die Betrachtung verlangt von der Seele ein Herausgehen aus dem Alltag... Man soll das Rosenkranzbeten mit dieser Einstellung beginnen: „O Gott, ich nehme mir jetzt ein wenig Zeit nur für Dich!“ Damit hat man die Hast „draußen“ gelassen und die Seele ist aufnahmefähiger. Notwendige Vorbedingung zu einem fruchtbaren Rosenkranzbeten sind freilich der Gnadenstand, das Glaubenslicht und die Liebe zu Jesus, zu seiner Mutter und die Nächstenliebe, die für die Echtheit der Gottesliebe bürgt: „Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er doch sieht, der kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht!“ (1 Jo 4, 20).“
(Timor Gallus SJ, Der Rosenkranz, Theologie der Muttergottes, Stein am Rhein, 1983)

Während man den Rosenkranz betet, muß man die Betrachtung üben. D.h. der Geist muß lernen, sich in die Geheimnisse zu versenken und nicht an der Oberfläche zu bleiben. Durch das öftere Beten des Rosenkranzes werden einem diese Geheimnisse ganz vertraut und sie enthüllen Stück für Stück ihren unerschöpflichen Reichtum. So wie die hl. Evangelien, bleiben auch die Rosenkranzgeheimnisse immer neu.

In der Volksfrömmigkeit ist der Rosenkranz der Ersatz für das Breviergebet, also das offizielle Gebet der Kirche, welches von den Priestern und Ordensleuten gebetet wird. Auch das Volk wollte an diesem Gebet beteiligt sein und suchte nach einer Form des Gebetes, die dem Alltag angeglichen war. Der Rosenkranz hatte diese Form und ermöglichte es, sich dem offiziellen Gebet der Kirche anzuschließen. Er nahm neben der Kreuzwegandacht mit der Zeit ganz selbstverständlich den ersten Platz ein.

Der hl. Grignion von Montfort war ein großer Missionar und ein großer Rosenkranzbeter. Wir wollen uns nochmals ihm zuwenden und seine vielfältigen Anregungen zum hl. Rosenkranz auf uns wirken lassen. Er beschreibt etwa, wie man sich auf das Rosenkranzgebet vorbereiten soll:

1. Vereinige dich mit allen Engeln und Heiligen des Himmels, welche ihre Königin unaufhörlich begrüßen. Deine Stimme erschalle im Chore des Himmels!
2. Vereinige dich mit allen Gerechten auf Erden, mit allen gläubigen Seelen hienieden, besonders mit allen eifrigen Marienverehrern, welche auf dem ganzen Erdenrund so freudig und inbrünstig ihre Königin und Mutter begrüßen.
3. Vereinige dich selbst mit dem göttlichen Herzen des Sohnes Mariä, welcher jetzt noch seine Mutter in uns und durch uns ehren will, und auf unsern Altären im heiligsten Sakramente des Altares zugegen ist.
4. Widersage allen Zerstreuungen; bete den Rosenkranz mit solcher Aufmerksamkeit und Andacht, wie wenn er der letzte deines Lebens wäre.
5. Bitte dabei für dich, für die Sünder, für die armen Seelen im Fegefeuer, für die ganze Kirche, für den Heiligen Vater usw.
Das Ave Maria ist die mächtigste Waffe, welche die bösen Geister in die Flucht schlägt, die Feinde des Volkes Gottes niederschmettert, die Irrtümer vernichtet. Das Ave erfüllt uns mit allen Arten von Gnaden, erfreut den Himmel, erneuert die Freude Maria und fördert die Ehre der heiligsten Dreifaltigkeit, (hl. Grignion vgl. S. 182 ff.) Nach dem ersten Ave, welches der Erzengel Gabriel gebetet hat, geschah das größte Werk, die Menschwerdung des Sohnes Gottes; jedes Ave zieht auch jetzt noch eine Gnade vom Himmel herab. Wie viele Ave werden nun im Rosenkranz gebetet! Welche Schätze von Segnungen hat die allerseligste Jungfrau allen jenen versprochen, die dieses himmlische Gebet andächtig verrichten! Stelle dir stets lebendig das Geheimnis Jesu Christi vor Augen und betrachte es in Vereinigung mit Maria. Bedenke, daß Jesus alles für dich getan und gelitten hat.
(Hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort, Der heilige Rosenkranz, Lins-Verlag, Feldkirch)

