Katholiken im Widerstand?

Die sog. Kirchenkrise treibt immer wieder neue Stilblüten, Stilblüten, die auf eine mangelnde gedankliche Durchdringung dieses Phänomens hinweisen, wie ja der Begriff „Kirchenkrise“ selbst schon eine solche gedankenlose Stilblüte ist. So fand sich kürzlich auf „Katholisches.info“, einer der „Piusbruderschaft“ mehr als nahestehenden Internetpräsenz, ein Beitrag zu Kardinal Burkes Ausführungen bezüglich der letztjährigen Familiensynode im Vatikan mit der Überschrift „Widerstand“. Da heißt es einleitend: „Der Widerstandsgedanke von Kardinal Raymond Burke sorgte in Rom und der katholischen Welt für einiges Aufsehen (siehe Kardinal Burke: 'Ich werde widerstehen'). Es ist lange her, daß sich ein Kardinal der Kirche öffentlich so deutlich und in einem konkreten Kontext zum derzeitigen Pontifex äußerte.“

Mit dem Begriff „Widerstand“ verbindet man zunächst ein gegen ein Unrecht sich wehrendes Verhalten. In diesem Sinne ist Widerstand Bürgerpflicht, und diese Bürgerpflicht offenbart, inwiefern eine Gesellschaft, ein Staat noch fähig ist, Unrecht zu erkennen und sich dagegen zu wehren. Ein derartiger Widerstand zeigt also, ob die Gesellschaft noch ein lebendiges Rechtsempfinden bewahrt hat und Recht noch von Unrecht unterscheiden kann. In der heute herrschenden demokratischen Beliebigkeit ist es freilich recht schwer geworden, dem Recht noch objektive Geltung zuzusprechen, weshalb man heutzutage unter „Widerstand“ eher krawallartige Kundgebungen gewaltbereiter Demonstranten versteht, denen es um alle möglichen oder noch besser gesagt unmöglichen Dinge geht, die durchaus nichts mehr mit Recht und Unrecht zu tun haben. Bei derartigen Demonstranten ist vielmehr anzunehmen, daß sie selber gar nicht wissen, was sie eigentlich wollen, hat sich doch ihr Denken auf Schlagwörter reduziert, von denen sie offensichtlich meinen, diese könnten nur schlagend zur Überzeugung werden.

Im kirchlichen Bereich – und darum geht es in unserem Fall – ist „Widerstand“ zunächst eher etwas Verdächtiges. Denn die von Gott seiner Kirche eingestiftete hierarchische Ordnung zielt ihrem Wesen nach auf Gehorsam – und nicht auf Widerstand. In fast allen Heiligenbiographien und Traktaten über das geistliche Leben wird darauf hingewiesen, daß der Gehorsam eine entscheidende Tugend ist, will man dem Geist der Kirche entsprechend handeln. Nicht selten wird in der Darstellung des vollkommenen Gehorsams der Eindruck erweckt, der Gehorsam sei umso vollkommener, je blinder er ist. Hier wird eine gefährliche Klippe sichtbar, die es zu umschiffen gilt, will man den wahren Sinn des Gehorsams nicht völlig aus dem Blick verlieren. Doch ist dies nicht unser Thema.

In der sog. Tradition, die sich ihrem Selbstverständnis nach im Widerstand gegen das modernistische Rom befindet, wird in diesem Zusammenhang meist darauf verwiesen, daß man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen. Damit meint man gewöhnlich, das Problem des Gehorsams in dieser Zeit der „Kirchenkrise“ gelöst und den Widerstand gerechtfertigt zu haben, was aber bei weitem nicht der Fall ist, wie sich zeigen wird.

In dem erwähnten Beitrag geht es also um „Widerstand“, konkreter gesagt, um Widerstand gegen „Papst“ Franziskus aufgrund seines Verhaltens auf und nach der Familiensynode im vergangenen Jahr. Der Text stammt von einem jungen britischen Konvertiten, so wird berichtet. Dieser setzt sich mit dem Widerstand des Kardinals auseinander und versucht, diesen einzuordnen und zu rechtfertigen. Warum sich die Verantwortlichen von „Katholisches.info“ bei diesem durchaus nicht einfachen, sondern vielmehr recht komplexen Thema auf einen jungen britischen Konvertiten meinen stützen zu können, scheint uns einerseits bedenklich aber anderseits auch wieder bezeichnend zu sein – je nachdem von welcher Seite aus man es betrachtet. Bedenklich, weil die Verantwortlichen damit dokumentieren, daß sie selber das Thema nicht bewältigt haben, bezeichnend, weil dies bei dieser Art von Traditionalisten auch gar nicht zu erwarten ist.

Einleitend heißt es in dem Text: „Kardinal Raymond Leo Burke löste mit seiner entschiedenen Aussage eine Schockwelle aus, er werde, wenn es die Situation verlange, Franziskus 'widerstehen'.“ Das Ganze klingt, verglichen mit dem wirklich Geschehenen, reichlich übertrieben, bzw. es dürfte diese Feststellung wohl nur für manche traditionalistische Gruppen oder Grüppchen gelten. Die „Schockwelle“ war jedenfalls nicht besonders hoch und zudem nicht sehr weitreichend – warum auch in einer so liberalen Welt – die kirchliche Welt ist damit gemeint –, in der doch im Grunde alles möglich ist, warum also nicht auch ein wenig Widerstand?

Der junge Konvertit versucht nach dieser Bemerkung eine Worterklärung zu geben, die darauf hinauswill, „Widerstand“ von Revolution und Rebellion abzugrenzen. Wobei der Versuch zunächst jedoch einfach auf halben Wege stehenbleibt und in eine reine Feststellung mündet, da „'Widerstand' gegen einen Papst zwar interessant klingt, ist aber, wie Kardinal Burke sagt, auch beunruhigend“. Es interessiert nun natürlich den Leser, was denn da so beunruhigend sei, worauf er erfährt: „Natürlich ist es nicht der Wunsch von Kardinal Burke, der Lehre eines Papstes zu widerstehen, aber er ist für den Herrn Jesus Christus und für das Wohl der Seelen bereit dazu.“

Es geht also bei dem Widerstand konkret um eine Lehre des Papstes, der widerstanden werden muß – obwohl „es nicht der Wunsch von Kardinal Burke“ ist, „der Lehre eines Papstes zu widerstehen“ – was er dann aber doch wieder tun muß, wenn es Jesus Christus und das Heil der Seelen erfordern. Da ein solcher Widerstand selbst in konzilskirchlichen Ohren konservativer Couleur immer noch recht befremdlich klingt, werden wir dahingehend belehrt: „Es gibt eine Grenze für die päpstliche Macht und eine Linie, die der Papst nicht überschreiten kann, ohne die Kirche und deren göttlichen Stifter zu verraten und die Seelen in Gefahr zu bringen.“ Leider werden wir nun über diese Grenze nicht genauer und weitergehend unterrichtet, was doch zunächst und zuerst notwendig wäre, sondern der junge Konvertit wechselt plötzlich das Thema und bringt seine Hoffnung zum Ausdruck: „Ich erwarte mir, daß der 'Widerstand' von Kardinal Burke ganz seiner derzeitigen Haltung entsprechen wird: immer respektvoll und würdevoll gegenüber dem Papst.“

Wenn wir das richtig verstehen, dann heißt das, daß ein Papst jene oben erwähnte Grenze überschreiten und gegen den Herrn Jesus Christus und das Wohl der Seelen handeln darf, ohne daß sich dadurch etwas Entscheidendes ändert. Nein, man muß gegenüber dem Papst „immer respektvoll und würdevoll“ sich verhalten – was das konkret auch immer heißen mag. Wir wollen besonders darauf hinweisen, daß der Schreiber in gut modernistischer Manier durch diese Bemerkung von der Sachebene auf eine rein psychologische Ebene wechselt, ohne es womöglich selbst überhaupt zu bemerken. Auf dieser psychologischen Ebene unterscheidet sich jedoch das Papstsein durch nichts vom Sein anderer Menschen, hat doch schließlich jeder Mensch ein Recht darauf, „respektvoll und würdevoll“ behandelt zu werden – und nicht allein ein Papst. Durch diese Bemerkung wird das Papstsein desjenigen, der gegen unseren Herrn Jesus Christus und gegen das Wohl der Seelen handelt, außer Frage gestellt. Immer, gleichgültig, was er tut oder auch nicht tut, immer muß man ihn „respektvoll und würdevoll“ behandeln, was doch so viel heißen soll als: immer bleibt er der Papst. Wenn man den weiteren Text aufmerksam liest, bestätigt sich diese Einsicht. Diese entscheidende Frage wird niemals mehr thematisiert.

Doch zurück zum Text: Wie geht es nun eigentlich mit dem Widerstand weiter? Was soll denn der Kardinal konkret tun, wie soll er sich in dieser prekären Situation verhalten? Er soll „öffentlich gegen jede Verwässerung oder Verfälschung der kirchlichen Lehre, auch durch die 'pastorale Praxis', die Stimme ... erheben, damit den Katholiken von heute und den künftigen Generationen von Katholiken wie auch der übrigen Menschheit die Fülle der ganzen Wahrheit für die Rettung des Menschengeschlechts nicht vorenthalten wird“.

Hört sich das nicht gut an, daß „den künftigen Generationen von Katholiken wie auch der übrigen Menschheit die Fülle der ganzen Wahrheit für die Rettung des Menschengeschlechts nicht vorenthalten wird“? Der junge Herr will also gleich die ganze Menschheit und das ganze Menschengeschlecht (beides abstrakte Begriffe! Wir können nur Menschen retten, nicht die Menschheit oder gleich das ganze Menschengeschlecht!) retten und zwar ohne „jede Verwässerung oder Verfälschung der kirchlichen Lehre, auch durch die 'pastorale Praxis'“ und im Widerstand gegen den Papst! Und das zudem inmitten des alles beherrschenden Modernismus, der inzwischen zum Postmodernismus ausgereift ist, im heutigen Rom und allem, was zu diesem gehört, bzw. sich gehörig fühlt, um es treffender im modernistischen Jargon auszudrücken. Ob das Seine Eminenz wirklich vorhat, darf wohl mit Recht bezweifelt werden. Doch unser junger Konvertit hat sich nun so richtig in Fahrt geredet oder auch geschrieben, daß er sogar meint sagen und schreiben zu können: „Wenn es im aktuellen Klima Roms auch scheint, als würde Kardinal Burke damit etwas tun, was von einem Kardinal einen übernatürlichem Heldentum entspringenden Mut verlangt, nämlich auch um den Preis des eigenen Blutes die Lehre der Kirche zu verteidigen, ist das letztlich genau das, was jeder Kardinal und Bischof, Priester und Laie zu tun hätte.“