Aus diesen Anweisungen ersieht man ganz klar das Ziel: Jedes Gebet ist ein übernatürlicher Akt, der uns mit Hilfe der Gnade zur Welt Gottes erhebt. Aber wie schwerfällig ist unsere Seele! Nur mit himmlischer Hilfe kann das Gebet gelingen und zu einem echten Gebet werden. Das liest man aus all diesen Gedanken der Heiligen heraus. Aber folgen wir ihm weiter.

Gegenwart Gottes und Gebetsmeinung
„Nachdem du den Heiligen Geist um seinen Beistand angerufen hast, um den Rosenkranz gut zu beten, versetze dich einen Augenblick in die Gegenwart Gottes und mache die Aufopferung, wie sie weiter unten angegeben wird. Vor jedem Gesätze halte einen Augenblick inne, länger oder kürzer, je nachdem es dir die Zeit gestattet, erwäge das Geheimnis, das du im folgenden Zehner verehrst und erbitte immer durch dieses Geheimnis und die Fürbitte der Mutter aller Gnaden eine Tugend, die in dem Geheimnisse am meisten hervorleuchtet, oder die du am notwendigsten hast. [Dies entspricht eher der in romanischen Ländern üblichen Gebetsweise, wo das betrachtete Geheimnis lediglich einmal am Beginn des jeweiligen Gesätzes genannt wird]. Hüte dich vor allem vor den zwei gewöhnlichen Fehlern, welche fast alle Rosenkranzbeter begehen. Der erste Fehler besteht darin, daß sie mit dem Rosenkranzgebet keine bestimmte Meinung verbinden, und wenn man sie dann fragt, wozu sie den Rosenkranz beten, können sie keine Antwort darauf geben. Habe deshalb immer, wenn du den Rosenkranz betest, einige Gnaden im Auge, die du erflehen, irgendeine Tugend, die du nachahmen, oder eine Sünde, die du ausrotten willst.
Der zweite Fehler, den man gewöhnlich beim Beten des Rosenkranzes begeht, liegt darin, daß man beim Beginn keine andere Absicht hat, als möglichst bald damit fertig zu werden. Das kommt daher, daß man den Rosenkranz als eine Bürde empfindet, die schwer auf den Schultern lastet, solange man ihn nicht gebetet hat, besonders wenn man sich eine Gewissenssache daraus gemacht oder wenn man ihn als Buße und gleichsam gegen seinen Willen bekommen hat. Es ist erbärmlich, zu sehen, wie die meisten ihren Rosenkranz beten. Sie beten ihn mit einer unbegreiflichen Eilfertigkeit und überhasten dabei einen Teil der Worte. Nicht einmal dem niedrigsten Menschen wollte man eine Höflichkeitsbezeugung auf so lächerliche Weise darbringen, und man glaubt, Jesus und Maria würden dadurch geehrt werden! Muß man sich nachher wundern, wenn die heiligsten Gebete der christlichen Religion fast fruchtlos bleiben, und wenn man nach tausend und zehntausend hergesagten Rosenkränzen nicht heiliger ist?“
(Hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort, Der heilige Rosenkranz, Lins-Verlag, Feldkirch)