Das mit dem „übernatürlichen Heldenmut“ scheint doch reichlich übertrieben – immerhin wurde der Kardinal nur auf einen anderen, durchaus lukrativen Posten befördert, was doch von ihm keinerlei Verzicht oder Opfer oder eine wirklich spürbare Überwindung fordert – außer der Überwindung des Gehorsams seinem Papst gegenüber, was doch eine Selbstverständlichkeit sein sollte für einen Kardinal der römisch-katholischen Kirche. Vom Preis seines Blutes kann also in keiner Weise die Rede sein, auch wenn das die „Aufgabe“ eines jeden Bischofs ist, nämlich: „Sich zu Christus zu bekennen, ob gelegen oder ungelegen.“

Nachdem wir vom vermeintlich heldenmütigen Widerstand des Kardinals erfahren haben, wechselt der Schreiber nochmals das Thema, um der Sache doch noch weiter auf den Grund zu gehen. Denn so richtig haben wir ja noch immer nicht erfahren, wie der Konflikt gelöst werden kann. Nach Meinung des jungen englischen Konvertiten schaut die Lösung so aus:

1. Wir schulden vor allem anderen dem Herrn Jesus Treue und schulden den Aposteln und allen, die vor uns waren und die nach uns kommen werden und allen heute lebenden Katholiken die Wahrheit Jesu Christi und des unverkürzten Evangeliums.
2. Der Papst ist der Stellvertreter Christi und Nachfolger des Heiligen Petrus mit der ganzen Autorität und Vollmacht, die der Person verliehen ist, die dieses Amt innehat.
3. Wir schulden dem Papst Treue, der – unabhängig von seinen Gaben, seinen Fähigkeiten oder seiner Persönlichkeit – im Namen der göttlichen Person, die er vertritt, die Gläubigen nie in eine Situation bringen darf, in der sie zwischen der Lehre Christi und der Lehre des Papstes entscheiden müssen.
4. Der Papst ist aber nicht der allmächtige Gott und kann daher weder umkehren noch verändern, was Christus gelehrt hat und was die Kirche in Seinem Namen immer gelehrt hat.

Diese Lösungslinie faßt weitgehend zusammen, was ein nicht geringer Teil der sog. Traditionalisten denkt und womit diese sich dann auch zufrieden geben, weshalb dieser Text auch in einer traditionsnahen Internetseite kommentarlos wiedergegeben wird. Keiner bemerkt mehr, daß sich in dieser Argumentation ein wesentlicher Fehler findet, weil sie das Entscheidende verschweigt, bzw. der Schreiber gar nicht fähig ist, das Entscheidende in den Blick zu bekommen und zu thematisieren – wofür der junge englische Konvertit natürlich nichts kann.

Um was geht es also bei dem Widerstand Kardinal Burkes eigentlich, wesentlich, wirklich? Wir haben die Reihenfolge des Textes ein wenig verändert, damit der Gedankengang besser dargestellt wird. Es geht bei diesem Widerstand um die Frage, ob der Papst der katholischen Kirche dieser Kirche eine Sittenlehre auferlegen bzw. vorschreiben oder dulden kann, die den Zehn Geboten und der ausdrücklichen Lehre ihres göttlichen Stifters widerspricht. Wenn es um die Sittenlehre geht, haben wir einen Vorteil: Da die Frage der Zulassung der Wiederverheirateten-Geschiedenen eine praktische Frage ist, kann man sie nicht so leicht umgehen, bagatellisieren, schönreden, übersehen. Bei Glaubensfragen ist das leider inzwischen gang und gäbe, denn wen kümmert noch eine Häresie bei dem unüberschaubaren Gestrüpp von Irrlehren im postmodernen Rom? Bezüglich der Moral ist unter den konservativen Konzilskatholiken noch eine größere Sensibilität festzustellen, hat man sich ja an dieser die letzten Jahre krampfhaft festgehalten. Denn immerhin, so argumentierte und dachte man, haben die Herren in Rom diese bis jetzt noch mehr oder weniger unangetastet gelassen. Nun wankt auch diese vermeintlich letzte Grundfeste, will doch Franziskus den entscheidenden Schritt wagen und Wiederverheiratete-Geschiedene zur Kommunion zulassen – wobei er anderseits auch nur wieder die schon in vielen Ländern stillschweigend geduldete Praxis bestätigen würde, was jedoch diese konservativen Konzilskatholiken geflissentlich übersehen und einfach verschweigen.

Nach dieser kurzen Nebenbemerkung wollen wir wieder zurück zu unserem eigentlichen Thema und der entscheidenden Frage kommen: Was geschieht, wenn ein Papst die seit unvordenklichen Zeiten feststehende Lehre der Kirche leugnet und selbst das verändern möchte, was unser Herr Jesus Christus selbst völlig unmißverständlich gelehrt hat, daß nämlich eine Ehe unauflöslich ist – „Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6)?

Der junge Konvertit sagt, dann müsse man diesem Papst Widerstand leisten, weil nämlich der Papst „nicht der allmächtige Gott“ ist und man deswegen Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen. Aber ist die Lösung wirklich so einfach, wie sie hier gegeben wird? Nein! Denn diese Lösung übersieht das Entscheidende, das Einmalige des Papstseins im Gegensatz zu den anderen Menschen, Gläubigen. Noch etwas präziser ausgedrückt: Mit dieser Lösung gerät das, was den Papst eigentlich erst zum Papst macht, nämlich das Charisma der Unfehlbarkeit und die damit verbundenen übernatürlichen Gnadenhilfen, vollkommen aus dem Blick. So als wäre dieses Charisma der Unfehlbarkeit plötzlich gar nicht mehr vorhanden. Der Papst wird damit aber gar nicht mehr in seiner übernatürlichen Eigenschaft als Stellvertreter Jesu Christi gesehen, sondern er wird behandelt wie jeder andere irrtumsfähige Mensch auch. Dieser, seines eigentlichen Wesens entkleidete „Papst“ kann sich sodann nicht nur selbst irren, wie jeder Mensch, er kann zudem mit seinem Irrtum die ganze Kirche in die Irre führen. Denn das ist doch die unmittelbare Folge dieses Irrtums. Doch was ist die Folge dieser Folge?

Versuchen wir nun, um das Ganze noch besser in den Blick zu bekommen, etwas genauer zu unterscheiden. Wir Katholiken glauben nicht aufgrund unserer eigenen Einsicht das, was zu unserem Glauben gehört, sondern aufgrund der göttlichen Autorität, die uns allein den Glauben als wahr verbürgt. Weil aber diese göttliche Autorität für uns (nach der Himmelfahrt Unseres Herrn Jesu Christi) nicht mehr direkt zugänglich ist und nicht direkt erreicht werden kann, hat der Sohn Gottes die heilige Kirche gegründet, die nach Seiner Himmelfahrt diese göttliche Autorität stellvertretend ausüben sollte und darum die Gläubigen aufgrund des verheißenen ständigen Beistandes des Heiligen Geistes und kraft ihrer von Gott verliehenen Autorität zum übernatürlichen Glauben verpflichten kann.

Unser Glaube bezieht sich also nicht zuerst und zunächst auf das, was wir gemeinhin „Tradition“ nennen, wie heute von den meisten Traditionalisten mißverständlich bzw. falsch geglaubt wird, sondern unser Glaube stützt sich zuerst und zunächst auf das ordentliche, immerwährende Lehramt der Kirche, das wiederum wesentlich auf der Unfehlbarkeit des Papstes gegründet ist. Darum sagen die Theologen, daß der Papst als unfehlbarer Richter in allen Glaubens- und Sittenfragen die nächste Norm unseres Glaubens ist. In der Dogmatik von J.B. Heinrich aus dem Jahre 1882 liest man im zweiten Band über das „Wesen der göttlichen Tradition“ folgendes: „Die traditio divina (=göttliche Tradition) im objektiven Sinne ist nichts Anderes, als das unter dem Beistande und Einflusse Christi und seines Heiligen Geistes durch das authentische Zeugnis und die autoritative, öffentliche und unfehlbare Lehrverkündigung des apostolischen Lehramtes, und den daraus gegründeten einmütigen, offenkundigen und göttlichen Glauben der katholischen Christenheit, von den Aposteln her allezeit in der katholischen Kirche unversehrt, unverfälscht und in seinem richtigen Verständnisse bewahrte christliche Glaubens-Depositum. Im activen Sinne aber ist sie eben die gesamte von Christus durch den Heiligen Geist getragene Lehr- und Glaubenstätigkeit der Kirche, wodurch das apostolische Glaubens-Depositum in der angegebenen Weise bewahrt und überliefert wird.“

Jeder, der unserer Argumentation aufmerksam gefolgt ist, wird wohl bei dieser Ausführung des Dogmatikers Heinrich gemerkt haben, wie schwierig bei dieser Voraussetzung ein „Widerstand“ gegen den Papst wird, der mit seiner Unfehlbarkeit doch das eigentliche Rückgrat der ganzen „Lehr- und Glaubenstätigkeit der Kirche“ ist. Darum schrieb schon Pius IX.: „Es geht tatsächlich darum, ehrwürdige Brüder und geliebte Kinder, dem apostolischen Sitz den Gehorsam entweder zu erweisen oder zu verweigern; es geht darum, seine oberste Autorität selbst über eure Kirchen anzuerkennen, und zwar nicht nur hinsichtlich des Glaubens, sondern auch in bezug auf die Disziplin: wer diese (Autorität) leugnet, ist ein Häretiker; wer sie zwar anerkennt, sich aber hartnäckig weigert, ihr zu gehorchen, verdient die Exkommunikation“ (Pius IX., Enzyklika "Quae in patriarchatu", 1. September 1876).