Es macht sicherlich jeden Rosenkranzbeter sehr sehr nachdenklich, dies zu bedenken: „Muß man sich nachher wundern, wenn die heiligsten Gebete der christlichen Religion fast fruchtlos bleiben, und wenn man nach tausend und zehntausend hergesagten Rosenkränzen nicht heiliger ist?“ Es gibt zwar noch etliche Rosenkranzbeter, aber es gibt keine Heiligen mehr. Der hl. Grignion erkennt genauso wie der hl. Franz von Sales das Grundübel: „Sie beten ihn mit einer unbegreiflichen Eilfertigkeit und überhasten dabei einen Teil der Worte.“ Wir modernen streßgeplagten Menschen müssen uns hier besonders in Acht nehmen und ganz beharrlich an uns arbeiten, damit unser Gebet nicht einfach die Verlängerung der alltäglichen Hetze wird. Ohne die notwendige Aufmerksamkeit und Anstrengung werden wir den entscheidenden Schritt niemals schaffen. Pflegen wir die Stille wenigstens in unserem eigenen Zuhause. Bemühen wir uns wieder sensibel zu werden für eine Atmosphäre des Schweigens, aus der heraus die Gebete erst ihr eigentliches Ziel erreichen können, nämlich Gott! Der Rosenkranz ist diese Mühe wert, denn die Früchte sind unvorstellbar reich. Der hl. Grignion von Montfort ist fest davon überzeugt:

„Diese Andacht, treu geübt, bringt in der Seele eine Fülle der herrlichsten Wirkungen hervor. Die hauptsächlichste aber besteht darin, daß das Leben Mariae in einer Seele so fest gegründet wird, daß es gewissermaßen nicht mehr die Seele ist, welche da lebt, sondern Maria in ihr.
Endlich wird Maria für eine solche Seele bei Jesus Christus alles erwirken. Sie erleuchtet den Verstand mit ihrem reinen Glauben, vertieft das Herz durch ihre Demut, erweitert und erwärmt es durch ihre Liebe, reinigt es durch ihre Reinheit, adelt und verherrlicht es durch ihre Mutterschaft. Doch wozu noch lange reden! Die Erfahrung lehrt diese Wunderwerke Mariae, die den Weisen und Stolzen, ja selbst den mittelmäßigen Christen beiderlei Geschlechtes unglaublich erscheinen.“
(Hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort, Das goldene Buch, Feldkirch 1987)

Eines darf man niemals vergessen, der Rosenkranz ist ein Mariengebet. Dieses Gebet führt uns durch Maria zu Jesus. Ein Rosenkranzbeter ist letztlich immer ein Kind Mariens. Je mehr er seinen Rosenkranz versteht, d.h. in seine Geheimnisse eingedrungen ist, desto mehr wird er auch ganz Maria gehören wollen, um damit umso treuer dem göttlichen Herrn sein zu können – „Endlich wird Maria für eine solche Seele bei Jesus Christus alles erwirken. Sie erleuchtet den Verstand mit ihrem reinen Glauben, vertieft das Herz durch ihre Demut, erweitert und erwärmt es durch ihre Liebe, reinigt es durch ihre Reinheit, adelt und verherrlicht es durch ihre Mutterschaft.“ Wie der Heilige betont, sind das Erfahrungstatsachen, die aber „den Weisen und Stolzen, ja selbst den mittelmäßigen Christen beiderlei Geschlechtes unglaublich erscheinen.“ Wie unglaublich erscheinen uns diese Erfahrungstatsachen?

Abschließend seinen noch einige Früchte des heiligen Rosenkranzes erwähnt, wie sie uns der hl. Grignion von Montfort in seinem Buch über den Rosenkranz aufzählt:

Um euch noch mehr zu dieser Andacht der großen Seelen zu ermuntern, füge ich noch bei, daß der unter Betrachtung der heiligen Geheimnisse gebetete Rosenkranz:
1. uns unmerklich zur vollkommenen Erkenntnis Jesu Christi führt;
2. unsere Seelen von der Sünde reinigt;
3. uns über alle unsere Feinde siegreich macht;
4. uns die Übung der Tugenden leicht macht;
5. uns mit der Liebe Jesu Christi entflammt;
6. uns mit Gnaden und Verdiensten bereichert
7. uns ein Mittel an die Hand gibt, um alle unsere Schulden gegen Gott und die Menschen zu zahlen; und endlich
8. uns von Gott alle Arten von Gnaden erlangt.