Bei der anstehenden Frage der Zulassung Wiederverheirateter-Geschiedener zur hl. Kommunion geht es um eine Lehre bezüglich der Sitten, die für die ganze Kirche gelten soll. In einer solchen, die ganze Kirche betreffenden Entscheidung wird der Papst durch das Charisma der Unfehlbarkeit vor jeglichem Irrtum bewahrt - „es geht darum, seine oberste Autorität selbst über eure Kirchen anzuerkennen, und zwar nicht nur hinsichtlich des Glaubens, sondern auch in bezug auf die Disziplin!“

Der Dogmatiker Heinrich betont: „Das liegt im Wesen der Kirche als des von Christus, seinem göttlichen Haupte, und vom Heiligen Geist unzertrennlichen Reiches und Leibes Christi, und in der Notwendigkeit des wahren Glaubens zur Konstituierung der wahren Kirche. Denn Dasjenige, was prinzipaliter die Kirche zur wahren Kirche macht, ist der wahre Glaube, welcher deshalb von Vätern und Theologen einmütig als Seele, Forma, Seins- und Lebensprinzip der Kirche bezeichnet wird. Indem daher die Gläubigen im apostolischen Symbolum (Glaubensbekenntnis) und in allen anderen Bekenntnissen die Eine heilige Kirche Christi bekennen und alle Tage bis an´s Ende der Welt sie bekennen müssen, bekennen sie eben damit deren Indefektibilität im wahren Glauben: denn in dem Augenblicke, wo die Kirche auch nur in einem einzigen Punkte abwiche von dem wesentlichen unteilbaren Einen wahren Glauben, hätte sie aufgehört, die wahre Kirche zu sein, und es wäre nicht mehr wahr, was in den Worten ausgesprochen wird: Credo Sanctam Ecclesiam (Ich glaube an die heilige Kirche).“

Daraus folgt mit Notwendigkeit: Wenn eine „Kirche“ Wiederverheiratete-Geschiedene offiziell zur hl. Kommunion zuläßt, dann heißt das, diese „Kirche“ kann nicht mehr die Kirche Jesu Christi sein – und der „Papst“, der so etwas vorschreibt oder zuläßt kann unmöglich noch der Stellvertreter Jesu Christi, also wahrer, legitimer Papst sein. Wer das Gegenteil behauptet, verkennt die „Notwendigkeit des wahren Glaubens zur Konstituierung der wahren Kirche“.

Die modernen „Katholiken“, dazu gehören doch auch die allermeisten „Traditionalisten“, selbst wenn sie es nicht wahrhaben wollen, haben sich so sehr an die überall verbreiteten Irrtümer gewöhnt, daß sie schon froh sind, wenn einmal ein Würdenträger einen einigermaßen katholisch klingenden Satz von sich gibt. Das ist für sie dann sofort ein klares Zeichen dafür, daß dieser Würdenträger noch gut und katholisch ist. Mag er auch ansonsten noch so viel Irriges, Glaubensgefährdendes von sich gegeben haben und natürlich täglich die moderne Mahlfeier als Ritus seiner „Kirche“ zelebrieren, das zählt plötzlich alles nichts mehr. Diese Mentalität offenbart ganz deutlich eines: Die meisten dieser Gläubigen haben inzwischen jeglichen übernatürlichen Glauben eingebüßt. Die göttliche Verpflichtung, alles mit übernatürlichem Glauben für wahr zu halten, was die Kirche als von Gott geoffenbarten Glauben lehrt, existiert nur mehr theoretisch, jedoch nicht mehr in der Praxis des kirchlichen Lebens. In der Praxis hat man nur noch einen rein natürlichen Glauben, einen Glauben, der Irrtümer zuläßt, duldet, schönredet, usw.

Lassen wir uns diesen Sachverhalt nochmals durch einen echten Theologen genauer erklären. In dem oben zitierten Text fährt der Dogmatiker Heinrich weiter: „Dies gilt nicht nur von der selbstverschuldeten eigentlichen Häresie, welche jede Verbindung der Kirche mit Christus und seinem heiligen Geiste notwendig sofort auflösen, mit ihrer Wahrheit ihre Heiligkeit zerstören, dadurch die Kirche selbst vernichten und in ihr gerades Gegenteil umwandeln würde; es gilt auch von dem unverschuldeten Irrtum. Es ist daher nicht möglich, daß die Kirche jemals irgend etwas als geoffenbarte und katholische Wahrheit glaube und zu glauben vorstelle, was solches nicht ist.“

Die wahre Kirche Jesu Christi ist unvereinbar mit jeglicher Häresie, jeglicher Irrlehre, weil diese „jede Verbindung der Kirche mit Christus und seinem heiligen Geiste notwendig sofort auflösen, mit ihrer Wahrheit ihre Heiligkeit zerstören, dadurch die Kirche selbst vernichten und in ihr gerades Gegenteil umwandeln würde“. Mal ehrlich, wie viele Irrtümer gesteht ein Konzils“katholik“ inzwischen seiner „Kirche“ zu? Wie viele Häresien dulden selbst Traditionalisten in ihrer kranken „Kirche“, weil angeblich diese kranke Kirche diejenige ist, die von unserem Herrn Jesus Christus gegründet worden ist? Wir müssen also feststellen: Ein rein natürlicher Glaube zieht notwendigerweise eine rein natürliche Auffassung von der Kirche nach sich. Wer die postkonziliare Menschenmachwerkskirche für die katholische Kirche hält, muß damit eingeschlossen das übernatürliche Wesen der Kirche leugnen. Denn diese Menschenmachwerkskirche mit ihren vielen Irrtümern, ihren zumindest zweifelhaften oder sogar sicher ungültigen Sakramenten, ihren den Glauben gefährdenden oder zerstörenden Gesetzen, ihrer sakrilegischen Praxis der Kommunionspendung usw. kann nur noch eine rein menschliche Gemeinschaft sein. Jede Verbindung dieser Menschenmachwerkskirche mit Christus und Seinem Heiligen Geiste hat sich notwendig auch nur mit einem solchen Irrtum sofort aufgelöst. Denn diese Irrtümer sind nicht Privatirrtümer eines einzelnen Bischofs, Priester oder Laien, sondern offiziell gelehrte Irrtümer bzw. allgemein gültige disziplinäre Vorschriften.

Dabei ist dieser rein natürliche Glaube nicht einmal in einem neutralen Sinne zu verstehen, wird doch die Kirche, wie Heinrich uns belehrt, durch solche Ungeheuerlichkeiten selbst vernichtet und in ihr gerades Gegenteil verkehrt! Diese Menschenmachwerkskirche ist somit eine Gegenkirche, d.i. eine dämonische Nachäffung der wahren Kirche Jesu Christi.

Leider hat unser junger englischer Konvertit seinen Glauben nur bei konservativen Konzils“katholiken“ erlernt. Somit ist ihm das eigentliche übernatürliche Wesen der Kirche ganz verborgen geblieben. Hören wir nochmals, was der junge Mann meint, als Katholik denken zu können: „Niemand, auch nicht der Papst, kann das fleischgewordene Wort Gottes ändern oder so handeln, daß es nicht mehr meint, was es sagt, oder nicht mehr als angemessen für den modernen Menschen betrachtet wird. Aus demselben Grund können die Bischöfe und Kardinäle, in erster Linie, aber auch alle Katholiken nicht zustimmen oder schweigen oder sich zu Komplizen machen, wenn die Familie, die Ehe und die Lehre der Kirche aus dem Inneren der Kirche angegriffen werden, selbst dann nicht, wenn es sich dabei um den Papst handelt. Einem Papst, der sich zum Rivalen oder Gegner Christi aufschwingen würde, statt sein Stellvertreter zu sein, müßte man sich bis zum Tod widersetzen.“

Nein, das ist ganz sicher falsch! „Einem Papst, der sich zum Rivalen oder Gegner Christi aufschwingen würde, statt sein Stellvertreter zu sein“, müßte man sich nicht bis auf den Tod widersetzen, sondern man müßte zunächst und vor allem feststellen, daß ein solcher Mann niemals Papst sein kann, sondern mit seinem Glauben auch sein Amt verloren hat. Denn wie sollte jemand nächste Norm und Hüter meines Glaubens sein, der öffentlich und von Amts wegen meinen Glauben zerstört? Fenelon schreibt deswegen ganz treffend: „Wenn der Apostolische Stuhl jemals etwas Häretisches definieren und der Kirche zu glauben vorschreiben würde, so wäre er, so lange er diese Definition, welche eine Pest und Ansteckung für die ganze Kirche wäre, nicht zurücknähme, keineswegs das die Glieder bestärkende Haupt, sondern selbst ein krankes gefallenes Glied, das von den anderen zurechtgewiesen und geheilt werden müßte. In diesem ganzen Zeitraum würde der Nachfolger Petri nicht Christi, sondern in Wahrheit des Antichristen Stellvertreter sein: denn er würde die Völker nicht den Glauben Christi lehren, sondern sie zum Abfall von dem Glauben Christi verführen; daher wäre er in dieser Zeit nicht der Vater und Lehrer aller Christen, sondern der Verführer der Völker und Lehrmeister des Irrtums.“

Ein öffentlicher Häretiker muß als seiner Ämter verlustig erklärt werden. In dem Augenblick nämlich, in dem ich mich einem legitimen Papst bis zum Tod widersetze, wie es unser Konvertit fordert, bin ich selber nicht mehr katholisch, erhebe ich doch damit meine eigene, persönliche, private Meinung über das kirchliche Lehramt. Nochmals, weil es so wichtig und entscheidend ist: Der Papst ist kein Mensch wie jeder andere, er hat durch das persönliche Charisma der Unfehlbarkeit eine einmalige Sonderstellung, die nur aus dem übernatürlichen Glauben an den außerordentlichen Gnadenbeistand Gottes für wahr gehalten werden kann.

Papst Leo XIII. erklärt in seiner Kirchenenzyklika „Satis cognitum”: „Dazu (d.h. zum Zweck der Einheit im Glauben) hat Jesus Christus in der Kirche ein lebendiges, authentisches und ebenso immerwährendes Lehramt eingesetzt, das er mit seiner eigenen Vollmacht bereicherte, mit dem Geist der Wahrheit ausstattete und durch Wunder bestätigte; und er wollte und befahl nachdrücklich, daß dessen Lehrvorschriften ebenso angenommen würden wie seine eigenen. - Sooft also durch das Wort dieses Lehramtes verkündet wird, daß dies oder jenes zum Bereich der von Gott überlieferten Lehre gehöre, muß jeder gewiß glauben, daß dies wahr ist: wenn es in irgendeiner Weise falsch sein könnte, würde daraus folgen - was offensichtlich widersinnig ist -, daß Gott selbst der Urheber des Irrtums im Menschen ist: 'Herr, wenn es ein Irrtum ist, sind wir von dir getäuscht worden' (Richard von St. Viktor, De trinitate I 2 (PL 196,891D). Wenn also so dem Zweifel jeder Grund entzogen ist, wie kann es dann noch jemandem erlaubt sein, auch nur einen Punkt von diesen Wahrheiten zurückzuweisen, ohne daß er ebendadurch in die Häresie stürzt, ohne daß er sich von der Kirche trennt und mit diesem einen Punkt die ganze christliche Lehre verwirft? Derart nämlich ist die Natur des Glaubens, daß ihm nichts so widerspricht als das eine anzunehmen und das andere zurückzuweisen.“

Es sollte hoffentlich nunmehr genügend einsichtig gemacht worden sein, daß man einem legitimen Papst niemals bis aufs Blut widerstehen kann. Denn solange er als legitimer Hirte für die ganze Kirche handelt und spricht, verbürgt sich Gott für die Wahrheit seiner Aussagen und die Richtigkeit seiner Anordnungen. Und dieser übernatürliche Einfluß Gottes auf seine Kirche ist nicht nur vorübergehend, sondern dauernd, denn Jesus Christus hat in der Kirche ein lebendiges, authentisches und ebenso immerwährendes Lehramt eingesetzt. Allein dieses übernatürliche Lehramt kann uns Katholiken die Sicherheit geben, auf dem Boden des göttlichen Glaubens zu stehen. Nur das unfehlbare Lehramt der Kirche ist die authentische Interpretin der kirchlichen Tradition. Sobald ich in den Widerstand gegen dieses unfehlbare Lehramt der Kirche trete, vertausche ich die entfernte Glaubensnorm (die von mir interpretierte Tradition) mit der nächsten Glaubensnorm (dem unfehlbaren Papst als obersten Lehrer und Richter der Kirche). Ich stelle meine Einsicht von Tradition über die allein authentische Interpretation der Kirche.

Der Dogmatiker Heinrich schreibt dazu: „II. Die tiefste und folgenschwerste Irrlehre liegt in dieser Beziehung darin, wenn man, wie die Jansenisten und in noch größerem Umfange die neuesten Häretiker (es sind die Altkatholiken gemeint) taten, zwar die Tradition und sie ganz vorzugsweise als Quelle des Glaubens anerkennt, aber das kirchliche Lehramt als den unfehlbaren Träger und Interpreten dieser Tradition praktisch und theoretisch leugnet, indem man sich selbst oder 'der Wissenschaft' das Recht zuschreibt, Dasjenige, was man durch eigene Forschung in der Tradition gefunden zu haben meint, unbekümmert um die Entscheidungen des kirchlichen Lehramtes festzuhalten.“ Hören wir nun noch, wie J.B. Heinrich ein derartiges Verhalten beurteilt: „Es ist dieses, wie sofort einleuchtet, die Übertragung des protestantischen Prinzips der freien Forschung von der heiligen Schrift auf die Tradition. Man erkennt dann zwar an, daß die heilige Schrift einer Beglaubigung, Erklärung und Ergänzung durch die Tradition bedürfe; aber die Entscheidung darüber, was echte Tradition und was ihr Sinn sei, maßt man in letzter Instanz sich selber an.“

Da die Stellung des Papstes in der Kirche Gottes so einmalig ist und von ihm wirklich alles abhängt, haben sich die Theologen zu allen Zeiten Gedanken darüber gemacht, was geschehen würde, wenn ein Papst persönlich in Häresie fiele. Welche Auswirkungen hätte das auf ihn und welche Folgen entstünden daraus für die Kirche? Prof. Dr. Rolf Decot schreibt in seinem Werk, „Die Kirche im Spätmittelalter (Konziliarismus und Reformkonzilien)“ in §6 „Das Problem des Konziliarismus im Spätmittelalter“: „b) Kirchenverfassung und 'häretischer Papst'. Der Rechtsgrundsatz 'prima sedes a nemine iudicatur' ist seit dem 5. Jhd. nachweisbar. Ausnahmen von der Gültigkeit dieses Satzes gab es für den Fall der Häresie eines Papstes. Daher entwickelte sich der Rechtsgrundsatz weiter zu der Form: 'Papa a nemine iudicatur, nisi deprehendatur a fide devius'. (Der Papst wird von niemand gerichtet, wenn er nicht vom rechten Glauben abweicht). So wird dieser Satz bereits von Papst Hadrian II. (867-872) anerkannt und endgültig von Kardinal Humbert (+1061) promulgiert. Durch Kardinal Deusdedit, Ivo von Chartres und Gratian fand dieser Rechtsgrundsatz Eingang in die kirchliche Kanonistik und wurde von den Dekretisten immer wieder eifrig kommentiert. Die Vorstellung findet sich in dem berühmten Kanon Si papa.“

Im Band II. Seite 436, Fußnote 2 nimmt Heinrich auf diesen Kanon Bezug und erklärt: „Endlich kommt hier der sehr allgemein anerkannte, in´s Corpus juris canonici – Can. Si Papa dist. 4.c.6 – aufgenommene Grundsatz in Betracht, daß der Papst, wenn er persönlich in Häresie falle, eo ipso seines Amtes verlustig sei und von der Kirche gerichtet werden könne.“ Die Theologen sagen also, ein Papst, der persönlich in Häresie falle, würde damit eo ipso seines Amtes verlustig sein und könnte deswegen auch von der Kirche gerichtet werden. Heinrich spricht hier von einem sehr allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, der Jahrhunderte im Kirchenrecht verankert war!

Kommen wir nun nochmals auf die Frage des Widerstandes gegen „Papst“ Franziskus zurück. Die Aufgabe Kardinal Burkes wäre entsprechend unseren Erkenntnissen nicht, sich „Franziskus, der sich zum Rivalen oder Gegner Christi aufschwingt, statt sein Stellvertreter zu sein, bis zum Tod zu widersetzen“, sondern diesen aufgrund seiner hartnäckig öffentlich vertretenen glaubenszerstörenden Lehren als all seiner Ämter verlustig zu erklären. Er müßte zudem erklären, daß alle Päpste spätestens seit dem 2. Vatikanum ebenfalls eo ipso ihr Amt aufgrund der auf dieser Versammlung öffentlich vertretenen Irrlehren verloren haben, hat doch keiner von ihnen jemals sich von diesen losgesagt oder distanziert. Solange er nicht dazu bereit ist, befindet er sich nicht im Widerstand, sondern im Widerspruch zur Wahrheit des Glaubens. Bildet er sich doch wie bedauernswerter Weise auch der junge Konvertit ein, es könnten „die Bischöfe und Kardinäle, in erster Linie, aber auch alle Katholiken nicht zustimmen oder schweigen oder sich zu Komplizen machen, wenn die Familie, die Ehe und die Lehre der Kirche aus dem Inneren der Kirche angegriffen werden, selbst dann nicht, wenn es sich dabei um den Papst handelt“. Es heißt hier wirklich, daß „die Familie, die Ehe und die Lehre der Kirche aus dem Inneren der Kirche angegriffen werden“, wobei mit dem „Inneren der Kirche“ konkret der Papst gemeint ist!

Wenden wir unsere gewonnene Erkenntnis nochmals abschließend auf diesen Text an: Wie soll die Lehre der Kirche aus dem Inneren der Kirche, also vom als legitim bezeichneten Papst, angegriffen werden, ohne daß sich damit zugleich die Kirche zerstörte? Wie soll ein solcher Angriff möglich sein, ohne zugleich die Unfehlbarkeit des Lehramtes und den dauernden Beistand des Heiligen Geistes zu leugnen – und sich selbst zum obersten Richter in Glaubenssachen zu erheben, bzw. das protestantische Prinzip der freien Forschung in Anspruch zu nehmen?

Bei genauerer Betrachtung der Sache zeigt sich uns also, die eigentliche, grundlegendste Einsicht, um die es für uns Katholiken heute geht, ist die: Wir leben in einer papstlosen Zeit! Erst diese Einsicht befähigt uns Katholiken dazu, ein Urteil über die wahre Situation der Kirche zu fällen und diese wahre Kirche Jesu Christi von der antichristlichen Menschenmachwerkskirche zu unterscheiden. Solange man diese Unterscheidung nicht trifft, wird man niemals theologisch sicheren Boden unter die Füße bekommen, sondern man wird in einem vermeintlich berechtigten Widerstand die eigenen Glaubensfundamente nur umso gründlicher zerstören, je mehr man meint, sich gegen den als legitimen Amtsträger anerkannten Papst auf die Tradition stützen zu können. So ganz nebenbei und unbemerkt wird durch diesen Trugschluß aus der übernatürlichen, von Gott eingesetzten und geleiteten Kirche Jesu Christi eine rein natürliche Gemeinschaft voller Fehler, Irrtümer, ungerechter Gesetze, die zudem eine Liturgie feiert, an der man sich weigert teilzunehmen. Für einen Katholiken sind das alles Dinge, die schlichtweg unmöglich sind, weil sie dem übernatürlichen Wesen der Kirche vollkommen widersprechen. Diesem übernatürlichen Wesen entsprechend müssen wir unser Wissen über die heilige Kirche in einer papstlosen Zeit bewahren.